Was versteht Ihr unter "Wirklichkeit"?

Philosophisches zum Nachdenken
closs
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#781 Re: Was versteht Ihr unter "Wirklichkeit"?

Beitrag von closs » Fr 22. Mär 2019, 19:38

sven23 hat geschrieben:
Fr 22. Mär 2019, 19:19
Ähm, doch, wenn die Vorannahme aus Glaubensbekenntnissen besteht
Völlig irrelevant, ob man Vorannahmen "Glaubensbekenntnisse", "Weltanschauungen" oder "modellhafte Szenarien" nennt - funktional ist das dasselbe.

sven23 hat geschrieben:
Fr 22. Mär 2019, 19:19
Wer das nicht versteht, ist entweder Glaubensideologie oder blutiger Laie, oder beides.
Das wäre s.o. an Deine Adresse gerichtet.

sven23 hat geschrieben:
Fr 22. Mär 2019, 19:19
gerade die Forschung hat die Legitimation für den historischen Jesus zu sprechen
Die historisch-kritische Forschung hat für die äußere Legitimation Jesu (Leben, Orte, Rezeptionen, Wirkungen, etc.) zu sprechen - die theologische Forschung spricht für die innere Legitimation (geistig-spirituelle Substanz).

sven23 hat geschrieben:
Fr 22. Mär 2019, 19:19
Ähm, nachdem die Kirche den Kanon so festgelegt hat und an seiner vorliegenden Form sehr kreativ mitgewirkt hat, ist es nicht verwunderlich, wenn der Kanon das bestätigt, was die Kirche haben wollte. Das als Beleg zu nennen, ist ein reiner Zirkelschluss.
Billigheimer. - Das gilt auch, wenn man die Apokryphen mit einbezieht. - Du hast offenbar überhaupt keine Ahnung von biblischer Substanz und versuchst es über kleine Spältchen, in die Du Gift streust. - Fang doch mal bei der Substanz an.

sven23 hat geschrieben:
Fr 22. Mär 2019, 19:19
Dabei beweist die Forschung, dass sie höchst kompetent Texte exegiert.
Aber doch mit unterschiedlichen heremeutischen Vorannahmen. - Keiner spricht der HKE auch nur im Entferntesten Kompetenz in den Bereichen ab, die sie nach ihren Vorannahmen abdeckt.

sven23 hat geschrieben:
Fr 22. Mär 2019, 19:19
closs hat geschrieben: ↑
Fr 22. Mär 2019, 18:33

sven23 hat geschrieben: ↑
Fr 22. Mär 2019, 16:52
Die Forschung hat dagegen den Anspruch, die verschiedenen Ebenen und Traditonsschichten zu trennen.

Die HKE kann noch viel mehr und macht das sogar gut - aber sie ist geistig-spirituell nicht kompetent, weil sie es sich selber verbietet.

Ähm doch, da irrt sich der Laie closs.
Aha - da habe ich also übersehen, dass spirituelle Substanz Teil der HKE ist. - Das muss aber neu sein ...

sven23 hat geschrieben:
Fr 22. Mär 2019, 19:19
Ähm, doch, die Glaubenswelt, die sich aus seiner Verkündigung ergibt, ist sehr gut belegt.
Natürlich ist sie äußerlich gut beschrieben - mir geht es um die innere Urteilsfähigkeit "Was davon ist SPIRITUELL authentisch zu Jesus?".

sven23 hat geschrieben:
Fr 22. Mär 2019, 19:19
closs hat geschrieben: ↑
Fr 22. Mär 2019, 18:33
als sei der kerygmatische Jesus unecht und der historisch-kritische echt.

Genau so. :thumbup:
Das ist irgendwas im Dreieck primitiv - albern - lächerlich. ---- Meinst Du, dass Profis das genauso sehen?

sven23 hat geschrieben:
Fr 22. Mär 2019, 19:19
Wo hat die Kirche denn Grundlagen aufgegeben?
Bei der RKK hält es sich auf fundamentaler Ebene in Grenzen - da bezieht es sich eher auf die Verkündigungs-Ebene (Stichwort: Gottesdienst als Unterhaltungs-Veranstaltung statt als Meditation). - Bei den Evangelen ist es deutlicher - siehe Ehe, Gottesbild, etc. - Die Evangelen sind extrem unter Spannung, da hier der konservativ-evangelikal Angehauchte genauso angesiedelt ist wie der gender-moderne Liberale, der ein theoretisches Gottesbild hat.

sven23 hat geschrieben:
Fr 22. Mär 2019, 19:19
Das Festhalten an unsinnigen Dogmen kann man auch als Starrköpfigkeit betrachten.
Dazu muss man die Dogmen erst mal VERSTEHEN - daran scheitert es doch meistens.

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Thaddäus
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#782 Re: Was versteht Ihr unter "Wirklichkeit"?

Beitrag von Thaddäus » Fr 22. Mär 2019, 23:26

closs hat geschrieben:
Fr 22. Mär 2019, 09:09
Hehe - jetzt musst Du Dich aber anstrengen, FUNKTIONAL (!!!!) einen Unterschied zwischen "Bedingung" und "Vorannahme" zu finden. :)
Nein, ich muss mich nicht anstrengen, das sprudelt so aus mir heraus. Ich kann nur nicht immer Romane verfassen, weil du grundlegende Dinge nicht weißt. :wave:

Ein Mathematiker setzt nicht die Existenz von Zahlen und die Grundrechenarten voraus, damit er damit rechnen kann. Das Vorhandensein von Zahlen und von speziellen mathematischen Verknüpfungen sind vielmehr die Bedingung dafür, Mathematik treiben zu können.
Konsistenz, Kohärenz, Widerspruchsfreiheit, Plausibilität u.a.m. sind keine "Vorannahmen" irgendeiner Wissenschaft, vielmehr sind sie eine Bedingung dafür, überhaupt wissenschaftlich arbeiten zu können.

Die Annahme einer komplexen Entität (Gott) oder der theologischen Konstruktion christlicher Heilsgeschichte sind dagegen keine Bedingungen für wissenschaftliches Arbeiten. Im Gegenteil vereiteln sie allenfalls unabhängiges wissenschaftliches Arbeiten, da sie weltanschaulich und existenziell verpflichten. Von solchen weltanschaulichen Verpflichtungen muss sich ein Wissenschaftler gerade frei machen, will er zu objektiven Urteilen gelangen.
Es handelt sich übrigens auch um keine "Vorannahmen", denn Vor-Annahmen sind Annahmen, die man unter Umständen benötigt, um Theorien, Modelle und Hypothesen konsistent, kohärent, widerspruchsfrei und plausibel zu machen. Das ist die epistemische Berechtigung für Vor-Annahmen, die ansonsten verboten sind. Gott und christliche Heilsgeschichte können Theorien, Modelle und Hypothesen nicht konsistent, kohärent, widerspruchsfrei und plausibel machen, weil Vorannahmen epistemisch möglichst einfach sein müssen, Gott und christliche Heilsgeschichte sind jedoch selbst komplexe theologische Konstrukte und damit erklärungs- und vor allem rechtferigungsbedürftig.
Zuletzt geändert von Thaddäus am Sa 23. Mär 2019, 00:01, insgesamt 2-mal geändert.

Claymore
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#783 Re: Was versteht Ihr unter "Wirklichkeit"?

Beitrag von Claymore » Sa 23. Mär 2019, 00:04

Thaddäus hat geschrieben:
Fr 22. Mär 2019, 23:26
closs hat geschrieben:
Fr 22. Mär 2019, 09:09
Hehe - jetzt musst Du Dich aber anstrengen, FUNKTIONAL (!!!!) einen Unterschied zwischen "Bedingung" und "Vorannahme" zu finden. :)
Nein, ich muss mich nicht anstrengen, das sprudelt so aus mir heraus. Ich kann nur nicht immer Romane verfassen, weil du grundlegende Dinge nicht weißt. :wave:

Ein Mathematiker setzt nicht die Existenz von Zahlen und die Grundrechenarten voraus, damit er damit rechnen kann. Das Vorhandensein von Zahlen und von speziellen mathematischen Verknüpfungen sind vielmehr die Bedingung dafür, Mathematik treiben zu können.
Konsistenz, Kohärenz, Widerspruchsfreiheit, Plausibilität u.a.m. sind keine "Vorannahmen" irgendeiner Wissenschaft, vielmehr sind sie eine Bedingung dafür, überhaupt wissenschaftlich arbeiten zu können.
Mmh… wie und wo existieren denn beispielsweise die natürlichen Zahlen? Denkst du da an etwas wie die Ideen von Platon?

closs
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#784 Re: Was versteht Ihr unter "Wirklichkeit"?

Beitrag von closs » Sa 23. Mär 2019, 00:25

Thaddäus hat geschrieben:
Fr 22. Mär 2019, 23:26
Konsistenz, Kohärenz, Widerspruchsfreiheit, Plausibilität u.a.m. sind keine "Vorannahmen" irgendeiner Wissenschaft, vielmehr sind sie eine Bedingung dafür, überhaupt wissenschaftlich arbeiten zu können.
Du verschiebst die Pfosten. - Mit "Vorannahmen" einer Forschung meine ich gewiss nicht "Konsistenz, Kohärenz, Widerspruchsfreiheit, Plausibilität", sondern hermeneutische Vorannahmen. - "Konsistenz, Kohärenz, Widerspruchsfreiheit, Plausibilität" sind nicht Vorannahmen, sondern Folge wissenschaftlichen Arbeitens auf Basis von Vorannahmen.

Thaddäus hat geschrieben:
Fr 22. Mär 2019, 23:26
Die Annahme einer komplexen Entität (Gott) oder der theologischen Konstruktion christlicher Heilsgeschichte sind dagegen keine Bedingungen für wissenschaftliches Arbeiten. Im Gegenteil vereiteln sie allenfalls unabhängiges wissenschaftliches Arbeiten, da sie weltanschaulich und existenziell verpflichten. Von solchen weltanschaulichen Verpflichtungen muss sich ein Wissenschaftler frei machen, will er zu objektiven Urteilen gelangen.
Sehr merkwürdig, dass sogar ein so intelligenter Mensch wie Du hier scheitert.

Auch die HKE erzeugt ihre "Konsistenz, Kohärenz, Widerspruchsfreiheit, Plausibilität" auf Basis von Vorannahmen, die als solche NICHT (!!!!) Gegenstand der Forschung sind. - Sie forscht bspw. so, als ob Jesus nur Mensch sei, lässt also die Option weg, dass er auch göttlich sein könnte. - Weiterhin interpretiert sie so, als sei Geschichte ein notwendig naturalistisches Kontinuum (also Wunder sind nicht "echt" - siehe Bultmann). - Weiterhin tut sie so, als gälte der Grundsatz "ältere Quelle = authentischer als jüngere Quelle" auch bei einem Projekt, bei dem nicht der älteste Text das Original ist, sondern die Person, die dahinter steht (also Jesus). - Mit anderen Worten: Ein jüngerer Text kann näher an dem sein, was Jesus vor 2000 jahren gesagt und gemeint hat.

Das darf sie alles und noch viel mehr - aber sie darf nicht sagen, sie habe keine Vorannahmen. --- Insofern ist es akzeptabel, wenn man sagt "Der Ersatz von säkularen durch sprituellen Vorannahmen ist keine Bedingung für die HKE", aber nicht "Der Ersatz von säkularen durch sprituellen Vorannahmen ist keine Bedingung für die wissenschaftliches Arbeiten". - Es sei denn, man nimmt bewusst in Kauf, dass im Ernstfall die Methodik über der Wirklichkeit steht.

Thaddäus hat geschrieben:
Fr 22. Mär 2019, 23:26
Es handelt sich übrigens auch um keine "Vorannahmen", denn Vor-Annahmen sind Annahmen, die man unter Umständen benötigt, um Theorien, Modelle und Hypothesen konsistent, kohärent, widerspruchsfrei und plausibel zu machen.
Was ist es anderes, wenn man sagt: "Unter der (historisch möglichen) spirituellen Vorannahme x kann man die Hypothese 'Jesus hatte keine Naherwartung' (im "haptischen" Sinne des AT) konsistent, kohärent, widerspruchsfrei und plausibel machen?

Thaddäus hat geschrieben:
Fr 22. Mär 2019, 23:26
Gott und christliche Heilsgeschichte sind jedoch selbst komplexe theologische Konstrukte und damit erklärungs- und vor allem rechtferigungsbedürftig.
Deshalb macht man sie (in diesem Fall) nicht zum Forschungs-Objekt, sondern zur Vorannahme.

Im Grunde läuft es doch auf folgendes hinaus:
Es gibt ZWEI Möglichkeiten, Jesus vor 2000 jahren (also historisch) zu erklären:
1) Jesus war nur Mensch
2) Jesus war auch göttlich.
Weder "nur Mensch" noch "auch göttlich" sind falsifizierbar - "Mensch" ja, aber nicht "nur Mensch". - Was macht man nun? Man entscheidet sich - die HKE entscheidet sich für 1), ob sie es bestreitet oder nicht (siehe oben: Vorannahmen).

Nun bleibt aber die andere Option zur Erklärung dessen, was vor 2000 Jahren der Fall gewesen sein kann, übrig - nämlich 2). Um diese kümmern sich andere Exegese-Formen.

So weit alles im grünen Bereich. - in den roten Bereich gerät die Sache, wenn die HKE beansprucht, Stammtischhoheit über das zu haben, was Jesus vor 2000 Jahren gedacht und gemeint hat - wo sie doch vorher gerade NICHT 2) berücksichtigt. - You cannot eat the cake and have ist.

Thaddäus hat geschrieben:
Fr 22. Mär 2019, 23:26
Ich kann nur nicht immer Romane verfassen, weil du grundlegende Dinge nicht weißt.
Mit formalem Wissen kann man die Wirklichkeit nicht ausbooten. - Aufklärung wäre aus MEINER Sicht, über die Grenzen heute modischer Vorstellungen hinaus zu schauen.

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sven23
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#785 Re: Was versteht Ihr unter "Wirklichkeit"?

Beitrag von sven23 » Sa 23. Mär 2019, 07:07

closs hat geschrieben:
Fr 22. Mär 2019, 19:38
sven23 hat geschrieben:
Fr 22. Mär 2019, 19:19
Ähm, doch, wenn die Vorannahme aus Glaubensbekenntnissen besteht
Völlig irrelevant, ob man Vorannahmen "Glaubensbekenntnisse", "Weltanschauungen" oder "modellhafte Szenarien" nennt - funktional ist das dasselbe.
Nein, da besteht ein Riesenunterschied. Glaubensbekenntnisse sind in der historischen Forschung ein Ausschlsskriterium. Deshalb ist HKM die Standardmethode und Kanonische Exegese nicht. Sei so gut und begreife das endlich. :roll:

closs hat geschrieben:
Fr 22. Mär 2019, 19:38
sven23 hat geschrieben:
Fr 22. Mär 2019, 19:19
Wer das nicht versteht, ist entweder Glaubensideologie oder blutiger Laie, oder beides.
Das wäre s.o. an Deine Adresse gerichtet.
Da spiegelst du deine eigenen Defizite mal wieder auf andere. :roll:

closs hat geschrieben:
Fr 22. Mär 2019, 19:38
sven23 hat geschrieben:
Fr 22. Mär 2019, 19:19
gerade die Forschung hat die Legitimation für den historischen Jesus zu sprechen
Die historisch-kritische Forschung hat für die äußere Legitimation Jesu (Leben, Orte, Rezeptionen, Wirkungen, etc.) zu sprechen - die theologische Forschung spricht für die innere Legitimation (geistig-spirituelle Substanz).
Auch da spricht wieder mal der lernresistente und glaubensideologisch verblendete Laie aus dir. :roll:

closs hat geschrieben:
Fr 22. Mär 2019, 19:38
sven23 hat geschrieben:
Fr 22. Mär 2019, 19:19
Ähm, nachdem die Kirche den Kanon so festgelegt hat und an seiner vorliegenden Form sehr kreativ mitgewirkt hat, ist es nicht verwunderlich, wenn der Kanon das bestätigt, was die Kirche haben wollte. Das als Beleg zu nennen, ist ein reiner Zirkelschluss.
Billigheimer.
Das sagt ausgerechnet jemand, der von Rudis Resterampe lebt. :lol:
Hast du wenigstens verstanden, warum das Vorgehen der Kanoniker zirkelreferent ist?


closs hat geschrieben:
Fr 22. Mär 2019, 19:38
- Das gilt auch, wenn man die Apokryphen mit einbezieht.
Was gilt dann?

closs hat geschrieben:
Fr 22. Mär 2019, 19:38
sven23 hat geschrieben:
Fr 22. Mär 2019, 19:19
Dabei beweist die Forschung, dass sie höchst kompetent Texte exegiert.
Aber doch mit unterschiedlichen heremeutischen Vorannahmen. - Keiner spricht der HKE auch nur im Entferntesten Kompetenz in den Bereichen ab, die sie nach ihren Vorannahmen abdeckt.
Die Forschung deckt alle biblischen Texte ab. Das ist doch gerade ihre Stärke.



closs hat geschrieben:
Fr 22. Mär 2019, 19:38
Aha - da habe ich also übersehen, dass spirituelle Substanz Teil der HKE ist. - Das muss aber neu sein ...
Nein, das versuchen wir dir seit Aeonen zu erklären.

closs hat geschrieben:
Fr 22. Mär 2019, 19:38
sven23 hat geschrieben:
Fr 22. Mär 2019, 19:19
Ähm, doch, die Glaubenswelt, die sich aus seiner Verkündigung ergibt, ist sehr gut belegt.
Natürlich ist sie äußerlich gut beschrieben - mir geht es um die innere Urteilsfähigkeit "Was davon ist SPIRITUELL authentisch zu Jesus?".
Genau das tut die Forschung doch, oder meinst du, der Wanderprediger habe nur so getan, als erwarte er die Gottesherrschaft als unmittelbar bevorstehend? Warum sollte er das tun?

„Als Jesus den gegenwärtigen Beginn der Gottesherrschaft verkündigte, rechnete er mit deren Kommen während seines Lebens.“
Gerd Theißen

closs hat geschrieben:
Fr 22. Mär 2019, 19:38
sven23 hat geschrieben:
Fr 22. Mär 2019, 19:19
closs hat geschrieben: ↑
Fr 22. Mär 2019, 18:33
als sei der kerygmatische Jesus unecht und der historisch-kritische echt.
Genau so. :thumbup:
Das ist irgendwas im Dreieck primitiv - albern - lächerlich. ---- Meinst Du, dass Profis das genauso sehen?
Was ist daran primitiv?
Du selbst hast Lindemanns Argumentation als sehr anspruchsvoll bezeichnet.
Und Lindemann sagte unter anderem:

Ich halte es für ausgeschlossen, dass Jesus die von Ihnen genannten Wunder getan hat. Solche Erzählungen gab es damals auch über andere große Männer. Für historisch halte ich, dass Jesus Kranke geheilt und, nach dem Sprachgebrauch der Bibel, "Dämonen ausgetrieben" hat.

SPIEGEL: Hielt sich Jesus für den Messias, den viele Juden damals erwarteten?
Lindemann: Nach allem, was wir wissen, nicht. Er hat auch nach der Darstellung der Evangelien nichts von dem getan, was vom kommenden Messias erwartet wurde.

Lindemann: Viele, und weit mehr als noch vor 20, 30 Jahren. Der christliche Glaube ist keine Fortsetzung der Botschaft Jesu, sondern bezieht sich auf das Heilsereignis in Christus, auf die Auferstehung und eben nicht auf die Verkündigung Jesu.
SPIEGEL: Dann wären die "echten" Jesus-Worte, wenn man sie denn feststellen kann, jüdisch und nicht christlich?
Lindemann: Kein Zweifel. Jesus hat sich stets ausschließlich als Jude verstanden.

Es geht nicht darum, ob Jesus der Sohn Gottes war, sondern um das Bekenntnis, dass er der Sohn Gottes ist.


Albert Schweitzer faßte es treffend zusammen:

Der Jesus der Evangelien hat nie existiert.

closs hat geschrieben:
Fr 22. Mär 2019, 19:38
sven23 hat geschrieben:
Fr 22. Mär 2019, 19:19
Wo hat die Kirche denn Grundlagen aufgegeben?
Bei der RKK hält es sich auf fundamentaler Ebene in Grenzen - da bezieht es sich eher auf die Verkündigungs-Ebene (Stichwort: Gottesdienst als Unterhaltungs-Veranstaltung statt als Meditation).
Häh, du fühlst dich im katholischen Gottesdienst gut unterhalten? Was willste dann noch mehr? Meditieren kannst du auch zu Hause. :lol:


closs hat geschrieben:
Fr 22. Mär 2019, 19:38
sven23 hat geschrieben:
Fr 22. Mär 2019, 19:19
Das Festhalten an unsinnigen Dogmen kann man auch als Starrköpfigkeit betrachten.
Dazu muss man die Dogmen erst mal VERSTEHEN - daran scheitert es doch meistens.
Eben, siehe closs, der das Dogma der heilsnotwendigen Mitgliedschaft in der RKK offenbar nicht verstanden hat. :roll:
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
George Orwell

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sven23
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#786 Re: Was versteht Ihr unter "Wirklichkeit"?

Beitrag von sven23 » Sa 23. Mär 2019, 07:21

closs hat geschrieben:
Sa 23. Mär 2019, 00:25
Thaddäus hat geschrieben:
Fr 22. Mär 2019, 23:26
Die Annahme einer komplexen Entität (Gott) oder der theologischen Konstruktion christlicher Heilsgeschichte sind dagegen keine Bedingungen für wissenschaftliches Arbeiten. Im Gegenteil vereiteln sie allenfalls unabhängiges wissenschaftliches Arbeiten, da sie weltanschaulich und existenziell verpflichten. Von solchen weltanschaulichen Verpflichtungen muss sich ein Wissenschaftler frei machen, will er zu objektiven Urteilen gelangen.
Sehr merkwürdig, dass sogar ein so intelligenter Mensch wie Du hier scheitert.
:lol: :lol: :lol:
Jetzt kommt wieder der Dunning-Kruger hervor.
Das Grundproblem von closs ist nach wie vor: er kann die unterschiedlichen Ebenen von wissenschaftlicher Vorgehensweise und Gaubensideolgie nicht trennen. Deshalb fordert er für glaubensbasierete Exegesen wie die kanonische Exegese den wissenschaftlichen TÜV-Stempel und meint, damit könne man doch den historischen Jesus (den "typischen" Jesus) geistig besser ermitteln, als mit historischer Forschung.
Und wenn die Forschung Aussagen zu Jesu Verkündigung macht, (z. B. Naherwartung), dann bezeichnet er das als "Übergriffigkeit".
Umgekehrt gilt das aber selbstverständlich nicht. :roll:
So bastelt er sich sein glaubensideologisches Weltbild zusammen.
Das darf ja auch jeder halten wie er will. Was man nicht darf, ist, dies auch noch als wissenschaftliches Vorgehen zu verkaufen. Dagegen wehre ich mich.
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
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#787 Re: Was versteht Ihr unter "Wirklichkeit"?

Beitrag von closs » Sa 23. Mär 2019, 10:24

sven23 hat geschrieben:
Sa 23. Mär 2019, 07:07
closs hat geschrieben: ↑
Fr 22. Mär 2019, 20:38

sven23 hat geschrieben: ↑
Fr 22. Mär 2019, 20:19
Ähm, doch, wenn die Vorannahme aus Glaubensbekenntnissen besteht

Völlig irrelevant, ob man Vorannahmen "Glaubensbekenntnisse", "Weltanschauungen" oder "modellhafte Szenarien" nennt - funktional ist das dasselbe.

Nein, da besteht ein Riesenunterschied. Glaubensbekenntnisse sind in der historischen Forschung ein Ausschlsskriterium.
Bei Deinem Wissenschafts-Verständnis sind die Vorannahmen der HKE ein Ausschlusskritierium - was soll das?

sven23 hat geschrieben:
Sa 23. Mär 2019, 07:07
closs hat geschrieben: ↑
Fr 22. Mär 2019, 20:38

sven23 hat geschrieben: ↑
Fr 22. Mär 2019, 20:19
gerade die Forschung hat die Legitimation für den historischen Jesus zu sprechen

Die historisch-kritische Forschung hat für die äußere Legitimation Jesu (Leben, Orte, Rezeptionen, Wirkungen, etc.) zu sprechen - die theologische Forschung spricht für die innere Legitimation (geistig-spirituelle Substanz).

Auch da spricht wieder mal der lernresistente und glaubensideologisch verblendete Laie aus dir. :roll:
Deine Aussage zeigt, dass Dir der Ernst des Umstand nicht bewusst ist, dass die HKE sich als streng säkular versteht - das hat Folgen im Geistigen, was denn sonst.

sven23 hat geschrieben:
Sa 23. Mär 2019, 07:07
Hast du wenigstens verstanden, warum das Vorgehen der Kanoniker zirkelreferent ist?
Nee - auf dieses Niveau wirst Du mich NIE runterkriegen. - Denn dann müsste ich auch die HKE opfern, von der ich mehr halte, als es hier klingt.

sven23 hat geschrieben:
Sa 23. Mär 2019, 07:07
Was gilt dann?
Dass man im Großen und Ganzen unter geistig-spirituellen Gesichtspunkten auf das kommen kann, was die RKK vertritt. - Sachemal - vergißt Du, warum Du Fragen gestellt hast?

sven23 hat geschrieben:
Sa 23. Mär 2019, 07:07
Die Forschung deckt alle biblischen Texte ab. Das ist doch gerade ihre Stärke.
Uneingeschränktz lonbens wert - aber das hat nichts mit den Einschränkungen geistig-spiritueller Urteilskraft aufgrund der Vorannahmen zu tun - es ändert nichts daran.

sven23 hat geschrieben:
Sa 23. Mär 2019, 07:07
closs hat geschrieben: ↑
Fr 22. Mär 2019, 20:38
Aha - da habe ich also übersehen, dass spirituelle Substanz Teil der HKE ist. - Das muss aber neu sein ...

Nein, das versuchen wir dir seit Aeonen zu erklären.
:lol: Das versucht Ihr zu Unrecht, weil man nicht Duschen und gleichzeitig nicht naß werden kann.

sven23 hat geschrieben:
Sa 23. Mär 2019, 07:07
closs hat geschrieben: ↑
Fr 22. Mär 2019, 20:38

sven23 hat geschrieben: ↑
Fr 22. Mär 2019, 20:19
Ähm, doch, die Glaubenswelt, die sich aus seiner Verkündigung ergibt, ist sehr gut belegt.

Natürlich ist sie äußerlich gut beschrieben - mir geht es um die innere Urteilsfähigkeit "Was davon ist SPIRITUELL authentisch zu Jesus?".

Genau das tut die Forschung doch
Aber doch nicht die HKE-Forschung. - Das DARF sie bei ihren Vorannahmen doch gar nicht können.

sven23 hat geschrieben:
Sa 23. Mär 2019, 07:21
Lindemann sagte unter anderem
1) "Ich halte es für ausgeschlossen, dass Jesus die von Ihnen genannten Wunder getan hat." = Privatmeinung eines HKE-lers.

2) "Er hat auch nach der Darstellung der Evangelien nichts von dem getan, was vom kommenden Messias erwartet wurde." -> Das ist wahrscheinlich richtig - L. thematisiert aber nicht, dass Jesus das NT und nicht die Fortführung des AT betrieben hat, also etwas anderes gemeint hat, als man aus AT-Sicht gemeint hat. - bereits hier trifft die HKE auf ihre Grenzen.

3) "Der christliche Glaube ist keine Fortsetzung der Botschaft Jesu, sondern bezieht sich auf das Heilsereignis in Christus, auf die Auferstehung und eben nicht auf die Verkündigung Jesu" = Privatmeinung eines HKE-lers, die insofern typisch ist, dass sie spirituell unbeleckt ist. L. hat keinen Plan, warum christlicher Glaube diese Fortsetzung sein könnte, weil er diesen Plan innerhalb der HKE nicht finden kann.

4) "Jesus hat sich stets ausschließlich als Jude verstanden." - Natürlich hat er das - er war Jude. - Erst seine Nachfolger waren Christen.

5) "Es geht nicht darum, ob Jesus der Sohn Gottes war, sondern um das Bekenntnis, dass er der Sohn Gottes ist.". - Das habe ich bisher interpretiert als Gegenüberstellung von methodischem Ergebnis und privater Meinung, um Lindemann zu verteidigen - aber ich müsste mehr von ihm wissen, um dies aufrechterhalten zu können.

sven23 hat geschrieben:
Sa 23. Mär 2019, 07:21
Jetzt kommt wieder der Dunning-Kruger hervor.
Wenn Du wüsstest, welche professionell klingenden Menschen "Dunning Kruger" sind, würdest Du erblassen. System-Loyalität ohne Blick darüber hinaus ist die Mutter von Dunning Kruger. :)

sven23 hat geschrieben:
Sa 23. Mär 2019, 07:21
Das Grundproblem von closs ist nach wie vor: er kann die unterschiedlichen Ebenen von wissenschaftlicher Vorgehensweise und Gaubensideolgie nicht trennen.
Sven-Irrtum 1: Es geht hier um unterschiedliche Vorannahmen. - Dass Sven andere und sich verführt, die einen Annahmen als "ideologisch" und die anderen als "wissenschaftlich" zu verstehen, ist unredlich und inakzeptabel.

sven23 hat geschrieben:
Sa 23. Mär 2019, 07:21
Deshalb fordert er für glaubensbasierete Exegesen wie die kanonische Exegese den wissenschaftlichen TÜV-Stempel und meint, damit könne man doch den historischen Jesus (den "typischen" Jesus) geistig besser ermitteln, als mit historischer Forschung.
Richtig. - Den geistig-spirituellen Jesus vor 2000 Jahren kann man nur mit geistig-spirituellen Vorannahmen erfassen. - Natürlich kann man geistig-spirituelle Dinge von außen analysierend notieren - aber substantiell erfassen kann man sie nicht.

sven23 hat geschrieben:
Sa 23. Mär 2019, 07:21
Und wenn die Forschung Aussagen zu Jesu Verkündigung macht, (z. B. Naherwartung), dann bezeichnet er das als "Übergriffigkeit".
Sven-Irrtum 2: Die Forschung macht ja Aussagen dazu, aber es kommt auf deren Vorannahmen an, ob diese übergriffig sind - eine HKE hat andere Vorannahmen als meinetwegen die biblisch-kritische Exegese.

Davon abgesehen kann JEDER Forschungs-Zweig Aussagen machen, solange sie im Rahmen seiner Vorannahmen ist. - Die HKE kann diesbezüglich problemlos zitieren, welche Auffassungen es dazu damals gab - aber sie darf sich nicht in die geistige Befindlichkeit von JEsus selbst einmischen.

sven23 hat geschrieben:
Sa 23. Mär 2019, 07:21
So bastelt er sich sein glaubensideologisches Weltbild zusammen.
Sven-Irrtum 3: Das ist nicht von MIR gebastelt-
Sven-Irrtum 4: Es ist nicht ideologisch. - Ideologisch wäre es, wenn es sich seiner Vorannahmen nicht bewusst wäre, also nicht sagen könnte: "Unter folgenden Bedingungen ist folgende ... Aussage plausibel", sondern vielmehr sagen würde "Nur WIR haben recht, weil wir keine Vorannahmen, wir sagen nur, was Fakt ist". - Na, erinnert Dich das an was? - Na? - Na?

Was Du "glaubensideologisches Weltbild" nennst, heißt "draußen" übrigens "großkirchliche Theologie".

sven23 hat geschrieben:
Sa 23. Mär 2019, 07:21
Was man nicht darf, ist, dies auch noch als wissenschaftliches Vorgehen zu verkaufen. Dagegen wehre ich mich.
Das hat mit Grundlagen zu tun, die aber leicht klärbar sind: Was ist Wissenschaft/was ist Universität?

Setzt sich meine Auffassung durch, bleibt es so, wie es ist. - Setzt sich Deine Auffassung durch, wird entweder Geisteswissenschaft total ent-geistet und/oder die Universität teilt sich auf in einen MINT-methodisch orientierten Teil und einen humboldtisch geprägten Teil. - "Wissenschaft" werden sie sich nach wie vor beide nennen, aber man kann dann sicherlich ein unterscheidendes Zuwort finden. - Aber immer wieder: Was soll das?

Es ist doch nicht so, dass die Unis der letzten Jahrhunderte in den Geisteswissenschaften gepennt haben, sondern vielmehr aus der MINT-Ecke neue Auffassungen zu Wissenschaft und Uni gekommen sind. - Ich habe gerade noch in einer Zeit Abitur gemacht, als man die einen an eine Hochschule für angewandte Wissenschaften und die anderen an die "Voll-Uni" (so hieß das damals) geschickt hat. - Inzwischen hat sich das Blatt gewendet und die alten Hausherrn sollen zumindest teilweise rausgeworfen werden.

Das wird natürlich nicht gelingen. - Aber was soll das?

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#788 Re: Was versteht Ihr unter "Wirklichkeit"?

Beitrag von Thaddäus » Sa 23. Mär 2019, 10:31

Claymore hat geschrieben:
Sa 23. Mär 2019, 00:04
Mmh… wie und wo existieren denn beispielsweise die natürlichen Zahlen? Denkst du da an etwas wie die Ideen von Platon?
Zahlen existieren in der Wirklichkeit, immer schon. Sie gehören zu dem Teil der Wirklichkeit, den wir mit unserem Denksinn erfassen können.
Das zumindest ist die Ansicht des Bonner Philosophen Markus Gabriel, dessen Erkenntnistheorie und Ontologie ich augenblicklich für die einleuchtendste und klügste halte.
Natürlich ist das ontologische Problem, was Wirklichkeit ist und wovon wir genau sprechen, wenn wir feststellen, dass etwas "existiert" weitaus komplexer und man muss sehr viel erläutern, will man die gabrielschen Überlegungen zum Thema zusammenhängend-verständlich ausbreiten. Aber der "Neue Realismus" oder "Neutrale Realismus", wie man ihn nennt, gehört zum Spannendsten und Interessantesten, womit man sich philosophisch gerade beschäftigen kann.

Das Grundproblem ist ein fest in unserer Gedankenwelt eingegrabener Irrtum, an dem maßgeblich Platon bzw. eher seine Rezeption in der Philosophiegeschichte Schuld ist. Der Gedanke nämlich, es gäbe einerseits die Welt der materiellen Dinge, die "wirklich" und "real" existieren und andererseits eine spukhafte geistige Welt der immateriellen Dinge wie Zahlen, fiktive Personen und Gegenstände wie Harry Potter, Pegasus oder Sherlock Holmes Pfeife, die irgendwie etwas weniger wirklich und real sind, als die Dinge, an denen man sich den Kopf stoßen oder über die man stolpern kann.

Wenn man aber auf einer Hacienda in einen Pferdestall mit 5 Pferden kommt, dann sind da von Anfang an nicht nur der Stall, Boxen, Heu und 5 spezielle Ansammlungen von Atomen, die Pferde ergeben, sondern auch die Größenverhältnisse der Pferde zueinander, ihre unterschiedlichen Färbungen, ihre unterschiedlichen Charaktere und auch die Tatsache, dass es 5 sind, was wir mit dem Zahlzeichen "5" oder deutsch ausgeschrieben mit "fünf" wiedergeben. Dazu benötigen wir keinen speziellen platonischen Himmel, in dem unter anderem die Zahl 5 herumschwebt, die wir dann wie ein Etikett erhaschen. Das ist ja auch ein alberner Gedanke.
Es gehört schlicht zur Wirklichkeit, dass da 2 braune, 1 schwarzes und 2 weiß-gefleckte Pferde stehen. Nur deshalb können wir anfangen zu rechnen, wieviele Pferde noch in den Boxen sind, wenn ich die beiden braunen auf die Wiese führe.

Der Physiker interessiert sich vermutlich für die Atome, aus denen die Tiere letztlich bestehen. Der Tierarzt für etwaige Krankheiten, der Schmied für die Hufe und die Eisen, ein Maler, für die friedliche Stimmung im Stall und und und. Es ist alles immer schon da. Nur in unterschiedlichen Sinnfeldern, die unterschiedliche Zugänge zur Wirklichkeit ermöglichen.

Pluto
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#789 Re: Was versteht Ihr unter "Wirklichkeit"?

Beitrag von Pluto » Sa 23. Mär 2019, 11:11

closs hat geschrieben:
Sa 23. Mär 2019, 10:24
sven23 hat geschrieben:
Sa 23. Mär 2019, 07:07
Nein, da besteht ein Riesenunterschied. Glaubensbekenntnisse sind in der historischen Forschung ein Ausschlsskriterium.
Bei Deinem Wissenschafts-Verständnis sind die Vorannahmen der HKE ein Ausschlusskritierium - was soll das?
Eben nicht, weil es in der HKE keine Vorannahen bezüglich einer Gottheit gibt.

closs hat geschrieben:Die historisch-kritische Forschung hat für die äußere Legitimation Jesu (Leben, Orte, Rezeptionen, Wirkungen, etc.) zu sprechen - die theologische Forschung spricht für die innere Legitimation (geistig-spirituelle Substanz).
Was ist das Substantielle an der Spiritualität?

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:
Sa 23. Mär 2019, 07:07
Hast du wenigstens verstanden, warum das Vorgehen der Kanoniker zirkelreferent ist?
Nee - auf dieses Niveau wirst Du mich NIE runterkriegen. - Denn dann müsste ich auch die HKE opfern, von der ich mehr halte, als es hier klingt.
Die Kanonik, wie du sie darstellst, muss zirkelreferent sein. Sie arbeitet nach dem GIGO Prinziip: Spiritualität rein, und spirituelle Ergebnisse raus.

closs hat geschrieben:Dass man im Großen und Ganzen unter geistig-spirituellen Gesichtspunkten auf das kommen kann, was die RKK vertritt.
(siehe oben) Was ist Spiritualität? Was ist das Substantielle daran?

sven23 hat geschrieben:
Sa 23. Mär 2019, 07:07
Die Forschung deckt alle biblischen Texte ab. Das ist doch gerade ihre Stärke.
Uneingeschränktz lonbens wert - aber das hat nichts mit den Einschränkungen geistig-spiritueller Urteilskraft aufgrund der Vorannahmen zu tun - es ändert nichts daran.

closs hat geschrieben:Es geht nicht darum, ob Jesus der Sohn Gottes war, sondern um das Bekenntnis, dass er der Sohn Gottes ist.
Vielleicht, aber mit welcher Arroganz nimmst du das an?

closs hat geschrieben:Wenn Du wüsstest, welche professionell klingenden Menschen "Dunning Kruger" sind, würdest Du erblassen.
Nenne drei davon!

closs hat geschrieben:Es geht hier um unterschiedliche Vorannahmen. - Dass Sven andere und sich verführt, die einen Annahmen als "ideologisch" und die anderen als "wissenschaftlich" zu verstehen, ist unredlich und inakzeptabel.
Ist es nicht arrogant reine Vermutungen als Vorannahmen zu setzen?

sven23 hat geschrieben:
Sa 23. Mär 2019, 07:21
Deshalb fordert er für glaubensbasierete Exegesen wie die kanonische Exegese den wissenschaftlichen TÜV-Stempel und meint, damit könne man doch den historischen Jesus (den "typischen" Jesus) geistig besser ermitteln, als mit historischer Forschung.
Richtig. - Den geistig-spirituellen Jesus vor 2000 Jahren kann man nur mit geistig-spirituellen Vorannahmen erfassen. - Natürlich kann man geistig-spirituelle Dinge von außen analysierend notieren - aber substantiell erfassen kann man sie nicht.

closs hat geschrieben:Was Du "glaubensideologisches Weltbild" nennst, heißt "draußen" übrigens "großkirchliche Theologie".
Auch die "großkirchliche Theologie" bleibt aber glaubensideologisch.

closs hat geschrieben:Setzt sich meine Auffassung durch, bleibt es so, wie es ist. - Setzt sich Deine Auffassung durch, wird entweder Geisteswissenschaft total ent-geistet und/oder die Universität teilt sich auf in einen MINT-methodisch orientierten Teil und einen humboldtisch geprägten Teil. - "Wissenschaft" werden sie sich nach wie vor beide nennen, aber man kann dann sicherlich ein unterscheidendes Zuwort finden. - Aber immer wieder: Was soll das?

Es ist doch nicht so, dass die Unis der letzten Jahrhunderte in den Geisteswissenschaften gepennt haben, sondern vielmehr aus der MINT-Ecke neue Auffassungen zu Wissenschaft und Uni gekommen sind. - Ich habe gerade noch in einer Zeit Abitur gemacht, als man die einen an eine Hochschule für angewandte Wissenschaften und die anderen an die "Voll-Uni" (so hieß das damals) geschickt hat. - Inzwischen hat sich das Blatt gewendet und die alten Hausherrn sollen zumindest teilweise rausgeworfen werden.

Das wird natürlich nicht gelingen. - Aber was soll das?
Was das soll?? Es würde die Wissenschaften von spirituellem Humbug befreien.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

SilverBullet
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#790 Re: Was versteht Ihr unter "Wirklichkeit"?

Beitrag von SilverBullet » Sa 23. Mär 2019, 12:25

“Thaddäus“ hat geschrieben:Zahlen existieren in der Wirklichkeit, immer schon. Sie gehören zu dem Teil der Wirklichkeit, den wir mit unserem Denksinn erfassen können.
Das zumindest ist die Ansicht des Bonner Philosophen Markus Gabriel, dessen Erkenntnistheorie und Ontologie ich augenblicklich für die einleuchtendste und klügste halte.
Du selbst kannst also nichts beitragen, sondern zauberst mal wieder „Markus Gabriel“ aus der Tasche.

Das ist wieder einmal die Bestätigung, dass es nicht sinnvoll ist, sich im Internet eine Legende zuzulegen.

“Thaddäus“ hat geschrieben:Das Grundproblem ist ein fest in unserer Gedankenwelt eingegrabener Irrtum, an dem maßgeblich Platon bzw. eher seine Rezeption in der Philosophiegeschichte Schuld ist.
Nö, viel einfacher, in der Philosophie gibt es keine Möglichkeit das Rätsel rund um „Bedeutung“ zu lösen.

Vor diesem Hintergrund, ist der Versuch von „Gabriel“ immer noch sehr nahe an „Platon“ dran. „Bedeutung“ soll etwas Existierendes sein und der Mensch soll einen sechsten Sinn haben, mit dem er auf diese Existenzen reagiert.

1.
Den Titel „Wahrnehmungssinn“ kann man nicht einfach nach Lust und Laune vergeben, sondern es müssen zelluläre Grundlagen vorhanden sein (spezielle Sinneszellen, und eine Integration der nervösen Aktivität z.B. in die anderen Sinnesaktivitäten).
Zu diesen Grundlagen wird „Gabriel“ wohl kaum etwas verlauten lassen.

2.
Wahrnehmung ist nicht das, was wahrgenommen wird, sondern es ist die Reaktion darauf.
Es ist sonderbar, mit welcher Hartnäckigkeit gegen diese simple Regel verstossen wird (vor allem aus Philosophenkreisen).
Bringt man „Bedeutung“ in Form einer unbekannten Existenz ins Spiel, dann mag das im ersten Moment toll aussehen, aber es löst rein gar nichts, denn damit diese Existenz in der Wahrnehmung eine Rolle spielen kann, muss sie in eine Reaktion umgesetzt werden, wodurch man wieder vor demselben Problem steht – da kann man sich die „Bedeutungsexistenzen“ auch gleich sparen.

3.
Bei der Verlagerung von „Bedeutung“ auf Existenzen („Gabriel“ nennt es „Sinnzusammenhänge“ in „Sinnfeldern“) stellt sich die Frage, was letztlich noch in der Wahrnehmung des Menschen stattfinden soll, denn in dieser Phantasiewelt kann man auch gleich sämtliche Zusammenhänge als „ausserhalb des Menschen existierend“ erfinden. Dass „Gabriel“ von einem „Denksinn“ spricht, ist wohl einzig dem Umstand zu verdanken, dass es das Gehirn gibt und dies die Philosophen vor die unangenehme Aufgabe stellt, irgendeinen Wahrnehmungsvorgang im Körper ablaufen lassen zu müssen.

4.
Neben den „Sinnfeldern“ müssten dann ja auch noch diese vielen kleinen „Unsinnfelder“ existieren. Ein Umfang, der weitaus grösser sein dürfte, als der von „Sinnfeldern“.
Was haben die Menschen doch für ein enormes Glück, dass sie nicht nur über „Unsinnfelder“ stolpern…

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