Was versteht Ihr unter "Wirklichkeit"?

Philosophisches zum Nachdenken
Claymore
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#831 Re: Was versteht Ihr unter "Wirklichkeit"?

Beitrag von Claymore » So 24. Mär 2019, 19:49

closs hat geschrieben:
So 24. Mär 2019, 14:36
Claymore hat geschrieben:
So 24. Mär 2019, 14:08
bis jetzt hat man noch für keinen dieser Brückenschläge eine stringente logische Rechtfertigung liefern können – aber dennoch sind sie doch Teil unserer Vernunft.
Würde ich genauso sehen - aber meines Wissens bezeichnet man heute nur DAS als Vernunft, was falsifizierbar ist - oder habe ich mich da verhört?
Ach ja dazu noch: Nein. Schau dir die Beispiele doch an.
Claymore hat geschrieben:
So 24. Mär 2019, 14:08
Der normale Mensch macht die üblichen “Brückenschläge” (a) von subjektiven Wahrnehmungen zu Aussagen über Dinge der Außenwelt; (b) von Beobachtungen in der Gegenwart zu Aussagen über die Vergangenheit oder Zukunft; (c) von einzelnen Beobachtungen (oder wissenschaftlichen Experimenten) zu allgemeingültigen Aussagen; (d) von Äußerungen von Menschen zu Aussagen über ihr Denken und Fühlen; (e) von Analysen über Auswirkungen für betroffene Menschen, deren Sorgen und Nöte zu ethischen Aussagen; (f) von formalen Beweisen zu mathematischen Aussagen; usw. –
Das gilt heute ganz genauso als vernünftig. Der Reihe nach:
  1. das offensichtliche um nicht zwangseingewiesen zu werden
  2. Geschichte (im allerweitesten Sinn)
  3. Naturwissenschaften bzw. empirische Wissenschaften
  4. Geisteswissenschaften
  5. Ethik, politische Philosophie
  6. Mathematik.
Ja, man sieht es z. B. – um mal Punk (e) herzunehmen – als vernünftig an, dass man eine Frau nicht mehr auf dem Scheiterhaufen verbrennen sollte, weil sie Männerkleidung trug (wie mit Jeanne d’Arc geschehen). Das ist aber definitiv nicht empirisch falsifizierbar.

Das zivilisatorischen Fortschritt zu nennen, wirst du jedoch sicher als reinste Hybris abtun.

closs
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#832 Re: Was versteht Ihr unter "Wirklichkeit"?

Beitrag von closs » So 24. Mär 2019, 19:53

sven23 hat geschrieben:
So 24. Mär 2019, 16:54
Die Naherwartung ergibt sich nicht nur aus den Texquellen, sondern auch aus dem Umstand, dass sie sich schon bei Abfassung der Evangelien als Irrtum erwiesen hat. Sie hätte schwerlich erfunden werden können.
Ein gutes Beispiel dafür, dass hermeneutische Zirkel außer Kontrolle geraten können.

sven23 hat geschrieben:
So 24. Mär 2019, 16:54
Er vertritt die Forschungsergebnisse nicht exklusiv, sondern in weitgehender Übereinstimmung mit der Forschung.
Nein - er vertritt ausschließlich die HKE-Forschung - er sollte darüber hinausschauen (nebenbei: Er ist Priester und tut das sicherlich auf - siehe Vorwort).

sven23 hat geschrieben:
So 24. Mär 2019, 16:54
Nee, muss er nicht, denn dass Jesus ein Mensch war, und kein Klingone, bezweifelt ja niemand.
"NUR" Mensch - darum geht es. - Du ignorierst nachhaltig das Wesentliche, um nicht in Probleme zu kommen.

sven23 hat geschrieben:
So 24. Mär 2019, 16:54
Es gibt keine "historisch gut begründbare Möglichkeiten" einen Menschen zu vergotten.
Das probiert auch keiner. - Hier geht es darum, dass Quellen nahelegen, dass Jesus historisch göttlich gewesen sein KÖNNTE. - Natürlich kann man dies als Forschender negieren, indem man Vorannahmen installiert, die dies ausschließen - aber das sind dann halt - naja - Vorannahmen.

sven23 hat geschrieben:
So 24. Mär 2019, 16:54
Außer den Textquellen haben wir ja nichts.
Richtig - um so wichtiger ist, dass man sie mit verschiedenen Hermeneutiken durchspielt: Was bedeuten sie aus
a) naturalistischer,
b) spiritueller,
c) ...
Sicht.

sven23 hat geschrieben:
So 24. Mär 2019, 16:54
closs hat geschrieben: ↑
So 24. Mär 2019, 17:06
- Man wird sicherlich überall Sätze finden, die sich im großen Kontext zusammenfügen lassen und ein Ganzes bilden . oder nicht?

Ja, aber nur nach der Steinbruchmethode und die ist unwissenschaftlich.
Redlicherweise kannst Du das nicht wissen - Dein Vorgehen geht nur dann, wenn man eigene Vorannahmen verschweigt (oder zu blöde ist, sie zu erkennen) und sich somit unter Ausschluß der Öffentlichkeit eine wissenschaftliche Alleinstellung zuschranzt. Da macht "die Welt draußen" nicht mit - mit solchen
introvertierten Manövern.

sven23 hat geschrieben:
So 24. Mär 2019, 18:32
Mit meinen Aussagen hat das nichts zu tun.
Natürlich meinst Du es so nicht - aber Du sagst es halt so.

sven23 hat geschrieben:
So 24. Mär 2019, 18:32
Wer will das bestimmen? Der Laie closs?
Nee, das wäre zuviel der Ehre - eher die Laien aus der Theologie.

sven23 hat geschrieben:
So 24. Mär 2019, 18:32
Und die Apogryphen wurden deshalb nicht in den biblischen Kanon aufgenommen, weil sie nicht für das stehen, was die RKK vertritt.
So einfach ist das nicht - die Apogryphen werden auch in der Theologie geschätzt.

sven23 hat geschrieben:
So 24. Mär 2019, 18:32
closs hat geschrieben: ↑
Sa 23. Mär 2019, 11:24

sven23 hat geschrieben: ↑
Sa 23. Mär 2019, 08:07
Die Forschung deckt alle biblischen Texte ab. Das ist doch gerade ihre Stärke.

Uneingeschränktz lonbens wert - aber das hat nichts mit den Einschränkungen geistig-spiritueller Urteilskraft aufgrund der Vorannahmen zu tun - es ändert nichts daran.

Sagte der glaubensideologische Fachliteraturverweigerer closs.
Genau das steht NICHT in der Fachliteratur - das gehört wieder mal zu den verhassten Grundlagen.

sven23 hat geschrieben:
So 24. Mär 2019, 18:32
closs hat geschrieben: ↑
Sa 23. Mär 2019, 11:24

sven23 hat geschrieben: ↑
Sa 23. Mär 2019, 08:21
Genau das tut die Forschung doch

Aber doch nicht die HKE-Forschung. - Das DARF sie bei ihren Vorannahmen doch gar nicht können.

Wer sagt das?
Wie stellst Du Dir das vor, wenn man Spirituelles methodisch ausschließt?

sven23 hat geschrieben:
So 24. Mär 2019, 18:32
Nein, Forschungsergebnisse, die das nahelegen.
Aber doch nur wegen der Vorannahmen - theologische Forschungen mit ihren anderen Vorannahmen sehen das eventuell anders.

sven23 hat geschrieben:
So 24. Mär 2019, 18:32
Nein, zu Jesu Lebzeiten gab es kein NT
Zu Lebzeiten Hitlers gab es keine Nachkriegszeit. ---- Solange Deine Fraktion Jesus ausschließlich alttestamentarisch interpretiert, hat sie mit dieser Ihrer Hermeneutik nichts in der Theologie zu suchen - AUSSER in Bezug auf die Beobachtung und Beschreibung äußerer Sachverhalte - dafür ist die HKE immer gut.

sven23 hat geschrieben:
So 24. Mär 2019, 18:32
Lindemann gibt die Forschungsergebnisse wieder. Du selbst hast seine Argumentation als "anspruchsvoll" bezeichnet. Wieso jetzt wieder die Rolle rückwärts?
L. macht keine Fehler im Sinne seiner hermeneutik. - Anspruchsvoll fand ich nach meiner Erinnerung, dass er zwischen methodischem und wirklichem Jesus unterscheidet - aber da bin ich bei ihm jetzt nicht mehr so sicher.

sven23 hat geschrieben:
So 24. Mär 2019, 18:32
closs hat geschrieben: ↑
Sa 23. Mär 2019, 11:24
4) "Jesus hat sich stets ausschließlich als Jude verstanden." - Natürlich hat er das - er war Jude. - Erst seine Nachfolger waren Christen.

Die sich aber nicht an seine Verkündigung und Ethik hielten, ebenso wenig wie die Kirche.
Das ist genauso wenig entschuldbar wie vermeidbar.

sven23 hat geschrieben:
So 24. Mär 2019, 18:32
Gehe davon aus, dass Lindemann es genau so meint, wie es da steht.
Das hätte ein "setzen, 6" zur Folge.

sven23 hat geschrieben:
So 24. Mär 2019, 18:32
Ich weiß, das ist für einen closs schwer zu verstehen, dass jemand etwas sagt und es auch so meint, aber so ist es nun mal.
Ich versuche, immer erst das Gute zu sehen und Leuten nicht unrecht zu tun.

sven23 hat geschrieben:
So 24. Mär 2019, 18:32
closs hat geschrieben: ↑
Sa 23. Mär 2019, 11:24

sven23 hat geschrieben: ↑
Sa 23. Mär 2019, 08:21
Jetzt kommt wieder der Dunning-Kruger hervor.

Wenn Du wüsstest, welche professionell klingenden Menschen "Dunning Kruger" sind, würdest Du erblassen.

Dann nenne uns welche, außer closs natürlich. :lol:
Wäre ich einer davon, würde ich schon in Gesellschaft mit Dir und Münek sein - mit Skat wäre das irgendwie überstehbar. - Allerdings würde ich bspw. ganz eindeutig Leute wie Kubitza dazu zählen - und von dieser Sorte gibt es nun wirklich genug.

sven23 hat geschrieben:
So 24. Mär 2019, 18:32
Das ist kein Irrtum, sondern Fakt. Wer Glaubensbekenntnisse benötigt, kann nicht wissenschaftlich und ergebnisoffen arbeiten.
Da hast Du Dich verrannt - oder wie J.P. Hebel sagt: Du bringst ein Opfer, von dem Du nichts weißt. - Das Ärgerliche: Du und Deine Kumpane profitieren erst mal ordentlich davon, weil sie damit im Zeitgeist ganz gut oben mitschwimmen können - wie Korken, die mangels Masse nach oben getrieben werden.

sven23 hat geschrieben:
So 24. Mär 2019, 18:32
Häh, wer Glaubensbekenntnisse als Vorannahmen hat, wird nicht übergriffig, wer keine hat, wird übergriffig? Was ist das denn für eine Logik?
Deine. :lol: - "Übergriffigkeit" hat nichts mit einer speziellen Vorannahme zu tun, sondern wie man damit umgeht - konkret: Wenn man die Vorannahme "Jesus war auch göttlich" hat, ist man übergriffig, wenn man daraus die berechtigung ableitet, bei Quellen-Datierungen mitreden zu können.

sven23 hat geschrieben:
So 24. Mär 2019, 18:32
Wird dir jetzt klar, warum Leute wie closs niemals in der historischen Forschung arbeiten können?
Nein - weil damit auch ausgesagt wäre, dass erst die HKE kommen musste, um Jesu Existenz vor 2000 Jahren spirituell zu entschleiern. - Das ist grober Unfug.

Aber Du hast immer noch nicht den Unterschied zwischen "Vorannahmen" und "Forschung" verstanden. - Mit anderen Worten: Wenn Du einem Ratzinger (wenn er mitmachen würde) und einem Closs sagen würdest "Untersuche die Bibel nach
a) christlichen
b) jüdischen
c) historisch-kritischen und
d) moslemischen Vorannahmen",
dann würden die das prinzipiell können ("prinzipiell" - da wäre dann schon viel Arbeit dabei).

Oder wenn Du einem Professor für HKE sagen würdest "Untersuche die Bibel kanonisch" und einem Professor für Kanonik "Untersuche die Bibel historisch-kritisch", dann würden sie das als Profis problemlos können - sie würden ganz einfach die Vorannahmen austauschen und fortan (vermutlich) dasselbe sagen, was vorher der andere gesagt hat - einfach weil es auf Basis dieser nun anderen Vorannahme methodisch zwingend oder zumindest naheliegend ist.

Du scheinst naiverweise immer noch zu meinen, dass "Wissenschaft" ein Heilsbringer ist, der aufgrund der Methodik "Wahrheit" bringt. - Möglich, aber stark abhängig von den (unvermeidbaren) Vorannahmen. ------ Bei den Naturwissenschaften ist es etwas anders, weil es dort das UNABHÄNGIGE Instrument des experimentellen Nachweises gibt.

closs
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#833 Re: Was versteht Ihr unter "Wirklichkeit"?

Beitrag von closs » So 24. Mär 2019, 20:13

Claymore hat geschrieben:
So 24. Mär 2019, 18:45
Nein, das sehe ich nicht als “gesunden Menschenverstand” an. Das ist ein hochgradig belasteter Begriff – was wir hier wohl nicht weiter ausführen müssen.
"Gesunder Menschenverstand" wird aber synonym gesetzt zu "Vernunft" - deshalb erwähne ich ihn.

Claymore hat geschrieben:
So 24. Mär 2019, 18:45
Aber eh man sich es versiehst folgerst du daraus einen weitreichenden Relativismus: “Unsinn gemessen woran?”
Auf Wahrnehmungs-/Subjekt-Ebene sehr wohl - ontisch natürlich nicht. - Auch "Sinn gemessen woran" darf hier nicht fehlen.

Man könnte die nacht durchschreiben, um Beispiele für "Sinn" und "Unsinn" in diesem Sinn zu finden:
1) Aus Sicht der Ölindustrie sind Elektro-Fahrzeuge "unsinnig". - Warum? Weil ihre Perspektive/Interessenslage dies so vorgibt.
2) Aus Sicht der umweltbewegung ist das Abholzen des Hambacher Forsts "unsinnig". - Warum? Dito.
.
.
.
70.4445)

Claymore hat geschrieben:
So 24. Mär 2019, 18:45
Ist Drapetomanie nun “Unsinn”? Und wenn ja, woran kann man das erkennen?
An den "hermeneutischen Vorannahmen", mit denen man überprüft bzw. die man selber hat:
1) Für einen weißen Übermenschen, auf dessen Feldern seit Generationen schwarze Untermenschen arbeiten, die genauso wie ein Hund nachts ruhig in der Hütte zu liegen haben, ist es "sinnvoll", den Drang zum Fliehen als Krankeit zu klassifizieren.
2) Für einen gefangenen Menschen, der endlich seine Freiheit für sich und seine Kinder will, ist die Bezeichnung von humanitär berechtigter Flucht keine Krankheit, sondern ein gesundes Bedürfnis - der Ausdruck "Drapetomanie" ist also "unsinnig".

Claymore hat geschrieben:
So 24. Mär 2019, 19:49
Das gilt heute ganz genauso als vernünftig. Der Reihe nach:

das offensichtliche um nicht zwangseingewiesen zu werden
Geschichte (im allerweitesten Sinn)
Naturwissenschaften bzw. empirische Wissenschaften
Geisteswissenschaften
Ethik, politische Philosophie
Mathematik.
Das ist eine Mischung aus logisch Zwingendem (Mathematik) und Erfahrungs-Wissen - oder Überlebens-Wissen. - Im "Volk" bezeichnet man dies in der Tat als "vernünftig" - aber dieser Vernunft begriff ist etwas anderes als der philosophische Vernunft-Begriff.

Claymore hat geschrieben:
So 24. Mär 2019, 19:49
Ja, man sieht es z. B. – um mal Punk (e) herzunehmen – als vernünftig an, dass man eine Frau nicht mehr auf dem Scheiterhaufen verbrennen sollte, weil sie Männerkleidung trug (wie mit Jeanne d’Arc geschehen). Das ist aber definitiv nicht empirisch falsifizierbar.

Das zivilisatorischen Fortschritt zu nennen, wirst du jedoch sicher als reinste Hybris abtun.
Hihihi - nein. - Das ist sogar kultureller, ethischer, spiritueller Fortschritt (das Scheiterhaufen-Beispiel).

Du scheinst mir etwas blauäugig zu sein. - Denn das, was Du hier arkadienhaft zitierst, ist längst nicht immer die Realität. - Das, was heute im Volk "vernünftig" genannt wird, steht nicht selten in krassem Gegensatz zu dem, was "von oben" vernünftig genannt wird (wobei "oben" nicht unbedingt nur Politik sein muss - es kann auch "political Correctness" oder Medien-Autorität sein). - Das Zusammenbrechen der Volksparteien hat viel damit zu tun.

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Thaddäus
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#834 Re: Was versteht Ihr unter "Wirklichkeit"?

Beitrag von Thaddäus » Mo 25. Mär 2019, 00:13

closs hat geschrieben:
So 24. Mär 2019, 19:53
sven23 hat geschrieben:
So 24. Mär 2019, 16:54
Er vertritt die Forschungsergebnisse nicht exklusiv, sondern in weitgehender Übereinstimmung mit der Forschung.
Nein - er vertritt ausschließlich die HKE-Forschung -
Es existiert keine anders arbeitende, theologische neutestamentlich oder alttestamentliche Forschung, weshalb wissenschaftlich arbeitende Theologen auch keine solche vertreten können.

closs hat geschrieben:
So 24. Mär 2019, 19:53
sven23 hat geschrieben:
So 24. Mär 2019, 16:54
Nee, muss er nicht, denn dass Jesus ein Mensch war, und kein Klingone, bezweifelt ja niemand.
"NUR" Mensch - darum geht es. - Du ignorierst nachhaltig das Wesentliche, um nicht in Probleme zu kommen.
Götter als Forschungsparameter anzunehmen, ist keine hermeneutische Option. Es is auch keine hermeneutische Option, die Ilias unter der Annahme zu lesen, dass die dort zahlreich auftretenden Götter tatsächlich in die geschilderten Ereignisse eingegriffen haben. Ebenfalls ist es sowohl für die Bibel als auch für die Werke Homers keine hermeneutische Option, sie als Tatsachenberichte aufzufassen. Das wird mit guten Gründen nicht einmal für die antiken Historiker Herodot, Thukydides, Sueton, Caesar und den Rest angenommen.
Insofern man annimmt, dass Jesus eine historische Figur war, war er freilich in jedem Falle ein Mensch. Insofern ist das keine "hermeneutische" Vorannahme. Eben so wenig, wie davon auszugehen, dass Jesus ein Mann und keine verkleidete Frau war.

closs hat geschrieben:
So 24. Mär 2019, 19:53
Hier geht es darum, dass Quellen nahelegen, dass Jesus historisch göttlich gewesen sein KÖNNTE.
Nein, darum geht es keineswegs, was dir von anderen und mir selbst auch schon mehrfach nachgewiesen wurde. Es wird auch in der Ilias nicht nahegelegt, dass es die olympischen Götter gibt, weil sie im Text auftreten und Wunder wirken.
Und falls dir das nicht eingängig ist und du auf deinem Irrtum beharren willst, wirst du sicher zustimmen, dass der folgende Bericht über den Philosophen und Wundertäter Apollonios von Tyana (1./2. Jahrh.) nahelegt, dass er Tote wieder zum Leben erwecken konnte, was dann dafür spricht, dass er vermutlich ebenso göttlich war wie der Nazarener (denn sonst hätte er ja keine Wunder wirken können):

Ein junges Mädchen schien in der Stunde ihrer Hochzeit gestorben zu sein und der Bräutigam folgte der Bahre und jammerte über die ganz unerfüllte Ehe. Aber auch die Stadt Rom trauerte mit ihm, denn das Mädchen entstammte einer sehr vornehmen Familie. Als nun Apollonios zufällig dem Trauerzug begegnete, sagte er: »Setzt die Bahre ab denn ich werde euren Tränen über das Mädchen ein Ende machen.« Und er fragte zugleich nach ihrem Namen. Die Menge glaubte. er werde eine Trauerrede halten, wie sie zum Leichenbegängnis gehören, und Wehklagen wecken. Er aber tat nichts dergleichen, sondern berührte das Mädchen nur, sprach einige unverständliche Worte und erweckte es so aus dem scheinbaren Tod. Das Kind gab einen Laut von sich und kehrte in das Haus des Vaters zurück, wie Alkestis, nachdem sie von Herakles wiederbelebt worden war.
[Philostrat, vita Apollonii 4,45 in Robert Knapp, Pilger, Priester und Propheten, Alltag und Religionen im römischen Reich, Stuttgart 2018, S.236f.)].

Von Apollonios werden in seiner Biografie übrigens noch weitere Wundertaten berichtet.

Der Christenkritiker Celsus wiederum beschreibt sehr schön, wie Christen seiner Zeit auftraten und predigten (und bestätigt nebenbei ihre gepredigte Naherwartung ):

Es gibt viele Leute ohne Ruf und Namen, die sich mit größter Leichtigkeit und bei jeder sich bietenden Gelegenheit teils in Tempeln, teils außerhalb derselben, manche auch in Städten oder Heeren, so aufführen. als ob sie weissagen könnten, um die Aufmerksamkeit auf sich zu lenken und Aufsehen zu erregen. Jeder dieser Propheten pflegt über sich zu sagen: »Ich bin Gott oder Gottes Sohn oder göttlicher Geist. Ich bin aber gekommen, denn schon bald geht die Welt zugrunde, und ihr geht wegen eurer Ungerechtigkeiten unter. Ich aber will euch retten; und ihr werdet mich mit himmlischer Macht wiederkommen sehen. Selig ist, wer mich jetzt ehrt; auf alle anderen, auch auf Städte und Länder werde ich ewiges Feuer werfen, und die Menschen, welche die ihnen bevorstehenden Strafen nicht kennen, werden vergeblich bereuen und seufzen; jene aber, die mir Glauben geschenkt haben. werde ich ewig bewahren.
[Origenes, contra Celsum 7,9, in Robert Knapp, Pilger, Priester und Propheten, Alltag und Religionen im römischen Reich, Stuttgart 2018, S.194]

closs hat geschrieben:
So 24. Mär 2019, 19:53
Natürlich kann man dies als Forschender negieren, indem man Vorannahmen installiert, die dies ausschließen - aber das sind dann halt - naja - Vorannahmen.
Die wissenschaftlich arbeitenden Theologen machen keine Vorannahmen. Du im Übrigen auch nicht. Du gehst schlicht von Offenbarungswissen aus, welches du für dich in Anspruch nimmst. Die historische Überlegenheit wissenschaftlicher Forschung gegenüber deinem Offenbarungswissen ist dabei, dass Wissenschaft solches nicht benötigt, um zu ihren Ergebnissen zu gelangen.

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sven23
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#835 Re: Was versteht Ihr unter "Wirklichkeit"?

Beitrag von sven23 » Mo 25. Mär 2019, 06:47

closs hat geschrieben:
So 24. Mär 2019, 20:13
1) Für einen weißen Übermenschen, auf dessen Feldern seit Generationen schwarze Untermenschen arbeiten, die genauso wie ein Hund nachts ruhig in der Hütte zu liegen haben, ist es "sinnvoll", den Drang zum Fliehen als Krankeit zu klassifizieren.
Höchstens um sein religiöses Gewissen zu beruhigen, dass er den Sklaven noch etwas Gutes tut.
Das nennt man in Fachkreisen Bigotterie.
Die Kirche hat übrigens lange Zeit die Sklaverei legitimiert, indem sie diese als eine von Gott gewollte Ordnung hingestellt hat.
Eine Zeit lang hat sie sogar am Sklavenhandel mitverdient.
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
George Orwell

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#836 Re: Was versteht Ihr unter "Wirklichkeit"?

Beitrag von closs » Mo 25. Mär 2019, 08:17

Thaddäus hat geschrieben:
Mo 25. Mär 2019, 00:13
Es existiert keine anders arbeitende, theologische neutestamentlich oder alttestamentliche Forschung, weshalb wissenschaftlich arbeitende Theologen auch keine solche vertreten können.
Gut - man kann alles definieren, wie man es braucht. - Aber Dir ist hoffentlich klar, dass dies auf einen Abschied von der humboldtschen Universitäts-Tradition hinausläuft.

Thaddäus hat geschrieben:
Mo 25. Mär 2019, 00:13
Götter als Forschungsparameter anzunehmen, ist keine hermeneutische Option.
Auch hier: Wenn man es so definiert, hat die HKE nur wenig in den Geisteswissenschaften zu suchen - es sei denn, man definiert "Geist" als nicht-transzendenzfähige Größe.

Thaddäus hat geschrieben:
Mo 25. Mär 2019, 00:13
Es is auch keine hermeneutische Option, die Ilias unter der Annahme zu lesen, dass die dort zahlreich auftretenden Götter tatsächlich in die geschilderten Ereignisse eingegriffen haben.
Hier scheint es ein Missverständnis zu geben: Für hermeneutische Optionen gilt aus der Sicht dessen, was wir als "Wissenschaft" gelernt haben, sozusagen die "Unschuldsvermutung" - wir können als mit der Option antreten "Thaddäus ist göttlich". - Aber: Diese vermutlich sehr unsinnige Option kegelt sich selber raus, kommt also erst gar nicht in die Dynamik des hermeneutischen Zirkels richtig rein, weil die wissenschaftliche (!) Untersuchung dieser Option erst gar nicht Fuß fassen kann - bei Jesus ist das anders.

Alternative: HKE ist die Exegese, die historisch nur das berücksichtigt, was in ihre eigene hermeneutische Option passt - ohne Rücksicht darauf, dass die historische Wirklichkeit eine andere sein kann. - Willst Du das?

Thaddäus hat geschrieben:
Mo 25. Mär 2019, 00:13
Insofern man annimmt, dass Jesus eine historische Figur war, war er freilich in jedem Falle ein Mensch. Insofern ist das keine "hermeneutische"Vorannahme.
"NUR Mensch" ist die Annahme!!! - Man kann sich dabei nicht damit rausreden, dass man sich mit Transzendenz nicht beschäftige, also diesbezüglich auch nichts setze - entscheidend ist, dass man die Texte ausschließlich so interpretiert, als sei Jesus nichts anderes als nur ein Mensch. - Mit anderen Worten: Verschweigen von Vorannahmen macht selbige nicht weg.

Thaddäus hat geschrieben:
Mo 25. Mär 2019, 00:13
Nein, darum geht es keineswegs, was dir von anderen und mir selbst auch schon mehrfach nachgewiesen wurde.
"Nachgewiesen" wurde es ontisch nie - was Du meinen könntest, ist, dass bei DEINER Hermeneutik ein methodisches Ergebnis dergleich sein könnte.

Thaddäus hat geschrieben:
Mo 25. Mär 2019, 00:13
Und falls dir das nicht eingängig ist und du auf deinem Irrtum beharren willst, wirst du sicher zustimmen, dass der folgende Bericht über den Philosophen und Wundertäter Apollonios von Tyana (1./2. Jahrh.) nahelegt, dass er Tote wieder zum Leben erwecken konnte, was dann dafür spricht, dass er vermutlich ebenso göttlich war wie der Nazarener (denn sonst hätte er ja keine Wunder wirken können)
Dein Fehler liegt in der Annahme, man könne hermeneutische Vorannahmen mit dem, was man vorauseilende Vernunft eigener Gnaden nennt, vor-selektieren. - Konkret: Nach UNSEREM Verständnis von Wissenschaft kann man selbstverständlich auch Apollonios von Tyana so untersuchen, als sei er göttlich. - Der wissenschaftlich geleitete hermeneutische Zirkel-Prozess wird dann schon richten, ob der Zirkel in den Startlöchern bleibt, sich eine viertels Drehung dreht oder Pirouetten macht - in diesem Fall tippe ich eher auf ersteres.

Thaddäus hat geschrieben:
Mo 25. Mär 2019, 00:13
Der Christenkritiker Celsus wiederum beschreibt sehr schön, wie Christen seiner Zeit auftraten und predigten (und bestätigt nebenbei ihre gepredigte Naherwartung )
Zwei Fehler:

1) Bei entsprechender hermeneutischer Option interpretiert man die Texte nicht danach, weil sonst noch wer in der Zeit gesagt hat, sondern wie Jesus zu interpretieren ist, falls er göttlich war - also genau die andere Vorannahme für den geschichtlichen Status Jesu. - Es geht also um den Paradigmenwechsel des NT, FALLS Jesus göttlich war.

2) "Naherwartung": Dass Jesus das nahe Reich Gottes predigt, weiß sogar Ratzinger. :) - Die Frage ist, ob es Jesus so meint, wie es die HKE interpretiert. - Die Antwort ist einmal mehr davon abhängig, welche hermeneutische Option man vorschaltet. ---- Besonders klares Beispiel: Sind wir uns einig, dass der Ausspruch "Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben" unterschiedlich zu interpretieren ist, ob man "Jesus ist Mensch" oder "Jesus ist auch göttlich" vorschaltet?

Thaddäus hat geschrieben:
Mo 25. Mär 2019, 00:13
Die wissenschaftlich arbeitenden Theologen machen keine Vorannahmen.
Das Gegenteil ist nachgewiesen und jederzeit nachweisbar. - Ich kann mir Deine Aussage nur so erklären, dass auch hier so lange rumdefiniert wird, bis eine Vorannahme plötzlich keine mehr ist - und irgendwann glaubt man es selber - und das nennt man dann "Aufklärung". - Das wäre in aller Kürze meine Kritik an der dominerenden Denkformatierung des 21. Jh.

Thaddäus hat geschrieben:
Mo 25. Mär 2019, 00:13
Die historische Überlegenheit wissenschaftlicher Forschung gegenüber deinem Offenbarungswissen ist dabei, dass Wissenschaft solches nicht benötigt, um zu ihren Ergebnissen zu gelangen.
Zu IHREM Ergebniss - ihrem METHODISCHEN ERgebnis!!!! - Mir geht es aber darum, was vor 2000 jahren ontisch der Fall gewesen sein könnte - was hat Jesus vor 2000 Jahren WIRKLICH gedacht und gemeint. Und zur Klärung dieser Frage gibt es halt VERSCHIEDENE Optionen, weil wir schlicht nicht wissenschaftlich ermitteln können, welche davon wahr ist, also der Fall war.

Meine Aussage ist ausdrücklich NICHT, dass die großtheologische Option wahr ist und die HKE-Option unwahr ist. Meine Aussage ist ebenfalls nicht, dass die großtheologische Option unwahr ist und die HKE-Option wahr ist. Meine Aussage ist, dass wir mindestens zwei nicht-falsifizierbare historisch mögliche Optionen haben, die unterschiedliche Interpretationen der Texte nach sich ziehen.

LETZTLICH sagst Du: "Theologie ist nur wissenschaft, wenn es Gott nicht gibt". - Ist DAS Wissenschaft sensu 21.Jh?

Pluto
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#837 Re: Was versteht Ihr unter "Wirklichkeit"?

Beitrag von Pluto » Mo 25. Mär 2019, 09:14

closs hat geschrieben:
Mo 25. Mär 2019, 08:17
Aber Dir ist hoffentlich klar, dass dies auf einen Abschied von der humboldtschen Universitäts-Tradition hinausläuft.
Wieso das?
Die huboldtsche Tradition sagt nur etwas darüber aus, dass Forschung und Lehre eine Einheit bilden sollen.

closs hat geschrieben:
Mo 25. Mär 2019, 08:17
LETZTLICH sagst Du: "Theologie ist nur wissenschaft, wenn es Gott nicht gibt". - Ist DAS Wissenschaft sensu 21.Jh?
Nein.
Der Naturalist (die Wissenschaft) sagt nichts abschließendes darüber was in der Welt ist.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

SilverBullet
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#838 Re: Was versteht Ihr unter "Wirklichkeit"?

Beitrag von SilverBullet » Mo 25. Mär 2019, 09:15

“closs“ hat geschrieben:"NUR Mensch" ist die Annahme!!!
Naja, in erster Linie, liegt ein sehr „übersetzter“ Text vor.
Die grundlegende Annahme ist demnach, dass sich der Text auf einen Jemand, einen tatsächlich vorhanden gewesenen Akteur, bezieht.

In deinen Formulierungen verwendest du jedoch nicht die Vergangenheitsform, sondern redest vom Hier und Jetzt („Jesus ist Mensch“, „Jesus ist göttlich“).

Wenn du so vorgehst, dann musst du dich der Tatsache stellen, dass es im Hier und Jetzt keine zu den Textaussagen vergleichbaren Sensationsereignisse gibt, sondern im Gegenteil keinerlei Klarstellung, um die 42.000 Konfessionen auf Linie zu bringen (was ja eigentlich der Zweck von „Wundern“ wäre bzw. gewesen sein soll).

Diese Zusammenhänge möchtest du ignorieren dürfen – klar, es ist ja auch ein schmerzender Reissnagel.

Wissenschaft darf solche Zusammenhänge nicht ignorieren.

closs
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#839 Re: Was versteht Ihr unter "Wirklichkeit"?

Beitrag von closs » Mo 25. Mär 2019, 09:42

Pluto hat geschrieben:
Mo 25. Mär 2019, 09:14
Die huboldtsche Tradition sagt nur etwas darüber aus, dass Forschung und Lehre eine Einheit bilden sollen.
Das auf jeden Fall - aber noch viel mehr (ex wik):

1) "Die Bezeichnung Universität charakterisiert begrifflich im Wissenschaftsbereich ganz allgemein eine umfassende Bildungseinrichtung".

2) Bildung (von ahd. bildunga ‚Schöpfung, Bildnis, Gestalt‘) bezeichnet die Formung des Menschen im Hinblick auf sein „Menschsein“, das heißt zu einer Persönlichkeit, die sich durch besondere geistige, physische, soziale und kulturelle Merkmale auszeichnet. - Der Begriff bezieht sich sowohl auf den Prozess („sich bilden“, „gebildet werden“) als auch auf den Zustand („gebildet sein“). Dabei entspricht die zweite Bedeutung einem bestimmten Bildungsideal (zum Beispiel dem humboldtschen Bildungsideal), das im Laufe des Bildungsprozesses angestrebt wird.

3) Das Wort Wissenschaft bezeichnet die Gesamtheit des menschlichen Wissens, der Erkenntnisse und der Erfahrungen einer Zeitepoche, welches systematisch erweitert, gesammelt, aufbewahrt, gelehrt und tradiert wird. - Die Wissenschaft ist ein System der Erkenntnisse über die wesentlichen Eigenschaften, kausalen Zusammenhänge und Gesetzmäßigkeiten der Natur, Technik, Gesellschaft und des Denkens, das in Form von Begriffen, Kategorien, Maßbestimmungen, Gesetzen, Theorien und Hypothesen fixiert wird. < Anmerkung: Bis ins 20.Jh. wurde "Erkenntnis" nicht nur naturwissenschaftlich, sondern auch geistig gemeint>

Pluto hat geschrieben:
Mo 25. Mär 2019, 09:14
closs hat geschrieben: ↑
Mo 25. Mär 2019, 09:17
LETZTLICH sagst Du: "Theologie ist nur wissenschaft, wenn es Gott nicht gibt". - Ist DAS Wissenschaft sensu 21.Jh?

Nein.Der Naturalist (die Wissenschaft) sagt nichts abschließendes darüber was in der Welt ist.
Das ist ein abwiegelnder Standard-Satz. - Entscheidend ist, dass geistige Texte seitens bspw. der HKE so interpretiert werden, als gäbe es Gott nicht. - Das kann man machen, aber nicht mit dem Anspruch, dem gerecht zu werden, was der Fall ist/sin könnte.

Wir wären und wirklich einig, wenn Du einverstanden wärest mit der Definition:
"Wissenschaft ist das, was natürliche und geistige Fragen so beantwortet, als gäbe es Gott NICHT". - Dann nämlich weiß jeder, dass "Wissenschaft" nur peripher etwas in Geistes"wissenschaft" zu suchen hat, die man dann halt umbenennen müsste. - Aber BEIDES haben zu wollen <a) naturalistische Grundlagen UND b) geistige Kompetenz> ist schon mehr als eine Chuzpe.

Pluto
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#840 Re: Was versteht Ihr unter "Wirklichkeit"?

Beitrag von Pluto » Mo 25. Mär 2019, 10:20

closs hat geschrieben:
Mo 25. Mär 2019, 09:42
Pluto hat geschrieben:
Mo 25. Mär 2019, 09:14
Die huboldtsche Tradition sagt nur etwas darüber aus, dass Forschung und Lehre eine Einheit bilden sollen.
Das auf jeden Fall - aber noch viel mehr (ex wik):

1) "Die Bezeichnung Universität charakterisiert begrifflich im Wissenschaftsbereich ganz allgemein eine umfassende Bildungseinrichtung".

2) Bildung (von ahd. bildunga ‚Schöpfung, Bildnis, Gestalt‘) bezeichnet die Formung des Menschen im Hinblick auf sein „Menschsein“, das heißt zu einer Persönlichkeit, die sich durch besondere geistige, physische, soziale und kulturelle Merkmale auszeichnet. - Der Begriff bezieht sich sowohl auf den Prozess („sich bilden“, „gebildet werden“) als auch auf den Zustand („gebildet sein“). Dabei entspricht die zweite Bedeutung einem bestimmten Bildungsideal (zum Beispiel dem humboldtschen Bildungsideal), das im Laufe des Bildungsprozesses angestrebt wird.

3) Das Wort Wissenschaft bezeichnet die Gesamtheit des menschlichen Wissens, der Erkenntnisse und der Erfahrungen einer Zeitepoche, welches systematisch erweitert, gesammelt, aufbewahrt, gelehrt und tradiert wird. - Die Wissenschaft ist ein System der Erkenntnisse über die wesentlichen Eigenschaften, kausalen Zusammenhänge und Gesetzmäßigkeiten der Natur, Technik, Gesellschaft und des Denkens, das in Form von Begriffen, Kategorien, Maßbestimmungen, Gesetzen, Theorien und Hypothesen fixiert wird. < Anmerkung: Bis ins 20.Jh. wurde "Erkenntnis" nicht nur naturwissenschaftlich, sondern auch geistig gemeint>
Einversanden, aber inwiefern ist Thadeus' Aussage ein "Abschied von der" humboldtschen Universitäts-Tradition"?

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:
Mo 25. Mär 2019, 09:14
Nein.Der Naturalist (die Wissenschaft) sagt nichts abschließendes darüber was in der Welt ist.
Das ist ein abwiegelnder Standard-Satz. -
Er stimmt trotzdem.
closs hat geschrieben:Entscheidend ist, dass geistige Texte seitens bspw. der HKE so interpretiert werden, als gäbe es Gott nicht.
Eben nicht. Die Wissenschaft (der Naturalist) setzt nicht. Muss man etwas setzen, dann nimmt man im Prizip das Ergebnis vorweg.

closs hat geschrieben:Wir wären und wirklich einig, wenn Du einverstanden wärest mit der Definition:
"Wissenschaft ist das, was natürliche und geistige Fragen so beantwortet, als gäbe es Gott NICHT".
Der einzig richtige und wissenschaftliche Weg ist, gar nichts anzunehmen.
closs hat geschrieben:Dann nämlich weiß jeder, dass "Wissenschaft" nur peripher etwas in Geistes"wissenschaft" zu suchen hat, die man dann halt umbenennen müsste.
Ich frage mich immer wieder, wieso DU der Wissenschaft Grenzen setzen willst. Die Wissenschaft erforscht die Welt, Und alte Texte gehören dazu.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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