Was versteht Ihr unter "Wirklichkeit"?

Philosophisches zum Nachdenken
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sven23
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#801 Re: Was versteht Ihr unter "Wirklichkeit"?

Beitrag von sven23 » Sa 23. Mär 2019, 16:47

closs hat geschrieben:
Sa 23. Mär 2019, 10:24
Bei Deinem Wissenschafts-Verständnis sind die Vorannahmen der HKE ein Ausschlusskritierium - was soll das?
Sag du uns, was du dir da zusammenphantasierst. Mit meinen Aussagen hat das nichts zu tun. :roll:

closs hat geschrieben:
Sa 23. Mär 2019, 10:24
Die historisch-kritische Forschung hat für die äußere Legitimation Jesu (Leben, Orte, Rezeptionen, Wirkungen, etc.) zu sprechen -
Wer will das bestimmen? Der Laie closs? :lol:
Dann schreib doch Theißen mal endlich, dass er sich mäßigen soll. :lol:


closs hat geschrieben:
Sa 23. Mär 2019, 10:24
sven23 hat geschrieben:
Sa 23. Mär 2019, 07:07
Hast du wenigstens verstanden, warum das Vorgehen der Kanoniker zirkelreferent ist?
Nee - auf dieses Niveau wirst Du mich NIE runterkriegen.
Ähm, als Glaubensideologe bist du schon längst da. :roll:


closs hat geschrieben:
Sa 23. Mär 2019, 10:24
sven23 hat geschrieben:
Sa 23. Mär 2019, 07:07
Was gilt dann?
Dass man im Großen und Ganzen unter geistig-spirituellen Gesichtspunkten auf das kommen kann, was die RKK vertritt. - Sachemal - vergißt Du, warum Du Fragen gestellt hast?
Deine Aussage bezog sich auf die apokryphen Schriften, was du mal wieder verstümmelt hast. Und die Apogryphen wurden deshalb nicht in den biblischen Kanon aufgenommen, weil sie nicht für das stehen, was die RKK vertritt. Da bist du mal wieder auf dem Holzweg.

closs hat geschrieben:
Sa 23. Mär 2019, 10:24
sven23 hat geschrieben:
Sa 23. Mär 2019, 07:07
Die Forschung deckt alle biblischen Texte ab. Das ist doch gerade ihre Stärke.
Uneingeschränktz lonbens wert - aber das hat nichts mit den Einschränkungen geistig-spiritueller Urteilskraft aufgrund der Vorannahmen zu tun - es ändert nichts daran.
Sagte der glaubensideologische Fachliteraturverweigerer closs. :roll:

closs hat geschrieben:
Sa 23. Mär 2019, 10:24
Nein, das versuchen wir dir seit Aeonen zu erklären.
:lol: Das versucht Ihr zu Unrecht, weil man nicht Duschen und gleichzeitig nicht naß werden kann.[/quote]
Noch nie was von einer Schalldusche gehört? :lol:

closs hat geschrieben:
Sa 23. Mär 2019, 10:24
sven23 hat geschrieben:
Sa 23. Mär 2019, 07:21
Genau das tut die Forschung doch
Aber doch nicht die HKE-Forschung. - Das DARF sie bei ihren Vorannahmen doch gar nicht können.
Wer sagt das?

closs hat geschrieben:
Sa 23. Mär 2019, 10:24
sven23 hat geschrieben:
Sa 23. Mär 2019, 07:21
Lindemann sagte unter anderem
1) "Ich halte es für ausgeschlossen, dass Jesus die von Ihnen genannten Wunder getan hat." = Privatmeinung eines HKE-lers.
Nein, Forschungsergebnisse, die das nahelegen.

closs hat geschrieben:
Sa 23. Mär 2019, 10:24
2) "Er hat auch nach der Darstellung der Evangelien nichts von dem getan, was vom kommenden Messias erwartet wurde." -> Das ist wahrscheinlich richtig - L. thematisiert aber nicht, dass Jesus das NT und nicht die Fortführung des AT betrieben hat, also etwas anderes gemeint hat, als man aus AT-Sicht gemeint hat. - bereits hier trifft die HKE auf ihre Grenzen.
Nein, zu Jesu Lebzeiten gab es kein NT, es gab nur die alten jüdischen Schriften, auf die er sich als gläubiger Jude bezog. Was man posthum daraus gemacht hat, ist eine ganz andere Geschichte. Auch das hat die Forschung gut ausgeführt.

closs hat geschrieben:
Sa 23. Mär 2019, 10:24
3) "Der christliche Glaube ist keine Fortsetzung der Botschaft Jesu, sondern bezieht sich auf das Heilsereignis in Christus, auf die Auferstehung und eben nicht auf die Verkündigung Jesu" = Privatmeinung eines HKE-lers, die insofern typisch ist, dass sie spirituell unbeleckt ist. L. hat keinen Plan, warum christlicher Glaube diese Fortsetzung sein könnte, weil er diesen Plan innerhalb der HKE nicht finden kann.
Lindemann gibt die Forschungsergebnisse wieder. Du selbst hast seine Argumentation als "anspruchsvoll" bezeichnet. Wieso jetzt wieder die Rolle rückwärts?

closs hat geschrieben:
Sa 23. Mär 2019, 10:24
4) "Jesus hat sich stets ausschließlich als Jude verstanden." - Natürlich hat er das - er war Jude. - Erst seine Nachfolger waren Christen.
Die sich aber nicht an seine Verkündigung und Ethik hielten, ebenso wenig wie die Kirche.

closs hat geschrieben:
Sa 23. Mär 2019, 10:24
5) "Es geht nicht darum, ob Jesus der Sohn Gottes war, sondern um das Bekenntnis, dass er der Sohn Gottes ist.". - Das habe ich bisher interpretiert als Gegenüberstellung von methodischem Ergebnis und privater Meinung, um Lindemann zu verteidigen - aber ich müsste mehr von ihm wissen, um dies aufrechterhalten zu können.
Gehe davon aus, dass Lindemann es genau so meint, wie es da steht. Ich weiß, das ist für einen closs schwer zu verstehen, dass jemand etwas sagt und es auch so meint, aber so ist es nun mal.

closs hat geschrieben:
Sa 23. Mär 2019, 10:24
sven23 hat geschrieben:
Sa 23. Mär 2019, 07:21
Jetzt kommt wieder der Dunning-Kruger hervor.
Wenn Du wüsstest, welche professionell klingenden Menschen "Dunning Kruger" sind, würdest Du erblassen.
Dann nenne uns welche, außer closs natürlich. :lol:

closs hat geschrieben:
Sa 23. Mär 2019, 10:24
sven23 hat geschrieben:
Sa 23. Mär 2019, 07:21
Das Grundproblem von closs ist nach wie vor: er kann die unterschiedlichen Ebenen von wissenschaftlicher Vorgehensweise und Gaubensideolgie nicht trennen.
Sven-Irrtum 1: Es geht hier um unterschiedliche Vorannahmen.
- Dass Sven andere und sich verführt, die einen Annahmen als "ideologisch" und die anderen als "wissenschaftlich" zu verstehen, ist unredlich und inakzeptabel.
Das ist kein Irrtum, sondern Fakt. Wer Glaubensbekenntnisse benötigt, kann nicht wissenschaftlich und ergebnisoffen arbeiten. Wenn du das nicht begreifst, wirst du auch heute keinen Doktortitel erwerben können.

closs hat geschrieben:
Sa 23. Mär 2019, 10:24
sven23 hat geschrieben:
Sa 23. Mär 2019, 07:21
Deshalb fordert er für glaubensbasierete Exegesen wie die kanonische Exegese den wissenschaftlichen TÜV-Stempel und meint, damit könne man doch den historischen Jesus (den "typischen" Jesus) geistig besser ermitteln, als mit historischer Forschung.
Richtig. - Den geistig-spirituellen Jesus vor 2000 Jahren kann man nur mit geistig-spirituellen Vorannahmen erfassen.
Genau das meinte ich.
q.e.d.

closs hat geschrieben:
Sa 23. Mär 2019, 10:24
sven23 hat geschrieben:
Sa 23. Mär 2019, 07:21
Und wenn die Forschung Aussagen zu Jesu Verkündigung macht, (z. B. Naherwartung), dann bezeichnet er das als "Übergriffigkeit".
Sven-Irrtum 2: Die Forschung macht ja Aussagen dazu, aber es kommt auf deren Vorannahmen an, ob diese übergriffig sind - eine HKE hat andere Vorannahmen als meinetwegen die biblisch-kritische Exegese.
Häh, wer Glaubensbekenntnisse als Vorannahmen hat, wird nicht übergriffig, wer keine hat, wird übergriffig? Was ist das denn für eine Logik?

closs hat geschrieben:
Sa 23. Mär 2019, 10:24
Davon abgesehen kann JEDER Forschungs-Zweig Aussagen machen, solange sie im Rahmen seiner Vorannahmen ist. - Die HKE kann diesbezüglich problemlos zitieren, welche Auffassungen es dazu damals gab - aber sie darf sich nicht in die geistige Befindlichkeit von JEsus selbst einmischen.
:lol:
Das ist wohl den Glaubensideologen vorbehalten, die ihn sich so zurechtgeboben haben, wie sie ihn gerne hätten. Wird dir jetzt klar, warum Leute wie closs niemals in der historischen Forschung arbeiten können.



closs hat geschrieben:
Sa 23. Mär 2019, 10:24
sven23 hat geschrieben:
Sa 23. Mär 2019, 07:21
Was man nicht darf, ist, dies auch noch als wissenschaftliches Vorgehen zu verkaufen. Dagegen wehre ich mich.
Das hat mit Grundlagen zu tun, die aber leicht klärbar sind: Was ist Wissenschaft/was ist Universität?
Das ist in der Tat leicht erklärbar: Kanonik ist keine Wissenschaft, weil sie das, was sie zu beweisen versucht, bereits vorausgesetzt hat.
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
George Orwell

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#802 Re: Was versteht Ihr unter "Wirklichkeit"?

Beitrag von closs » Sa 23. Mär 2019, 16:50

sven23 hat geschrieben:
Sa 23. Mär 2019, 15:33
Und alle, die ihn nicht verstehen, sind halt noch nicht "geistig aktiviert", um es in closs-Sprech zu sagen.
Wenn Du mit "geistig" "spirituell" meinst, ist das wohl richtig. - Aber diese Aussage ist neutraler gemeint, als Du es aufnehmen magst - jede Zeit hat ihre vorherrschende Verständnis-Hermeneutik - suum cuique.

Insofern ist Deine Auffasssung aktueller als meine. - Aber "aktueller" muss halt nicht "besser" oder "fortschrittlicher" heißen. - Kaiser Nero war nicht "besser" oder "fortschrittlicher", weil er nach Kaiser Augustus gelebt hat.

Claymore hat geschrieben:
Sa 23. Mär 2019, 15:59
Okay, diese These kann 100% so korrekt sein. Deine Einlassungen hier können trotzdem der letzte Unsinn sein. Denk vielleicht darüber mal nach.
Korrekt gemessen woran? - Unsinn gemessen woran?

Was glaubst Du, warum ich so auf "Hermeneutik" rumreite? - Eben weil die Leit-Hermeneutik ("Stammtischhoheit") einer Zeit die Kalibrierung der Beurteilung ausmacht. - Konkret: Ratzinger würde mir gratulieren, Metzinger würde die Hände über dem Kopf zusammenschlagen.

Mir geht es NICHT darum, mit meiner persönlichen Meinung zu reüssieren - mir reicht es, wenn allseits klar wird, wie sehr die Denke (alias Hermeneutik) einer Zeit das Urtei dieser Zeit bestimmt.

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Thaddäus
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#803 Re: Was versteht Ihr unter "Wirklichkeit"?

Beitrag von Thaddäus » Sa 23. Mär 2019, 18:51

SilverBullet hat geschrieben:
Sa 23. Mär 2019, 16:05
“Thaddäus“ hat geschrieben:Vielmehr geht es um deine These, dass zelluläre Grundlagen existieren müssen, wenn man von Wahrnehmung spricht. Eine These, die mit Zellen nichts zu tung hat und die auch nicht bestätigt oder widerlegt werden kann, wenn man sich mit zellulären Grundlagen bschäftigt.
Wir sprechen hier von einem Wahrnehmungssinn des Menschen und dort hat es mit Zellen zu tun.
Nein, du verstehst nicht: deine obige These hat nichts mit Zellen zu tun. Du kannst so lange wie du willst Zellen untersuchen und kannst damit doch nicht klären, ob deine These korrekt ist oder nicht. Um zu klären, ob deine These korrekt ist, bedarf es anderer Methoden als die der Biologie. Die Standardinterpretation der Quantenphysik ist ja selbst keine Physik. Darum geht es Gabriel. Die Naturwissenschaften bedürfen der theoretischen Einbettung, um ihre Ergebnisse einordnen zu können. Die Theorie ist aber selbst keine Physik, die mit physikalischen Mitteln untersucht werden könnte. Dafür gibt es dann die Wissenschaftstheorie.

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#804 Re: Was versteht Ihr unter "Wirklichkeit"?

Beitrag von SilverBullet » Sa 23. Mär 2019, 19:35

“Thaddäus“ hat geschrieben:Nein, du verstehst nicht
Das halte ich eher für ein Gerücht, denn ich habe es exakt verstanden und ich bleibe dabei: es geht um Zellen.
Es ist unmissverständlich erwiesen, dass Sinneszellen nervöse Aktivität, also die Gehirnreaktion, einleiten.
Es ist unmissverständlich erwiesen, dass Gehirnzellen die Aktivitäten im Gehirn kombinieren und weitergeben.

Es geht um Wahrnehmung und Wahrnehmung ist Reaktion.
Reaktion geht nachweislich von (Sinnes-)Zellen aus und wird ohne Veränderung des „Datenformates“ milliardenfach kombiniert.

Eine „These“ ist eine Zusammenhangskonstellation und in den Gehirnzellen findet eine zelluläre Zusammenhangskombination statt.

Ist dir aufgefallen, dass du nicht sagst, was eine „These“ sein soll, sondern nur andeutest, dass etwas fehlen soll?

Ich sage, was eine „These“ ist:
Es ist das Durchlaufen einer bestimmten Zusammenhangskombination.

Jetzt wirst du sagen
„das ist ja aber keine Bedeutung, kein Objekt, es ist nicht phänomenal, es ist nicht irgendwie“

Darauf gebe ich die Antwort:
„die These selbst, also das Durchlaufen der Zusammenhangskombination, ist ja auch nicht das Interpretieren (wieder eine Wahrnehmungsreaktion - wieder ein Durchlaufen von Zusammenhängen) des Vorliegens eines Bedeutungsobjektes auf das der handelnde Körper eine Perspektive einnimmt“.

Wie soll Philosophie an dieser Stelle etwas beitragen können, wenn sie von Anfang an mit der Erfindung eines „durchdenkenden Beobachtens“ an die Sache heran geht?
Damit steckt doch von Anfang an bereits die Phantasie drinnen, dass es sich bei Wahrnehmung nicht um die Reaktion handeln kann, die beobachtet wird.
Im „Ergebnis“ kommen Philosophen dann zur Aussage, dass etwas fehlen muss.

Das Fehlen ist aber das Design, dass sie absichtlich vorne reingesteckt haben.

“Thaddäus“ hat geschrieben:Die Naturwissenschaften bedürfen der theoretischen Einbettung, um ihre Ergebnisse einordnen zu können.
Nein, es wird lediglich Wahrnehmung, also Reaktion rund um Zusammenhänge benötigt.
Bei Fragen zu Reaktionen und Zusammenhängen, würde ich zuerst zu Naturwissenschaften gehen.
Bei Fragen rund um geschickte Zusammenhangskombinationen (also Wahrnehmung), um Funktionen und Korrektheit zu erreichen, würde ich zuerst zu Informatikern gehen.

Es ist allein dein Design, dass es bei menschlicher Wahrnehmung um etwas anderes gehen soll, als die Reaktionen im Gehirn.

“Thaddäus“ hat geschrieben:Die Theorie ist aber selbst keine Physik, die mit physikalischen Mitteln untersucht werden könnte.
Selbstverständlich ist die These etwas, das man mit physikalischen Mitteln untersuchen kann.
Es gibt Patienten, die am Gehirn operiert werden sollen. Manche davon stimmen Experimenten zu, bei denen Gehirnregionen physikalisch beeinflusst werden (nicht geschädigt!).
Die physikalischen Manipulationen ändern die Zusammenhangskombination bei den Patienten.
Sie sind am Ende von etwas überzeugt, mit dem sie nicht konfrontiert wurden.

Hier wird die Basis von Wahrnehmung untersucht, also das was „These“ ist.

„Gabriel“ würde diesen Wissenschaftlern vermutlich „die Präsentation von Sinnfeldexistenzen“ unterstellen, wobei ich gerne ihre Gesichter sehen möchte, wenn sie davon erfahren :-)

---

Ich nehme an, dass du zu meinen Fragen in Bezug auf „Sinnfelder“ keine Antworten vorlegen wirst.

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#805 Re: Was versteht Ihr unter "Wirklichkeit"?

Beitrag von Thaddäus » Sa 23. Mär 2019, 20:16

Claymore hat geschrieben:
Sa 23. Mär 2019, 12:49
Nun ja, es gibt schon einen entscheidenden Unterschied zwischen Meinongs Dschungel und dem platonischen Ideenreich. Wenn wir sagen: 1 + 2 + ⋯ + 𝑛 = 𝑛(𝑛+1)/2 gilt für alle natürlichen Zahlen 𝑛 … dann soll das zu den sicher gültigsten Wahrheiten gehören – gültig bevor man überhaupt in der Lage war allgemeine Aussagen der Zahlentheorie zu formulieren.
Wenn ich mich recht erinnere, ist das die Gaußsche Summenformel. Aber ja wird damit eine wahre Gesetzmäßigkeit für die natürlichen Zahlen ausgedrückt, die immer schon gültig ist (wobei mir ein mathematischer Intuitionist möglicherweise widersprechen würde).
Nach Gabriel existiert, was in einem Sinnfeld erscheint. Da das Sinnfeld der Mathematik oder besser: mathematischer Zusammenhänge und Verhältnisse, auch dann existiert, wenn keine Menschen existieren, muss man als Neutraler Realist wohl annehmen, dass diese Summenformel von Gauß entdeckt worden ist, - und eben nicht konstruiert, was ja die ontologische Alternative wäre.

Meinongs Dschungel besteht ja nun darin, dass er zwischen "Gegebenheit", "Bestand" und "Existenz" unterscheidet und am Ende alles notwendig "vorhanden ist", was überhaupt jemals gedacht wurde und physisch existiert, sogar logisch unmögliche Objekte wie runde Quadrate, was Betrand Russell dann doch zuviel war, so dass er hierzu (genervt) bemerkte ...

And the difficulty is that impossible objects often subsist [bestehen], and even exist. For if the round square is round and square, the existent round square is existent and round and square. Thus something round and square exists, although everything round and square is impossible. (Russell 1905b, „Besprechung von Untersuchungen zur Gegenstandstheorie und Psychologie", in: Mind, 14,56, S.533)


Claymore hat geschrieben:
Sa 23. Mär 2019, 12:49
Wenn man dagegen sagt: “Harry Potter hat eine Brille” haben wir kein Problem dies als bloße Redensart für “In der Geschichte von J. K. Rowling hat der fiktive Charakter ‘Harry Potter’ eine Brille” aufzufassen. Und dass der Satz vor der Veröffentlichung von “Harry Potter” falsch bzw. sinnlos war.
Ich vermute, eher sinnlos als falsch. Jedenfalls steht fest, dass das weite Sinnfeld der "Harry-Potter-Fantasy" erst seit Rowlings Büchern existiert, wodurch der Satz: “Harry Potter hat eine Brille” überhaupt erst einen Sinn erhält. Harry Potters Brille existiert allerdings ontologisch exakt im gleichen Maße wie die Gaußsche Summenformel, die Verfassung der Bundesrepublik Deutschland oder der Halleysche Komet, seitdem das Sinnfeld existiert und in ihm Harry Potters Brille "erschienen" ist.

Claymore hat geschrieben:
Sa 23. Mär 2019, 12:49
Theoretisch könnte man sich sogar den Luxus erlauben und “Harry Potter hat eine Brille” den Wahrheitswert ‘falsch’ zuzuweisen, da der Satz auf nichts referiert – eine unschöne Lösung,
Denn damit würdest du - schwups - zum Konstruktivisten und Wahrheitsrelativisten werden. Harry Potters Brille referiert nur solange auf "nichts", also nicht auf den "Gegenstand": Harry-Potters-Brille (die ja durchaus "Gegenstand" z.B. einer Doktorarbeit in der Literaturwissenschaft werden könnte) wie das Harry-Potter-Universum noch nicht erfunden ist. Natürlich ist Harry-Potters Brille kein Ding, aber das sind Zahlen auch nicht.
Im Prinzip stellt sich Putnams und Kripkes Problem ein (Erde und Zwerde): worauf denotiert Wasser, wenn die chemische Analyse noch nicht erfunden ist und niemand weiß, dass Wasser H2O ist? Vor Erfindung der Chemie haben sich die Leute auch gewaschen und konnten sich wohlfeil über Wasser unterhalten und jeder wusste, was gemeint ist. Aber niemand wusste, dass es H2O ist. Ein wesentlicher Unterschied ist natürlich: Harry Potters Brille existiert weder in Buenos Aires noch in München, aber im Harry-Potter-Universum. Wasser existiert fast überall auf diesem Planeten und vermutlich auch auf dem Mars und anderswo im Universum (der gegenständlichen Dinge).

Claymore hat geschrieben:
Sa 23. Mär 2019, 12:49
Theoretisch könnte man sich sogar den Luxus erlauben und “Harry Potter hat eine Brille” den Wahrheitswert ‘falsch’ zuzuweisen, da der Satz auf nichts referiert – eine unschöne Lösung, aber weder der philosophische noch wissenschaftliche Betrieb würde dadurch zusammenbrechen.
Sag' das nicht. Wenn man seine Doktorarbeit in Literaturwissenschaft über fantastische Literatur und speziell über Harry-Potters Brille schreiben will, wäre das eine Katastrophe ... :lol:

Claymore hat geschrieben:
Sa 23. Mär 2019, 12:49
Das ist also die aristotelische Lösung, die mir auch sehr sympathisch ist. Der Haupteinwand ist halt, was dann mit Zahlen ist, die nicht auf diese Weise “instantiiert” (ah, das hört sich auch schon platonisch an – weiß aber nicht wie ich es sonst ausdrücken soll) sind?
Leider fällt mir nichts von Aristoteles dazu ein, weshalb ich nicht verstehe, warum es die aristotelische Lösung ist. Vielleicht kannst du mir auf die Sprünge helfen.
Aber müssen Zahlen denn "instantiiert" sein (was immer das genau bedeutet)?
Im Sinnfeld der Mathematik erscheint die überabzählbare Menge der reellen Zahlen, so dass die Unendlichkeit dieser überabzählbaren Menge größer ist, als die unendliche Menge der abzählbaren natürlichen Zahlen. Hört sich komisch an, ist aber so. Wenn diese mathematische Schlussfolgerung im Sinnfeld der Zahlentheorie erscheint, dann existiert sie auch. Es sei denn, ein Mathematiker würde mit mathematischen Methoden aufzeigen, dass ein Irrtum vorliegt. Das ist dann der Sinn der Fachwissenschaften.

Claymore hat geschrieben:
Sa 23. Mär 2019, 12:49
Oder selbst wenn sie es alle sind, d. h. das Universum unendlich viele Objekte enthält, es mit Sicherheit “mathematische Objekte” gibt, die nicht irgendwie in den Dingen vorliegen.
Zuerst habe ich nicht verstanden, was du meinst, aber jetzt gerade ist es mir klar geworden.
Die Mathematik (oder die Zahlen) sind keine Eigenschaft(en) der Dinge. Die Zahl 5 ist keine Kollektiveigenschaft von fünf einzelnen Pferden in ihren Boxen. Auf die Zahl 5 kommt man, wenn man die Pferde in ihren Boxen abzählt. Ich erfinde oder konstruiere die Zahlen nicht erst, wenn ich die Pferde zähle. Aber es gehört zur Wirklichkeit des Stalls und der Dinge in diesem Stall, dass ich sie zählen kann. Dies gehört schlicht zur ontischen Wirklichkeit des Stalls.

Claymore hat geschrieben:
Sa 23. Mär 2019, 12:49
Der andere Einwand ist, dass die Definitionen für “mathematische Objekte” als Eigenschaften (d. h. inklusive Relationen) schon in einfachsten Fällen extrem kompliziert wird. Im Fall einer natürlichen Zahl wäre das wohl “Die Relation zwischen einer Gesamtheit und der Eigenschaft, die die Elemente dieser Gesamtheit zu Einzeldingen macht” – im Stall sind ja fünf Pferde aber 10 Pferdeohren und 20 Pferdehufen. Wobei ich mir nicht mal sicher bin, ob das reicht. Warum sollten Zahlen die einzigen Relationen sein, die zu dieser Definition passen?
Auch hier verstehe ich nicht, worauf du hinaus willst. Aber ich stimme dir zu, dass da 5 Pferde, 10 Pferdeohren und 20 Hufe sind. Aber wo ist das Problem?

Claymore hat geschrieben:
Sa 23. Mär 2019, 12:49
Ein komplexerer Fall wären Mengen, u. a. da sie wiederum Mengen als Elemente enthalten können: {1, {1}}. Könnte man wenigstens Mengen in völliger Allgemeinheit sauber auf etwas Konkretes “reduzieren”, hätte man den Rest der Mathematik in der Tasche, da die Mathematik – so weit mir bekannt ist – komplett auf der Mengenlehre basiert.
Alles, was im Sinnfeld der Mengenlehre erscheint, existiert auch (Gabriel). Das Paradox der Menge aller Mengen, die sich selbst enthält, gehört dazu,- wie auch alle Versuche, das Problem zu lösen. Wobei Russells Typentheorie in Principia Mathematica ja nicht die eleganteste Lösung ist.

Claymore hat geschrieben:
Sa 23. Mär 2019, 12:49
Da hatte ich auch eine Diskussion mit unserer silbernen Kugel hier. Sowas ist aber genauso sinnlos wie mit closs: wenn jemand ihre eigene philosophische Position als “nicht philosophisch” in maximal diffuser Privatsprache (ohne Lust zu haben die verwendeten Geheimbegriffe zu definieren) und komplettem Ignorieren von Gegenargumente verkauft und dann höchste Präzision und demütiges Abarbeiten abstrusester, ja, dadaistisch anmutender Fragen vom Diskussionsgegner erwartet, während sie den konträren Standpunkt hochpolemisch als bloß “Philosophie” abtut und sich in blumigen Schimpftiraden über die bösen Philosophen ergeht, kann man sich das ganze sparen.
Das ist richtig. Ich verstehe immer nie, warum so viele Leute geradezu einen Hass auf Philosophen entwickelt haben. Hatten die so schlechte Philosophielehrer? Es gibt schlechte Philosophen und es gibt gute. Genau so, wie es gute Bäcker und schlechte gibt. Darum sind aber nicht alle Bäcker schlecht, wie nicht alle Philosophen Schwätzer sind. Hawking ist ein brillanter Physiker und ein miserabler Philosoph. Einstein war auch kein guter Philosoph. Aber alle denken, weil sie gute Physiker waren, müssten sie auch gute Philosophen sein. Was für ein Blödsinn ...

Claymore hat geschrieben:
Sa 23. Mär 2019, 12:49
Es ist immer wieder erstaunlich, wie viele Leute sich online den “Sieg” herbei halluzinieren, wenn tatsächlich der Diskussionsgegner nur einfach irgendwann genug von ihrem Blödsinn hatte und sie allein im Regen stehen ließ.
Nun ja, aber das ist dann wirklich einfach nur Dummheit. Hasta luego ...
Zuletzt geändert von Thaddäus am Sa 23. Mär 2019, 21:13, insgesamt 3-mal geändert.

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#806 Re: Was versteht Ihr unter "Wirklichkeit"?

Beitrag von closs » Sa 23. Mär 2019, 20:55

Thaddäus hat geschrieben:
Sa 23. Mär 2019, 20:16
Ich verstehe immer nie, warum so viele Leute geradezu einen Hass auf Philosophen entwickelt haben. Hatten die so schlechte Philosophielehrer?
Nee, im Gegenteil - gerade das macht es doch so schwer. - Es geht nicht gegen "die Philosophie", sondern gegen eine cis-metaphysische Philosophie des 20./21. Jh., die meint, sie habe ein Recht auf Stammtischhoheit über jegliche Sinnfragen - wie die RKK im Mittelalter.

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#807 Re: Was versteht Ihr unter "Wirklichkeit"?

Beitrag von Thaddäus » Sa 23. Mär 2019, 22:05

SilverBullet hat geschrieben:
Sa 23. Mär 2019, 19:35
Das halte ich eher für ein Gerücht, denn ich habe es exakt verstanden und ich bleibe dabei: es geht um Zellen.
Wie begriffsstutzig kann man eigentlich sein ... :roll:

SilverBullet hat geschrieben:
Sa 23. Mär 2019, 16:05
Jeder Wahrnehmungssinn des Menschen beginnt mit speziellen (Sinnes-)Zellen.
Das ist ein Zitat von dir.
Dieses Zitat stellt eine These dar, nämlich die These ... "Jeder Wahrnehmungssinn des Menschen beginnt mit speziellen (Sinnes-)Zellen."
Wenn du diese deine These belegen willst, untersuchst du dann die Aktivität von Zellen?

Offenbar würde das nicht funktionieren, denn alles, was du bei dieser Untersuchung herausfinden könntest, wäre, dass Nervenzellen des Typs xy und die Gehirnbereiche yx aktiv sind, wenn du äußerst: "Jeder Wahrnehmungssinn des Menschen beginnt mit speziellen (Sinnes-)Zellen."
Die Aussage: Bei mir sind gerade Nervenzellen des Typs xy und die Gehirnbereiche yx aktiv ist aber nicht identisch mit der Aussage "Jeder Wahrnehmungssinn des Menschen beginnt mit speziellen (Sinnes-)Zellen."

Um mir adäquat antworten zu können musst du folgenden Unterschied verstehen (Leibniz' Gesetz):

a=b → ∀F (Fa ↔ Fb)
[= Ununterscheidbarkeit des Identischen = Wenn a identisch mit b ist , dann gilt für alle Eigenschaften F, dass a die Eigenschaft F hat genau dann, wenn b die Eigenschaft F hat]
zu
∀F (Fa ↔ Fb) → a=b
[Identität des Ununterscheidbaren = Wenn für alle Eigenschaften F gilt, dass a die Eigenschaft F hat genau dann, wenn b die Eigenschaft F hat, dann ist a identisch mit b)].

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#808 Re: Was versteht Ihr unter "Wirklichkeit"?

Beitrag von sven23 » So 24. Mär 2019, 06:07

closs hat geschrieben:
Sa 23. Mär 2019, 16:50
jede Zeit hat ihre vorherrschende Verständnis-Hermeneutik
Eben, deshalb ist die "Verständnis-Hermeneutik" der antiken Welt so wichtig, um die biblischen Texte verstehen zu können. Die Berücksichtigung der mythischen Welt der Antike ist unverzichtbar (siehe Bultmann). Theißen trägt dem ebenfalls mit dem historischen Plausibilitätkriterium Rechnung.
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
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#809 Re: Was versteht Ihr unter "Wirklichkeit"?

Beitrag von closs » So 24. Mär 2019, 08:58

sven23 hat geschrieben:
So 24. Mär 2019, 06:07
deshalb ist die "Verständnis-Hermeneutik" der antiken Welt so wichtig, um die biblischen Texte verstehen zu können. Die Berücksichtigung der mythischen Welt der Antike ist unverzichtbar (siehe Bultmann).
Vollkommen richtig. - Aber Zeiten und somit eine Verständnis-Hermeneutik ändern sich - das ist das, was ich als "neutestamentarischen Paradigmen-Wechsel" bezeichne. - Mit anderen Worten: Man muss Jesus auch unter neuer Verständnis-Hermeneutik untersuchen.

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#810 Re: Was versteht Ihr unter "Wirklichkeit"?

Beitrag von SilverBullet » So 24. Mär 2019, 11:06

“Thaddäus“ hat geschrieben:Dieses Zitat stellt eine These dar, nämlich die These ... "Jeder Wahrnehmungssinn des Menschen beginnt mit speziellen (Sinnes-)Zellen."
Wenn du diese deine These belegen willst, untersuchst du dann die Aktivität von Zellen?
Nun, es wäre doch gar nicht so schlecht, wenn man den behaupteten Sachverhalt auch in der Praxis feststellen würde.

“Thaddäus“ hat geschrieben:Offenbar würde das nicht funktionieren, denn alles, was du bei dieser Untersuchung herausfinden könntest, wäre, dass Nervenzellen des Typs xy und die Gehirnbereiche yx aktiv sind, wenn du äußerst: "Jeder Wahrnehmungssinn des Menschen beginnt mit speziellen (Sinnes-)Zellen."
Was genau verwendest du hier für ein „Offenbar“?
Philosophen können nicht sagen, was Bedeutung ist, insofern kann es sich hier nur um ein Suggestiv-„Offenbar“ handeln – Motto: „komm schon, du spürst es doch auch“.

Ich würde erst einmal zwei Bereiche auseinander halten:

1.
Die Zusammenhänge „in der These“ gelten für die Welt der Existenzen, d.h. man sollte die fraglichen Existenzen schon auch tatsächlich feststellen können.
Du scheinst nicht abzustreiten, dass ein Mensch über Sinneszellen verfügt und Gehirnbereiche aktiv sind. Wäre auch nicht wirklich schlau, denn mittlerweile operiert man bereits Sinnesorgane und ersetzt die Sinneszellen durch künstliche Einheiten, d.h. aus der Forschung ist bereits Technik geworden.

2.
Bei der Frage, wie ist die These selbst realisiert, geht es um die Frage nach der Realisierung von Zusammenhängen (2a) und der Frage nach „Bedeutung“ (2b):

2a:
Im Gehirn werden ständig Verbindungen zwischen Nervenzellen verwaltet und eingesetzt. Es geht also direkt physikalisch um Zusammenhänge, sozusagen „1:1“ um „die Zusammenhänge des Mentalen“. Wenn ein Schlaganfallpatient untersucht wird und die Ärzte eine vernarbte Stelle um Nervengewebe feststellen, dann steht fest, dass der Patient Zusammenhänge verloren hat und eine Therapie wird angesetzt, um einen Ausgleich zu erreichen. Hier liegt bereits die von dir geforderte „Identität“ vor, was auch der Grund ist, weshalb ich den Begriff „Zusammenhang“ verwende.

2b:
Bei der Frage nach „Bedeutung“ hast du aktuell die Behauptungen des Philosophen „Gabriel“ ins Spiel gebracht, der versucht, die Zusammenhänge der Perspektive auf Abstraktionen als eine Form des Kontaktes mit Existenzen darzustellen. Wie du an deiner Reaktion auf meine Fragen sehen kannst, geht dabei aber sehr schnell die Luft aus – „Gabriel“ liefert quasi den Entwurf einer Szene, für die nirgendwo eine Gültigkeit gefunden werden kann. Auch dein zuletzt vorgestellter Formalismus kann nicht wirklich davon ablenken, dass du die von dir geforderten Eigenschaften zu Bedeutung gar nicht auflistest. Der Grund ist schnell gefunden, denn du würdest direkt bei meinen Fragen landen und das möchtest du ja nicht.
Egal, da ich die Fragen aufgestellt habe, kann ich auch ein wenig über Eigenschaften nachdenken – kein Problem:
  • Bedeutung kann für etwas Einzelnes, Existierendes, Vorhandenes stehen -> Konkret
  • Bedeutung kann eine Schnittmenge aus vielen Einzelnen, Existierenden sein -> Abstraktion
  • Bedeutung kann schlicht falsch sein, nicht vorkommen, nicht funktionieren, nicht einsetzbar sein
  • Aus konkreter Bedeutung können wir abstrakte Bedeutung extrahieren und auch umgekehrt, wobei diese Bedeutungen von uns als „zusammenhängend“ verwaltet werden.
  • Bedeutung wird von uns (egal wie abstrakt) als Objekt angesehen, zu dem wir uns positionieren, auf das wir einen Blickwinkel einnehmen, das wir in einen „Gedankenpfad“ einbauen können, das wir vermitteln, erlernen können.
  • Bedeutungen sind untereinander beliebig kombinierbar, wobei wir sehr schnell Kombinationen ablehnen, die nicht vorkommen können. Bedeutungen können sich ausschliessen aber auch (gegenseitig) voraussetzen. Der Einsatz einer Bedeutung verändert damit den Gedankenpfad, d.h. Bedeutung hat eine Art „Auswirkung“ auf den Verlauf.
  • Eine Bedeutungskombination wird wiederum als Bedeutung, als ein Ganzes, angesehen.
  • Eine Bedeutung kann in einzelne Anteile aufgespaltet werden.
  • Bedeutung kann ignoriert, übersehen werden, es gibt also keinen Zwang, um über Bedeutung zu stolpern (im Gegensatz zu einem Tisch).
  • Eine Bedeutung kann erklärt werden, d.h. es können Beispiele vermittelt werden, aus denen die Zusammenhänge, die Bedeutung „ergeben“.
Wow, ganz schön viele Eigenschaften und ich bin noch nicht mal sicher, ob mir alle eingefallen sind (es gibt viele Krankheitsbilder, bei denen Menschen erstaunliche Bedeutungen z.B. zu sich selbst vertreten – auch das muss irgendwie möglich sein).
Egal, man sieht, dass es irgendwie um aussergewöhnlich flexible Umstände gehen muss, bei denen es um Zusammenhänge, um Verläufe, um Auswirkungen, um zuvor Erlerntes (Hinterlegtes), um Standpunkte, um Blickwinkel gehen muss.
Sieht enorm nach einer „eigenen Welt“ aus und dies ist auch der Grund, warum man in der Philosophie nicht müde wird, irgendwelche Ontologien auszurufen (letztes Beispiel „Gabriel“).
Naja, wenn da nicht diese eigenartige Flexibilität wäre. Eine „Welt“, die sich in alle Richtungen verändern kann, in der alles kombiniert werden kann, wenn man nicht selbst die Kombination ablehnt. Eine Welt, die aus unterschiedlichsten Objekten bestehen müsste, die aber wiederum auf Basis der Kombination und Abstraktion auch alle gleich sind.
Fühlt sich ein wenig nach der Quadratur des Kreises an und man mag sich nicht wirklich vorstellen, dass eine solche Welt tatsächlich existiert. Nun sprichst du aber von „offenbar“ und möchtest damit suggerieren, dass wir so eine „Welt“ auf jeden Fall benötigen, denn die Gehirnzellaktivitäten „reichen ja nicht aus“.
Nun kommt das ins Spiel, was ich mit „die Philosophie kann es nicht können“ ausgedrückt habe. Die Schlussfolgerung, dass eine „neue Welt“ oder „neue Weltanteile“ benötigt werden, geht auf eine religiöse Grundhaltung dem Menschen gegenüber zurück, die sich z.B. im Begriff „Geisteswissenschaft“ niederschlägt. Der Mensch (als „Geist“) soll sich alles anschauen, alles analysieren, und sich dadurch den Zugang zu Existenzen erschliessen können – du verweist in diesem Zuge auf die Kontrolle der „Identität von Eigenschaften“ – du bestehst quasi von Anfang an darauf, dass es um zwei Existenzen geht muss.
=> Darin liegt keine Lösungsmöglichkeit zu „Bedeutung“.
Viel einfacher und funktional viel raffinierter, als eine Welt zu erfinden, ist es die Flexibilität im Beobachter zu hinterlegen.
Es ist nirgendwo festgelegt, dass ein Mensch etwas ist, das zu allem eine Unabhängigkeit einnehmen kann. Wenn eine Antilope zur Welt kommt, dann wird sie kurze Zeit später aufstehen und mit der Herde mitlaufen – sie kann gar nicht anders. Nun ist ein Mensch, wie eine Antilope, ein Körper, der in einer Umwelt heranwächst, in der sich eine Aufteilung in Objekte sowie Standpunkte und Blickwinkel aufdrängen. Dieser Umstand war noch nie anders und über die gesamte Evolution hinweg muss sich diese Konstellation (wie sonst nichts anderes) in der „Bauart“ niedergeschlagen haben.
Bei „Bedeutung“ geht es wie bei der „aufstehenden Antilope“ ganz einfach um ein festgelegtes Verhalten. Wir organisieren Zusammenhänge in einer Art „Weltkarte aus Objekten“ und navigieren darin entlang von „Wegen“, wir „bewegen“ uns beim Denken. Das Gehirn verwaltet beim Denken einfach (wie sonst auch) die Zusammenhänge von Bewegungspfaden. Für einen Zusammenhang benötigt das Gehirn genau einen „Knoten“ (eine Zelle). Viele einzelne Zusammenhänge wirken sich als „ein Ganzes“ aus, wenn sie (relativ) gleichzeitig aktiv sind. Kombinationen sind beliebig aufstellbar (gigantische Flexibilität) und werden nur durch die zuvor eingerichteten Möglichkeiten beschränkt. Kombinationen können beliebig falsch sein. Das könnte man jetzt für alle obigen Eigenschaften durchspielen, aber du wirst dich schon melden, wenn dir ein Widerspruch auffällt.
Alles was man für „Bedeutung“ benötigt, ist eine Zusammenhangsverwaltung im Gehirn, bei der (innerhalb der aufgestellten Zusammenhänge, also „systemlokal“) nichts anderes herauskommen kann, als „das ist ein Objekt“ -> aufstehende Antilope.
„Semantik“ ist ein Hilfsmittel, um zu denken, um sich zu bewegen.

“Thaddäus“ hat geschrieben:Um mir adäquat antworten zu können musst du folgenden Unterschied verstehen (Leibniz' Gesetz):
echt? :-)

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