Was versteht Ihr unter "Wirklichkeit"?

Philosophisches zum Nachdenken
Mirjam
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#111 Re: Was versteht Ihr unter "Wirklichkeit"?

Beitrag von Mirjam » Di 12. Feb 2019, 23:46

Guten Abend,

Zur Threadfrage erst einmal die Begriffsklärung: unter dem Begriff "Wirklichkeit" im Sinne der hier stattfindenden Diskussion verstehe ich "Sein" oder "Existenz". Denn eigentlich wird hier gerade Ontologie diskutiert, oder nicht?

Ruth hat geschrieben:
Fr 8. Feb 2019, 09:56
closs hat geschrieben:
Do 7. Feb 2019, 22:23
Nimm mal Deinen Nächsten: Was ist seine Wirklichkeit? - Das, was Du an ihm erkennst? - Das, was er selbst an sich erkennt? - Oder ist Wirklichkeit was anderes?

Die Quelle oder die Wurzel der sichtbaren Wirklichkeit ist die wirkliche Wirklichkeit - also das, woraus die wahrnehmbare Wirklichkeit entsteht.

liebe Ruth, lieber Closs, widersprecht mir bitte, wenn ich hier zu viel hinein interpretiere...
Aber argumentiert ihr nicht im Prinzip, dass:
- die scheinbar klare und messbare physische Welt letztlich gar nicht objektiv messbar ist, da wir stets in unserer fehlbaren, subjektiven Wahrnehmung verhaftet bleiben
- die materielle Ebene der Existenz ("sichtbare Wirklichkeit") aus einer immateriellen Quelle hervorgeht
- diese Quelle transzendent ist, göttlich, irgendwie auf einer höheren Ebene liegend
- wenn die materielle Ebene also nur die Manifestation, der Ausfluss oder das Abbild einer dahinter liegenden Quelle ist, dann muss diese transzendente Quelle irgendwie noch "wirklicher" sein.

Könnte man dann weiter denken: die von Menschen wahrnehmbare Wirklichkeit ist nur ein subjektiv geprägtes Abbild. Dahinter liegen als Ursache und Quelle die idealen, transzendenten Ideen oder Konzepte, welche wiederum aus einem einzigen, allumfassenden Urquell entspringen, dieser Urquell ist Gott.

Wenn ihr dem soweit folgen könnt, dann stimme ich euch zu: euer Denken ist ein wenig altmodisch, es entspricht nicht dem aktuellen Zeitgeist.
Die Ursprünge würde ich allerdings nicht in der Generation eurer Großeltern oder Urgroßeltern suchen, da müssen noch ein paar mehr "ur" davor. ;)

Das von mir oben grob umrissene Weltbild nennt sich "platonisch". Anfänge des Konzepts finden sich in Platons berühmten Höhlengleichnis, weiter entwickelt wurde es durch die spätantike platonische Schule (Plotin, Porphyrios, Iamblichus etc. - man nennt das gerne "Neuplatonismus", selbst haben sie sich aber einfach nur Platoniker genannt)
Die mittelalterliche Welt rund ums Mittelmeer hat das platonische Weltbild in weiten Teilen übernommen, und zwar in allen drei abrahamitischen Religionen (trotz der heidnischen Wurzeln.) Bei den Juden findet es sich in der Kabbalah, bei den Christen hielt es über Boethius und Augustinus Einzug, bei den Muslimen z.B. über al-Farabi.
Ihr seid also in guter und zahlreicher Gesellschaft.


liebe Grüße

Mirjam

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Münek
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#112 Re: Was versteht Ihr unter "Wirklichkeit"?

Beitrag von Münek » Mi 13. Feb 2019, 02:14

closs hat geschrieben:
So 10. Feb 2019, 20:33
sven23 hat geschrieben:
So 10. Feb 2019, 12:33
du behauptest ja die Existenz von etwas, was nicht nachweisbar ist, bzw. prinzipiell nicht nachweisbar sein soll.
Bestens begründbar, für viele sogar spürbar, aber nicht nachweisbar - richtig.
Tja - und das wars dann auch schon. Keine Beweise, keine Indizien - keine Plausibilität, keine Evidenz. Da ist kein Fleisch am Knochen.
Des Kaisers neue Kleider. Das heißt: Nichts. Übrigens: Begründen kann man jeden Nonsens. "Begründung" ist kein Qualitätskriterium.


"Spürbar" gewiss. Alles ist spürbar, was mit Emotionen zusammenhängt. Aus dem "Spüren" auf objektive Realität von Glaubensvorstellungen zu schließen, halte ich für äußerst gewagt. Der Gedanke an die Irrationalität von Wunschträumen wie z.B. vom ewigen Leben liegt hier weitaus näher.

closs hat geschrieben:Deshalb sagt man nicht "Wissen" (das sagt man, wenn wissenschaftlich ein ergebnis mit einem Modell übereinstimmt), sondern "Glauben".
Siehste. Und schon geht es wieder abwärts - denn GLAUBEN kann man eben (an) alles. Der BELIEBIGKEIT von Glaubensannahmen jeglicher Art verbunden mit dem Gefühl ihrer Realität sind hier Tür und Tor geöffnet (siehe Esoterik und Aberglauben und Religionen und ...).

Sorry - was Du hier zum Besten gibst, hat weder Hand noch Fuß.

closs
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#113 Re: Was versteht Ihr unter "Wirklichkeit"?

Beitrag von closs » Mi 13. Feb 2019, 06:49

Münek hat geschrieben:
Mi 13. Feb 2019, 02:14
Tja - und das wars dann auch schon. Keine Beweise
Du verkennst nach wie vor, dass "Beweise" inner-methodische Größen sind, also nur innerhalb der Möglichkeiten der Wissenschaft stattfinden können. - Geistige Fragestellungen sind aber weit größer als das.

Münek hat geschrieben:
Mi 13. Feb 2019, 02:14
keine Indizien - keine Plausibilität, keine Evidenz.
Das ist falsch. - Es gibt indizien, Plausibilität und Evidenz zuhauf - aber halt nicht innerhalb des (kleinen) wissenschaftlichen Rahmens.

Münek hat geschrieben:
Mi 13. Feb 2019, 02:14
closs hat geschrieben:
Deshalb sagt man nicht "Wissen" (das sagt man, wenn wissenschaftlich ein ergebnis mit einem Modell übereinstimmt), sondern "Glauben".

Siehste. Und schon geht es wieder abwärts
Nein - aufwärts. - Für Dich ist es ein Absturz, wenn der kleine Rahmen der Wissenschaft verlassen werden muss. - Grundlegender Denkfehler.

closs
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#114 Re: Was versteht Ihr unter "Wirklichkeit"?

Beitrag von closs » Mi 13. Feb 2019, 07:05

Mirjam hat geschrieben:
Di 12. Feb 2019, 23:46
Aber argumentiert ihr nicht im Prinzip, dass:
- die scheinbar klare und messbare physische Welt letztlich gar nicht objektiv messbar ist, da wir stets in unserer fehlbaren, subjektiven Wahrnehmung verhaftet bleiben
"Klein" ja, "objektiv" trotzdem insofern, dass das Gemessene im Sinne des Verfahrens objektiv gemessen wurde. - Einschränkung: Wenn man QM-Erkenntnisse miteinbezieht, wonach das Gemessene durch das Messende beeinflusst wird, gibt es in der Tat kein "objektiv".

Mirjam hat geschrieben:
Di 12. Feb 2019, 23:46
- die materielle Ebene der Existenz ("sichtbare Wirklichkeit") aus einer immateriellen Quelle hervorgeht
Aus meiner Sicht ist das so, soll aber hier (zunächst) nicht die Frage sein, sondern "Was ist gemeint, wenn person x,y,z das Wort 'Wirklichkeit' in den Mund nimmt?".

Mirjam hat geschrieben:
Di 12. Feb 2019, 23:46
unter dem Begriff "Wirklichkeit" im Sinne der hier stattfindenden Diskussion verstehe ich "Sein" oder "Existenz". Denn eigentlich wird hier gerade Ontologie diskutiert, oder nicht?
Hehe - der ontologische Naturalismus versteht unter "Ontologie" so in etwa das Gegenteil dessen, was die Platon-Linie darunter versteht. - Man müsste also inzwischen fragen: Was versteht "man" unter Sein, Existenz, Ontologie?

NB: Inhaltlich bin ich ganz Deiner Meinung, soweit ich Deine Schwingungen richtig interpretiere.

Mirjam hat geschrieben:
Di 12. Feb 2019, 23:46
Die mittelalterliche Welt rund ums Mittelmeer hat das platonische Weltbild in weiten Teilen übernommen, und zwar in allen drei abrahamitischen Religionen
Ich glaube nicht, dass Platon hier etwas erfunden hat, sonder ge-funden hat, somit die abrahamitischen Religionen es nicht von Platon übernommen haben, sondern dasselbe gefunden haben.

Mirjam hat geschrieben:
Di 12. Feb 2019, 23:46
Wenn ihr dem soweit folgen könnt, dann stimme ich euch zu: euer Denken ist ein wenig altmodisch, es entspricht nicht dem aktuellen Zeitgeist.
Richtig. - Entscheidend ist die Frage: Welche Auffassung ist näher an der Wahrheit? Ist das moderne Denken (qualitativer) Fortschritt oder Rückschritt?

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#115 Re: Was versteht Ihr unter "Wirklichkeit"?

Beitrag von Scrypton » Mi 13. Feb 2019, 10:38

closs hat geschrieben:
Mi 13. Feb 2019, 06:49
Münek hat geschrieben:
Mi 13. Feb 2019, 02:14
Tja - und das wars dann auch schon. Keine Beweise
Du verkennst nach wie vor, dass "Beweise" inner-methodische Größen sind
Du verkennst nach wie vor dass es den Begriff "inner-methodisch" nicht gibt.
Du verkennst, dass ein Beweis - so er denn gegeben ist - stets auf die Wirklichkeit Bezug findet und das darlegt, was tatsächlich der Fall ist.

closs hat geschrieben:
Mi 13. Feb 2019, 06:49
Geistige Fragestellungen sind aber weit größer als das.
"Geistige Fragestellungen" können naturwissenschaftlich auch "inner-methodisch" nicht gelöst oder behandelt werden.
So ist die Frage, ob Globuli wirken (um ein Beispiel zu nennen) keine geistige Frage, sondern eine medizinische/psychologische/biologische.

closs hat geschrieben:
Mi 13. Feb 2019, 06:49
Münek hat geschrieben:
Mi 13. Feb 2019, 02:14
keine Indizien - keine Plausibilität, keine Evidenz.
Es gibt indizien, Plausibilität und Evidenz zuhauf
Falsch; tatsächlich gibt es nichts davon.
Du behauptest zwar gerne das Gegenteil weil dir die Wahrheit nicht schmeckt, doch kommst du aufgrund der Tatsache, dass dem dennoch so ist, nie über eine Behauptung hinaus.
Niedlich zwar, aber eben auch bedeutungslos.

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#116 Re: Was versteht Ihr unter "Wirklichkeit"?

Beitrag von closs » Mi 13. Feb 2019, 18:13

Stromberg hat geschrieben:
Mi 13. Feb 2019, 10:38
"Geistige Fragestellungen" können naturwissenschaftlich auch "inner-methodisch" nicht gelöst oder behandelt werden.
richtig - weil sie den "Sandkasten" wissenschafts-methodischer Modelle überschreiten.

Stromberg hat geschrieben:
Mi 13. Feb 2019, 10:38
Falsch; tatsächlich gibt es nichts davon. Du behauptest zwar gerne das Gegenteil weil dir die Wahrheit nicht schmeckt
Stichwort "Sandkasten": Ob etwas plausibel ist oder nicht oder rational oder nicht oder aufgeklärt oder nicht, ist abhängig vom hermeneutischern Grundwissen und dessen Begründung.

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#117 Re: Was versteht Ihr unter "Wirklichkeit"?

Beitrag von Scrypton » Mi 13. Feb 2019, 19:17

closs hat geschrieben:
Mi 13. Feb 2019, 18:13
Stromberg hat geschrieben:
Mi 13. Feb 2019, 10:38
"Geistige Fragestellungen" können naturwissenschaftlich auch "inner-methodisch" nicht gelöst oder behandelt werden.
richtig - weil sie den "Sandkasten" wissenschafts-methodischer Modelle überschreiten.
Exakt; es müsste dann nämlich auf Methoden zurückgegriffen werden, die auf austauschbaren Dogmen basieren - je nach religiöser Ausrichtung. Nicht von Bedeutung und auch keine Alternative betreffend der Forschung dahingehend, wie die Welt eben ist.

closs hat geschrieben:
Mi 13. Feb 2019, 18:13
Stromberg hat geschrieben:
Mi 13. Feb 2019, 10:38
Falsch; tatsächlich gibt es nichts davon. Du behauptest zwar gerne das Gegenteil weil dir die Wahrheit nicht schmeckt
Stichwort "Sandkasten
Stichwort >Ausreden<. :lol:
Denn natürlich hast du den Satz einfach abgeschnitten, wie du es immer tust. Vollständig war meine Aussage nämlich:
Du behauptest zwar gerne das Gegenteil weil dir die Wahrheit nicht schmeckt, doch kommst du aufgrund der Tatsache, dass dem dennoch so ist, nie über eine Behauptung hinaus.

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#118 Re: Was versteht Ihr unter "Wirklichkeit"?

Beitrag von closs » Mi 13. Feb 2019, 22:36

Stromberg hat geschrieben:
Mi 13. Feb 2019, 19:17
Denn natürlich hast du den Satz einfach abgeschnitten
Weil Dein Nachsatz eh richtig ist: Glaube ist immer (universale) Behauptung und nie (inner-methodischer Modell-) Nachweis.

Stromberg hat geschrieben:
Mi 13. Feb 2019, 19:17
Nicht von Bedeutung und auch keine Alternative betreffend der Forschung dahingehend, wie die Welt eben ist.
In der tat keine Alternative, aber natürlich von Bedeutung. - Dein "wie die Welt eben ist" ist eine zirkelschlüssige Aussage, weil Du damit nur das meinst, was Deine Methodik von der Welt freigibt.

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#119 Re: Was versteht Ihr unter "Wirklichkeit"?

Beitrag von Scrypton » Do 14. Feb 2019, 11:01

closs hat geschrieben:
Mi 13. Feb 2019, 22:36
Stromberg hat geschrieben:
Mi 13. Feb 2019, 19:17
Denn natürlich hast du den Satz einfach abgeschnitten
Weil Dein Nachsatz eh richtig ist
Meine vollständige Aussage ist:
Für deine Glaubensinhalte gibt es keinerlei Indizien oder plausible Begründungen vorzulegen - und auch wenn du gerne das Gegenteil behauptest kommst du nicht umhin, dass es stehts bei einer Behauptung bleibst; beides kann von dir nicht geliefert werden, so oft du es auch behauptet haben willst...
:lol:

closs hat geschrieben:
Mi 13. Feb 2019, 22:36
Stromberg hat geschrieben:
Mi 13. Feb 2019, 19:17
Nicht von Bedeutung und auch keine Alternative betreffend der Forschung dahingehend, wie die Welt eben ist.
In der tat keine Alternative
Und >deshalb< auch nicht von Bedeutung.

closs hat geschrieben:
Mi 13. Feb 2019, 22:36
Dein "wie die Welt eben ist" ist eine zirkelschlüssige Aussage
Mit nichten.
Es ist eben so, wie es ist; und das auch dann, wenn dir das Ergebnis nicht schmeckt. So wie bei den Globulis. :0)

closs
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#120 Re: Was versteht Ihr unter "Wirklichkeit"?

Beitrag von closs » Do 14. Feb 2019, 15:14

Stromberg hat geschrieben:
Do 14. Feb 2019, 11:01
Meine vollständige Aussage ist: ...
Das ändert nichts an dem, was ich sage.

Stromberg hat geschrieben:
Do 14. Feb 2019, 11:01
Es ist eben so, wie es ist
Hahaha - und das soll NICHT zirkelschlüssig sein? :lol: :lol: :lol:

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