Der Mensch, seine falschen Götzen und die Notwendigkeit des Islam

Philosophisches zum Nachdenken
Mirjam
Beiträge: 311
Registriert: Sa 17. Mär 2018, 19:51

#21 Re: Der Mensch, seine falschen Götzen und die Notwendigkeit des Islam

Beitrag von Mirjam » Di 27. Mär 2018, 23:56

Hallo Closs

ich glaube, wir sind in dieser Frage einigermaßen einig
closs hat geschrieben: Der entscheidende Punkt ist, ob er sich dabei als Herr oder als Diener versteht.
(...)
Mit anderen Worten: Der moderne = naturalistisch/materialistisch formatierte Mensch versteht sich als Herr der Vernunft (statt Gott diesen Titel zuzuerkennen) und erkennt deshalt nicht, dass beides, Geschichte und Mythos, Offenbarungs-Größen des Geistigen (oder eben auch des Ungeistigen) sind.

Ich gehe mit dir insoweit konform, dass ein materialistisch denkender Mensch, der sich selbst als den Herrn sieht, falsch liegt.
Eine solche Einstellung würde ich aber nicht notwendig mit "modern" gleichsetzen - solche gab es auch in der Vergangenheit, und nicht alles "moderne" ist notwendig überheblich.
Der Gegenentwurf wäre dann der demütige Mensch, der seine Begrenztheit erkennt und sich Gott unterwirft? wobei wir dann wieder bei den "Muslimun" im Wortsinne wären, die dann aber in den meisten Religionen zu finden sind.

Interessante Gedanken... vielen Dank dafür!


Mirjam

Mirjam
Beiträge: 311
Registriert: Sa 17. Mär 2018, 19:51

#22 Re: Der Mensch, seine falschen Götzen und die Notwendigkeit des Islam

Beitrag von Mirjam » Mi 28. Mär 2018, 00:18

Hallo SilverBullet

SilverBullet hat geschrieben:
Mirjam hat geschrieben:Gott ist "akbar" - größer.
Schau genau hin, was du hier machst:
Du legst deine Position fest, mehr nicht – du redest genauso wenig über „Gott“(?), wie all die anderen, die sich hauptsächlich um ihr Kleinmachen kümmern.

Du suggerierst das Vorhandensein eines „Grösseren“ – unterschlägst aber, dass exakt das Vorhandensein das „Gott=Grösser“ zunichte machen würde, denn sobald etwas erfasst werden kann (egal wie gross), gibt es die Frage nach dem Noch-Grösseren.
Du hast recht, das hätte ich präziser fassen sollen. Aber ja, ich gehe von meiner Position aus: Denn ich stelle ehrlich fest, dass meine subjektive Erfahrungswelt die einzige Ausgangsposition ist, die ich habe.
Der Begriff "größer"gibt hier eine Richtung an. Ich glaube daran, dass das Göttliche existiert (beweisen kann ich es nicht, aber erfahren habe ich es). Und dieses Göttliche verorte ich relativ zu mir selbst als "größer".

SilverBullet hat geschrieben: „Grösser“ ist nun mal ein Begriff aus erfassbaren Situationen. Verwendest du ihn für das „Nicht-Erfassbare“, dann ist dies lediglich Trick 17 mit Selbstüberlistung.
Haargenau. Das wollte ich ausdrücken: weil ich das Nicht-Erfassbare nicht erfassen kann, benutze ich greifbare Metaphern, um mich dem zumindest anzunähern. Bin mir aber dabei bewusst, dass es eigentlich nur ein Trick ist.

SilverBullet hat geschrieben: => das Wort „grösser“ hat in Bezug auf das Wort „Gott“ keinerlei Wert, denn du legst damit lediglich fest, dass du nie an ein Ziel kommen willst.
=> Du kannst also genauso gut sagen, „keine Ahnung, was Gott sein soll und es interessiert mich auch nicht – ich will mich einfach nur klein machen“. Damit entwirfst du aber nunmal nur deine Position.
Moment, stop, das so nicht gemeint.
- Das Wort "größer" hat im Bezug auf Gott keinen absoluten Wert, da es nur einen einzigen Teilaspekt erfassen kann.
- Nein, ich will dabei an kein Ziel kommen - ich will in Bewegung bleiben, weiter denken, mich niemals auf einer Erkenntnis ausruhen.
- es interessiert mich, was Gott sein soll. Auch wenn ich wahrscheinlich, insgesamt gesehen, keine Ahnung habe. Und es ist da wie mit dem meisten Wissen: Mit jeder Antwort findet man auch gleich mehrere neue Fragen.

Welche anderen Aspekte ich an Gott erkenne und wie genau ich mir den Zusammenhang zwischen Gott und Mensch vorstelle - das würde diesen Thread sprengen... können wir aber gerne anderswo diskutieren ;)

liebe Grüße

Mirjam

Novas
Beiträge: 7986
Registriert: Mi 20. Jun 2018, 21:23

#23 Re: Der Mensch, seine falschen Götzen und die Notwendigkeit des Islam

Beitrag von Novas » Mi 28. Mär 2018, 01:06

Salam, Mirjam (oder „Maryam“) :thumbup: das ist übrigens einer meiner Lieblingsnamen für Frauen. Er hat einen sehr großen Wohlklang. Ist das dein richtiger Name?

Mirjam hat geschrieben:
Novalis hat geschrieben:Mich persönlich erstaunt es, wenn religiöse Menschen einfach davon ausgehen, dass ihr Gotteskonzept richtig ist: denn ein absolutes, ewiges, allumfassendes, grenzenloses und unendliches Wesen transzendiert alle Konzepte und passt in keine Definition.
Schön formuliert, und im Großen und Ganzen auch meine Meinung. Wie kommen wir kleinen, begrenzten Menschengeister auf die Idee, dass gerade unser eigenes, notwendig subjektives, Verstehen und Erfahren, die Gottheit "richtig" erkannt hat?
Gott ist "akbar" - größer

Was durchaus Bestandteil des Christentums ist. In der christlichen Tradition gibt es den Deus revelatus ( „der offenbarte Gott“), welcher dem Menschen zugänglich ist und den Deus absconditus („der verborgene Gott“). Vorallem die christlichen Mystiker haben diese Seite Gottes immer betont und davon gesprochen, dass er ein Mysterium tremendum ist (ein „Geheimnis, das Furcht und Zittern auslöst“) Thomas von Aquin sagte am Ende seines Lebens: „Alles, was ich geschrieben habe, scheint mir Stroh zu sein im Vergleich zu dem, was ich gesehen habe und was mir geoffenbart worden ist“. Also ja „Gott ist größer (als alles andere)“ (arabisch الله أكبر Allāhu akbar) der Verstand kann ihn nicht begreifen, sehr wohl jedoch das spirituelle Herz des Menschen - sozusagen als Wissen des Herzens - in die Gotteserkenntnis durchbrechen. Wie könnten wir Gott al-Ḥaqq (Die Wahrheit) nennen, wenn es unmöglich wäre ihn zu erkennen? Die Erkenntnis ereignet sich im Herzen, als fühlbare Gegenwart, was sich bei den Sufis (das Paradebeispiel ist sicher Rumi auf den sich der berühmte Mevlevi-Orden bezieht) bis hin zur Ekstase steigern kann.

Für einen Sufi ist Gott keine abstrakte Idee oder Hypothese (wie für die meisten Philosophen, die kühl das Pro und Contra der Existenz Gottes abwägen ohne jemals wirklich mit Ihm in eine lebendige Beziehung einzutreten) sondern der Große Geliebte, dessen Nähe sie wirklich erfahren haben. Im Islam wird zwischen der „nützlichen Erkenntnis“ und der „nutzlosen Erkenntnis“ unterschieden. Wenn Erkenntnis nicht zu Gott führt, dann ist sie nach islamischen Verständnis letztlich nutzlos, weil sie die Bestimmung des Menschen verfehlt. Wissen von Gott erlangen wir nicht durch eine Anstrengung des Verstandes, sondern durch eine Öffnung des Herzens. Eines der berühmtesten und wohl schönsten Hadithe der islamischen Tradition bringt das meisterhaft zum Ausdruck.

„Weder Meine Erde noch Mein Himmel vermögen , Mich zu umfassen, aber das Herz Meines Dieners, des Menschen wahren Glaubens, umfasst mich.“
Mehr dazu hier: Reise zum Herrn der Macht: Meine Reise verlief nur in mir selbst ( Muhyiddin Ibn Arabi)

Eine kleine Anmerkung dazu. Der „Diener“ ist im Islam die allerhöchste spirituelle Stufe, die ein Mensch erreichen kann. Die Mystik der Sufis spricht von sieben Tälern, die Stufen des Erwachens des Menschen zu einem immer höheren und feineren Bewusstsein sind. Auf diesem Weg werden alle begrenzten Gottesbilder losgelassen. Wenn Du (noch) nicht dazu bereit bist, wird Dich aber auch keiner zwingen. Jeder Mensch durchschreitet die Stufen des Erwachens in seinem eigenen Tempo. Wenn Jesus in der Krippe oder Maria für Dich hilfreich ist, würde ich Dir empfehlen dieses Bild zu meditieren. Menschen sind verschieden. Benutze das, was für Dich hilfreich ist.
Zuletzt geändert von Novas am Mi 28. Mär 2018, 01:33, insgesamt 5-mal geändert.

closs
Beiträge: 39690
Registriert: Fr 19. Apr 2013, 20:39

#24 Re: Der Mensch, seine falschen Götzen und die Notwendigkeit des Islam

Beitrag von closs » Mi 28. Mär 2018, 01:12

Mirjam hat geschrieben:Eine solche Einstellung würde ich aber nicht notwendig mit "modern" gleichsetzen - solche gab es auch in der Vergangenheit, und nicht alles "moderne" ist notwendig überheblich.
Diese Umkehrung lag mir nicht im Sinn.

Mirjam hat geschrieben:Der Gegenentwurf wäre dann der demütige Mensch, der seine Begrenztheit erkennt und sich Gott unterwirft? wobei wir dann wieder bei den "Muslimun" im Wortsinne wären, die dann aber in den meisten Religionen zu finden sind.
So ist es. - Religionen sind der Versuch, an verschiedenen Stellen am selben Seil zu ziehen (allerdings manchmal in die falsche Richtung). :)

Novas
Beiträge: 7986
Registriert: Mi 20. Jun 2018, 21:23

#25 Re: Der Mensch, seine falschen Götzen und die Notwendigkeit des Islam

Beitrag von Novas » Mi 28. Mär 2018, 02:30

Eigentlich wollte ich um diese Zeit nicht mehr antworten, aber ich bin sowieso öfter nachtaktiv und kann nicht schlafen :wave:

Mirjam hat geschrieben:Zweifellos korrekt: jede menschliche Wahrnehmung und Vorstellung ist ja "gefiltert" und begrenzt: durch unsere Unterbewusstes, durch unsere Sinnesorgane und durch unsere Erfahrungen und Erinnerungen. Somit ist aber unser "eigenes Bild" gewissermaßen die einzige Gussform, die uns zur Gestaltung eines Gotteskonzeptes zur Verfügung steht. Und hier kommt meine Abweichung zu Novalis' Meinung: Ich denke, dieser Anthropomorphismus ist nicht notwendig etwas Schlechtes - solange er reflektiert wahrgenommen wird. Für den Geist des modernen aufgeklärten Menschen ist das vielleicht so: Die Vernunft durchschaut die Projektion, entlarvt die Mythen als Archetypen menschlichen, nicht göttlichen Verhaltens und Verstehens. Aber ist der ganz und gar gestaltlose, transzendente Gott die einzig logische Konsequenz dieser Erkenntnis?
Ich denke nicht. Glaube ist für mich eine Sache des ganzen Menschen. Geist, Leib, Herz und Seele. Und unser Herz und Gefühl tun sich recht schwer mit so einem fremden, im Wortsinne "unbegreiflichen" Gott. Novalis, du meinst ja selbst, dass sogar der erhabene Koran Metaphern benutzt, wie das "Antlitz" Gottes, um den Menschen den Sinn leichter verständlich zu machen. Kann man nicht auch die als "Vermenschlicht" kritisierten Gotteskonzepte an sich als Metapher verstehen? Jesus von Nazareth hat nicht umsonst gerade durch seine anschaulichen Gleichnisse seine Anhänger begeistert

Das sind sehr gute Argumente und ich greife das gerne auf :engel: Ich sehe das ganz praktisch: wenn etwas für Dich hilfreich ist, dann kann es zumindest für Dich nicht verkehrt sein. Bei orthodoxen Christen spielen Ikonen eine sehr wichtige Rolle, während Muslime Bildern kritisch bis ablehnend gegenüberstehen. Wenn man es sich genau anschaut, gibt es für beide Sichtweisen gute Argumente. Zwischen beiden besteht eine Spannung, aber nur oberflächlich gesehen sind sie unvereinbar. Ibn Arabi, der in der islamischen Tradition als „Shaykh al-Akbar“ (der größte Meister) gilt, sah in Jesus nichts geringeres, als die vollkommene menschliche Verkörperung des Göttlichen Atems.

Doch Jesus war weit mehr als nur jemand, zu dem Ibn Arabi, der Shaykh al-Akbar, der »größte Meister«, ein persönliches Verhältnis der Hilfe und der gegenseitigen Fürsorge hätte haben können. Jesus ist eine Theophanie. Gewiss ist jeder Prophet eine bestmögliche Manifestation einer Göttlichen Eigenschaft, eines »Herrn« gemäß der Deutung des heiligen Hadith: »Wer sich selbst kennt, kennt seinen Herrn.« Und Mohammed war der höchste aller Propheten in seiner Rolle als irdische Verkörperung des Absoluten, das die Wirklichkeit Mohammeds mit einschließt. Die Propheten andererseits sind lediglich sichtbare Manifestationen von Aspekten der Göttlichkeit: Adam beispielsweise ist der vollkommene Mensch, dem alle Namen gegeben wurden; Abraham ist der Freund Gottes (khalil Allah); Joseph ist der Inbegriff der Schönheit; Moses repräsentiert die Möglichkeit, dass Gott direkt und ohne Vermittler zum Menschen spricht; und David verkörpert das Kalifentum, indem er das innere Kalifat und die sichtbare Regentschaft über ein Volk in einer Person vereint. Obwohl Jesus auf dieselbe Weise wie die Propheten als Theophanie erscheint, wird der Leser Ibn Arabis überrascht sein von der Göttlichen Qualität, die er Jesus zuschreibt.

Jesus ist die Verkörperung des Göttlichen Atems, jenes spiritus also, den Gabriel in Marias Schoß legte. Der menschliche Körper Christi war von einem Göttlichen Geist beseelt,* wodurch ein Doppelwesen geschaffen wurde, halb menschlich und halb Göttlich und damit weder vollkommen Mensch noch vollkommen Gott. Daher offenbart Jesus die spirituelle Eigenschaft eines jeden Menschen, weil alle Lebenden den beseelenden Atem des Geistes empfangen haben. Während bei allen anderen Lebewesen der Geist erst nach der Schaffung des physischen Körpers eintritt, ist gemäß akbarischer [also Ibn Arabis] Ansicht der Geist bereits bei der Erschaffung des Körpers Christi aktiv. Für Ibn Arabi ist es somit nicht weiter überraschend, dass Jesus als ein Mann auftrat, denn Gabriel war Maria in vollkommener männlicher Gestalt erschienen. Aus diesem Grund sagt man von Jesus nicht, er habe einen Geist, sondern dass er tatsächlich Geist ist. Der Scheich sagt, sein Wesen werde mit seiner spirituellen Natur gleichgesetzt, weil seine spirituelle Seite erhabener sei als seine physische.

Seine spirituelle Natur – die Tatsache, dass er die Kondensation des Göttlichen Atems und daher das Göttliche Wort ist – bestimmt das ganze Leben Jesu, seine Fähigkeit zu heilen, Leben zu geben und zu transformieren, und ist der Quell seines Wissen, das er im höchsten Maße besitzt, nämlich die Lehren der Schrift, der Alchimie und der Geister. Die lange Liste der Wissenschaften, die man den Heiligen zuschreibt, die als Erben Jesu gelten, sowie der Einfluss des Planeten Merkur – sie alle entspringen diesen grundsätzlichen Lehren.

Dass er ein Geist ist und »das Wort Gottes«, macht ihn darüber hinaus zur musterhaften Verkörperung einer weiteren Eigenschaft: nämlich jener des Gotteswanderers, des spirituell Reisenden, der von Gott kommt und zu Gott zurückkehrt, ohne die Gegenwart Gottes jemals verlassen zu haben. Diese spirituelle Reise ist die Widerspiegelung einer kosmischen Schöpfungsbewegung, die Gott immerwährend verlässt und wieder zu Ihm zurückkehrt. Jesus ist das Muster beider Bewegungen.
Der akbarische Jesus: Das Vorbild eines Reisenden in Gott. Jesus als Verkörperung des Göttlichen Atems

Bild

Wenn Du dir ein „Bild“ von Gott machen willst ( auch wenn er in seiner Wirklichkeit gestaltlos ist und alle Bilder transzendiert, als reiner und absoluter GEIST) dann kannst Du dich zweifellos an Jesus von Nazareth orientieren. Jesus ist ein sehr schönes Bild, ein wahrer Freund Gottes (khalil Allah) und wir können froh sein dieses Bild zu haben. Ein gläubiger Muslim darf da nicht widersprechen, denn das Bekenntnis zu allen Propheten, von Adam über Abraham, Moses, Jesus, bis hin zu Muhammad (der Frieden sei mit ihnen allen), sind die Propheten eines Muslims, er glaubt an sie und verehrt sie und muss auch ihre Nachfolger respektieren. Nach Ibn Arabi sind alle Menschen Spiegel Gottes, aber vorallem die großen Propheten, welche in der Essenz die selbe ewige Botschaft vermitteln.

Die entscheidende dogmatische Differenz zwischen dem Christentum und dem Islam ist eben: Christen verehren ihn als inkarnierten und menschgewordenen Gott und Muslime verehren Jesus als Gesandten, heiligen Propheten und Auserwählten, Isa al Masih. Das wird sehr klar und nüchtern formuliert: „Der Messias, Sohn der Maria, war nur ein Gesandter; gewiss, andere Gesandte sind vor ihm dahingegangen.“ (Der Heilige Koran 5:76) Was von beiden Du glaubwürdiger findest, bleibt ganz und gar deiner persönlichen Glaubensfreiheit und selbstständigen Wahrheitssuche überlassen. Ich werde nicht intervenieren, um Dir irgendeine Sichtweise aufzudrängen (dazu respektiere ich den Weg deiner Seele zu sehr), aber es ist eine Sache der Redlichkeit, den Menschen wenigstens diese Sichtweise zur Auswahl zu stellen und sie ernsthaft zu durchdenken bevor man ihnen irgendwelche Dogmen im Sinne einer Friss-oder-stirb-Mentalität auftischt: aus koranischer Sicht ist Jesus ein außerordentliches Wesen, ein wahrer Prophet Gottes, er ist Gott unglaublich nahe, ein vollkommener und erleuchteter Mensch, eine lebendige Manifestation der alles überragenden Weisheit Gottes in Fleisch und Blut, sicher auch eine „Barmherzigkeit für alle Welten“ aber deshalb ist er - bei allem Respekt - noch lange nicht Gott ;)

Seit Jahrhunderten hat die Menschheit von einem Ende der Welt bis zum anderen um diese Wahrheit gewusst, über sie gesprochen und auf ihr beharrt. All jene, die uns in der bekannten Menschheitsgeschichte als Weise, Propheten und dergleichen begegnen, haben immer wieder dieselbe universale Wirklichkeit in unterschiedlichen Sprachen ausgedrückt. Alle Religionen, von den allerältesten bis zu den neuesten, haben ihre esoterischen Grundlagen auf derselben fundamentalen Wahrheit errichtet: auf dem Dasein dieses einzigartigen Seins, Welches die absolute Selbstheit (Ipseität) Dessen ist, Was wir »Tao«, »Gott«, »Elohim«, »Allah« und so weiter nennen.

[...]Philon von Alexandria, der ungefähr zur selben Zeit wie Jesus Christus lebte, schrieb: »Der vollkommene Mensch ist theos (Gott), obschon er nicht o theos (der Gott) ist.« Der Mensch ist nicht anders als seine Wirklichkeit, obwohl er nicht die Wirklichkeit ist.
Über das Einssein. Ansprache am World Symposium on Humanity, London 1979

Warum sollen sich die Menschen in Gebet und Meditation nicht einer "Mutter Maria" zuwenden, die ihnen und ihrer Erfahrungswelt und Lebenssituation nun einmal näher steht? Gestalten also, die uns gerade durch ich menschlichen Aspekte Vertrautheit und Trost bieten.

Kann man! Auch der Islam verehrt Maria und preist sie als „vor den Frauen aller Welt erwählt“ (Koran, III, 42)Von Herz zu Herz“ springt die Flamme der göttlichen Liebe und Wahrheit und Maria kann uns allen ein großes Vorbild sein. Sie ist das vollkommene Gefäß, das Urbild einer gottergebenen (muslimischen) Frau, welche mit dem Leben Gottes erfüllt wurde, sodass durch sie Jesus in die Welt kam, wodurch nichts geringeres, als eine spirituelle Revolution in Gang gesetzt wurde.

Bild

Benutzeravatar
Detlef
Beiträge: 1190
Registriert: So 12. Feb 2017, 12:09
Wohnort: Alfred-Kunze-Sportpark

#26 Re: Der Mensch, seine falschen Götzen und die Notwendigkeit des Islam

Beitrag von Detlef » Mi 28. Mär 2018, 09:45

closs hat geschrieben:.. Und wenn Du Jesus ansprichst: Gerade er ist doch die Anthropomorphisierung Gottes - und zwar nicht als Vorstellung, sondern als Entität. ....
Das sehen die Muslime aber gaaanz anders, und die "Menschwerdung Gottes in Jesus Christus" kann man sicher nicht als "Entität" bezeichnen.
closs hat geschrieben:1) Das, was sich heute "aufgeklärt" nennt, versteht sich in geistigen Dingen nicht als Diener, sondern als Herr - da scheint das große Missverständnis zu liegen.
2) Deshalb legt der moderne Mensch mehr Wert auf Geschichte als auf Mythos - verkennend, dass "Geschichte das sagt, was war", während "Mythos das sagt, was IST".
Ich denke eher, dass das "große Missverständnis" bei dir liegt, sonst würdest du nicht so hilflos durch die Erklärung stolpern.:
closs hat geschrieben:Mit anderen Worten:.
Ja, die wären deshalb nötig, aber..
closs hat geschrieben: Der moderne = naturalistisch/materialistisch formatierte Mensch versteht sich als Herr der Vernunft (statt Gott diesen Titel zuzuerkennen) und erkennt deshalt nicht, dass beides, Geschichte und Mythos, Offenbarungs-Größen des Geistigen (oder eben auch des Ungeistigen) sind.
...den Begriff ("Die Formatierung bezeichnet in der EDV im Bereich der Datenspeicherung alle diejenigen Prozesse, durch welche ein Speichermedium zur Aufnahme von Daten vorbereitet wird." -wikipedia) auf Menschengruppen anzuwenden, dazu noch so grobschlächtig, ist albern. Der Vorwurf des "Nichterkennens" geht zudem völlig in's Leere, denn um etwas erkennen zu können, muss es existieren: Das "Geistige (oder eben auch Ungeistige)" hast du bisher nie zeigen können, es ist und bleibt eine pure Behauptung von dir.
Die Wahrheit lässt sich pachten, mit dem Glauben an des Gottes Sohn, doch die Thesen sind vergänglich, allen Gläubigen zum Hohn! (Gert Reichelt)

closs
Beiträge: 39690
Registriert: Fr 19. Apr 2013, 20:39

#27 Re: Der Mensch, seine falschen Götzen und die Notwendigkeit des Islam

Beitrag von closs » Mi 28. Mär 2018, 13:03

Detlef hat geschrieben:die "Menschwerdung Gottes in Jesus Christus" kann man sicher nicht als "Entität" bezeichnen.
Wie das? - Was verstehst Du unter "Entität"?

Detlef hat geschrieben:Ich denke eher, dass das "große Missverständnis" bei dir liegt, sonst würdest du nicht so hilflos durch die Erklärung stolpern.
So geht es immer - einfach umdrehen. - Der Punkt ist: Du versteht solche Erklärungen nicht - wahrscheinlich, weil die zeitgemäße Denkformatierung so etwas nicht vorsieht. - Die einen sehen dies als Fortschritt, die anderen als Rückschritt.

Detlef hat geschrieben:...den Begriff ("Die Formatierung bezeichnet in der EDV im Bereich der Datenspeicherung alle diejenigen Prozesse, durch welche ein Speichermedium zur Aufnahme von Daten vorbereitet wird." -wikipedia) auf Menschengruppen anzuwenden, dazu noch so grobschlächtig, ist albern.
Es ist sicherlich ungenau, weil es mit heutigem Verständnis etwas vermittlen will - aber prinzipiell passt das schon: Das Speichermedium "Gehirn" wird (weltanschauungsbedingt) nicht mehr darauf vorbereitet, spirituelle Daten aufzunehmen und zu verarbeiten.

Detlef hat geschrieben: Das "Geistige (oder eben auch Ungeistige)" hast du bisher nie zeigen können
Altes Dilemma: Unter "zeigen" verstehst Du, etwas naturalistisch Verstandenes mit kritisch-rationaler Methodik nachzuweisen. - Das Problem: Spirituelles kann man genuin NICHT naturalistisch/kritisch-rational nachweisen - man kein seinen Niederschlag auf Materielles untersuchen (Neurowissenschaften), aber nicht sein Wesen.

Das ist dadurch bedingt, dass man spirituell/religiös davon ausgeht, dass Materie aus Geist (= Gott) ist, also ÜBER Materie ist - und dies ist diametral anders verstanden, als es zeitgemäß üblich ist.

Um die Kurve zum Thread-Thema zu kriegen:

1) Die zeitgemäße Unterordnung des Geistes unter die Materie ist exakt, was durch das Wort "Götze" zum Ausdruck kommt.

2) Der islamische Kulturkreis denkt NICHT so götzisch, weil er (noch) nicht den Geist unter die Materie subsummiert. - Das muss nicht heißen, dass er deshalb "notwendig" (für Europa) ist. - Viel wichtiger wäre, dass das Christentum in Europa sich seiner Wurzeln besinnt und sich nicht dem zeitgemäßen Denkirren unterordnet.

Benutzeravatar
Detlef
Beiträge: 1190
Registriert: So 12. Feb 2017, 12:09
Wohnort: Alfred-Kunze-Sportpark

#28 Re: Der Mensch, seine falschen Götzen und die Notwendigkeit des Islam

Beitrag von Detlef » Mi 28. Mär 2018, 14:13

closs hat geschrieben:
Detlef hat geschrieben:die "Menschwerdung Gottes in Jesus Christus" kann man sicher nicht als "Entität" bezeichnen.
Wie das? - Was verstehst Du unter "Entität"?
Sei nicht so faul und schau selber nach! Den Begriff hast du als erstes in's Spiel gebracht!
closs hat geschrieben:So geht es immer - einfach umdrehen. - Der Punkt ist: Du versteht solche Erklärungen nicht - wahrscheinlich, weil die zeitgemäße Denkformatierung so etwas nicht vorsieht. - Die einen sehen dies als Fortschritt, die anderen als Rückschritt.
Du bist entweder nicht in der Lage oder aber nicht willens, dich um verständliche Erklärungen zu bemühen. Im Gegenteil, man hat sehr häufig den Eindruck, dass du Sachverhalte gekünstelt verkomplizierst, da bin ich längst nicht der der Erste hier, der das feststellt. Du könntest endlich reagieren und dich bemühen, du könntest es dir aber auch einfach machen und sagen:"Du versteht solche Erklärungen nicht ..." ;)
closs hat geschrieben:
Detlef hat geschrieben:...den Begriff ("Die Formatierung bezeichnet in der EDV im Bereich der Datenspeicherung alle diejenigen Prozesse, durch welche ein Speichermedium zur Aufnahme von Daten vorbereitet wird." -wikipedia) auf Menschengruppen anzuwenden, dazu noch so grobschlächtig, ist albern.
Es ist sicherlich ungenau, weil es mit heutigem Verständnis etwas vermittlen will - aber prinzipiell passt das schon: Das Speichermedium "Gehirn" wird (weltanschauungsbedingt) nicht mehr darauf vorbereitet, spirituelle Daten aufzunehmen und zu verarbeiten.
Zum Einen- der Vergleich des Gehirns mit einem technischen Gegenstand bzw. Vorgangs hinkt mehr als gewaltig, da das Gros der Eigenschaften dieses Organs unberücksichtigt bleibt.
Zum Anderen "(weltanschauungsbedingt)"- Religionsunterricht findet bereits in der Unterstufe statt, der größte Teil der Mitglieder unserer Regierung hat einen kirchlichen "background", die staatliche Verquickung mit den "Amtskirchen" ist immens... was willst du noch?
closs hat geschrieben:
Detlef hat geschrieben: Das "Geistige (oder eben auch Ungeistige)" hast du bisher nie zeigen können
Altes Dilemma: Unter "zeigen" verstehst Du, etwas naturalistisch Verstandenes mit kritisch-rationaler Methodik nachzuweisen. - Das Problem: Spirituelles kann man genuin NICHT naturalistisch/kritisch-rational nachweisen - man kein seinen Niederschlag auf Materielles untersuchen (Neurowissenschaften), aber nicht sein Wesen.
Dein Dilemma, nicht meins...
closs hat geschrieben:Das ist dadurch bedingt, dass man spirituell/religiös davon ausgeht, dass Materie aus Geist (= Gott) ist, also ÜBER Materie ist - und dies ist diametral anders verstanden, als es zeitgemäß üblich ist.
Um die Kurve zum Thread-Thema zu kriegen:
1) Die zeitgemäße Unterordnung des Geistes unter die Materie ist exakt, was durch das Wort "Götze" zum Ausdruck kommt.
2) Der islamische Kulturkreis denkt NICHT so götzisch, weil er (noch) nicht den Geist unter die Materie subsummiert. - Das muss nicht heißen, dass er deshalb "notwendig" (für Europa) ist. - Viel wichtiger wäre, dass das Christentum in Europa sich seiner Wurzeln besinnt und sich nicht dem zeitgemäßen Denkirren unterordnet.
Nein, denn:
"Eine Menschheit, die das Atom spalten kann und über Satelliten kommuniziert, muss die dafür erforderliche Reife besitzen. Dass sich bestimmte Personen oder Personengruppen durch das Aufstellen "heiliger" (d. h. unantastbarer) Spielregeln jeglichem kritischen Zugriff entziehen und dadurch eigene Denkfehler als verbindlich in die Zukunft fortschreiben, kann und darf in einer modernen Gesellschaft keine akzeptable Praxis mehr sein…"(M.Schmidt-Salomon)
Steinzeitliche Religionen helfen uns deshalb keinesfalls weiter!
Die Wahrheit lässt sich pachten, mit dem Glauben an des Gottes Sohn, doch die Thesen sind vergänglich, allen Gläubigen zum Hohn! (Gert Reichelt)

Novas
Beiträge: 7986
Registriert: Mi 20. Jun 2018, 21:23

#29 Re: Der Mensch, seine falschen Götzen und die Notwendigkeit des Islam

Beitrag von Novas » Mi 28. Mär 2018, 15:23

Detlef hat geschrieben:Der Vorwurf des "Nichterkennens" geht zudem völlig in's Leere, denn um etwas erkennen zu können, muss es existieren

Der Mensch kann Gott nur in dem Maße erkennen, in dem er sich selbst vom Niederen zum Höheren aufwärts entwickelt und Ihm dadurch näher kommt. Wenn wir bedenken, dass das Universum nicht dauernd, ein Ding von Zeit, Raum und Wandel ist, sodass wir von der Welt sprechen als einem „flüchtigen Schein“ (auch Atheisten machen das gelegentlich ;) ) wie ein Windhauch der kommt und geht, geboren wird und stirbt, dann könnte ebenso gefragt werden: wie wirklich ist die Welt, die gemacht ist aus dem Element der Unbeständigkeit und des Wechsels? Sie ähnelt in dieser Hinsicht einem Traum. Der Buddha beschrieb die Erscheinungen der Welt in ihrer Natur als leer (die Lehre von Śūnyatā) ein Sufi würde dann eben noch einen Schritt weiter gehen als ein Buddhist und sagen: nur Gott ist wirklich, alles andere erscheint (in Vergleich zum Ihm, den Ewig Lebenden) als unwirklich. So würde vermutlich ein islamischer Mystiker den Satz „Es gibt keinen Gott außer Gott“ interpretieren.

„Alle, die auf ihr [der Erde] sind, werden vergehen; bleiben wird nur das Antlitz deines Herrn.“ ( Sure 55,26f.)

... und die einzige Möglichkeit des Menschen, die Erlösung und Errettung im Sinne einer Befreiung von dem leidvollen Kreislauf alles Vergänglichen zu erlangen, besteht in der Vereinigung mit Gott, weil einzig und allein er der Ewige ist. So gesehen ist es absolut vernünftig eine gottergebene Lebensweise zu praktizieren. Das Argument mit der pascalschen Wette kennst Du sicher.

Die pascalsche (oder Pascal’sche) Wette ist Blaise Pascals berühmtes Argument für den Glauben an Gott. Pascal argumentiert, es sei stets eine bessere „Wette“, an Gott zu glauben, weil der Erwartungswert des Gewinns, der durch Glauben an einen Gott erreicht werden könne, stets größer sei als der Erwartungswert im Fall des Unglaubens
Pascalsche Wette

Eine Menschheit, die das Atom spalten kann und über Satelliten kommuniziert, muss die dafür erforderliche Reife besitzen.

Da sind wir uns einig. Doch was ist wirkliche Reife? :) ein mündiger Umgang mit Religion muss nicht zu ihrer Verneinung führen. Vielleicht meint das Michael Schmidt-Salomon gar nicht so einseitig, aber er scheint keinen wirklich differenzierten und tief durchdachten Religionsbegriff zu haben. Wenn die Menschen in allem, was ist, Gottes Gegenwart erkennen, wahrnehmen und lieben würden, so würde das Paradies auf Erden anbrechen und alle Formen von Streit und Krieg verschwinden.

Novas
Beiträge: 7986
Registriert: Mi 20. Jun 2018, 21:23

#30 Re: Der Mensch, seine falschen Götzen und die Notwendigkeit des Islam

Beitrag von Novas » Mi 28. Mär 2018, 16:24

closs hat geschrieben: Der islamische Kulturkreis denkt NICHT so götzisch, weil er (noch) nicht den Geist unter die Materie subsummiert. - Das muss nicht heißen, dass er deshalb "notwendig" (für Europa) ist.

Mit dem Titel zielte ich auch nicht darauf ab. Mir geht es darum, dass der Islam ein berechtigtes Anliegen vertritt und eine notwendige Denkaufgabe für Christen. Diese Religion ist ja nicht ganz grundlos aus dem arabischen Christentum und Judentum entstanden, oder? Wenn diese Religion so falsch wäre, wie sie manchmal dargestellt wird, hätte sie nicht 1400 Jahre überdauert und es würden ihr nicht Milliarden von Menschen angehören. Meine These lautet: der Islam MUSSTE entstehen, er ist das Produkt einer historischen Notwendigkeit. Darüber hinaus denke ich, dass der einseitige Materialismus des Westens ein Irrweg ist und der spirituelle Denkansatz des Islam eine mögliche Lösung sein kann. Der Islam ist derzeit die jüngste und nach wie vor vitalste der drei großen monotheistischen Weltreligion. Bis zum Jahr 2070 wird es erstmals in der Geschichte mehr Muslime als Christen geben und das liegt unter anderem an der Überalterung vieler westlicher, überwiegend christlich geprägter Gesellschaften.



Muss uns das Sorgen machen? Nur wenn die religiösen Extremisten die Deutungshoheit an sich reißen. Doch sicher ist jetzt schon, dass das neue Jahrtausend islamisch geprägt sein wird. Ein Buch zum Thema.

Bild

In The Divine Reality, Hamza Andreas Tzortzis provides a compelling case for the rational and spiritual foundations of Islam, whilst intelligently and compassionately deconstructing atheism.

The Divine Reality

Antworten