Thaddäus hat geschrieben: ↑Do 21. Mär 2019, 14:28
Und diese Strategie, sich aus der Affäre zu ziehen, klappt gleich aus dreierlei Gründen nicht:
Kann ich alles nachvollziehen - und es ist aus Sicht Deines Systems vermutlich richtig. - Aber was heißt dies?
Letztlich kommt es raus auf:
1) "Wissenschaft" kann wissenschafts-philosophisch auch etwas anderes sein, als es Thaddäus meint. - Es kann also AUCH Wissenschaft sein, wenn man intersubjektiv nachvollziehbar auf Basis nicht-falsifizierbarer Vorannahmen forscht. - Oder:
2) "Wissenschaft sensu Thaddäus" kann in der Theologie und auch teilweise in den Geisteswissenschaften nur Hilfs-Größe sein, weil dort substantiell die Musik woanders spielt - hier kämen (nicht nur) Begriffe wie "Humboldt" und dessen Wissenschafts- und Universitas-Verständnis ins Spiel.
Ehrlich: Mir ist wirklich egal, ob es am Ende auf 1) oder 2) rausläuft - aber dann bitte konsequent. - Bei 1) läuft es raus auf MEIN Verständnis (weil ich schlicht und ergreifend weiß, dass dies das traditionelle Verständnis ist) - bei 2) läuft es darauf raus, dass man Universitäten aufteilt in zwei Bereiche, die einerseits "Wissenschaft sensu Thaddäus" und andererseits "Artes sensu Closs" vermitteln. - Ob DAS Sinn macht ...
Jedenfalls wird man eines NICHT schaffen: Dass der Theologie und den Geisteswissenschaften ihren Tiefen ersatzlos geklaut werden.
Thaddäus hat geschrieben: ↑Do 21. Mär 2019, 14:28
Im Übrigen ist dies ausdrücklich keine Zurückweisung deines Anspruchs, über Offenabrungswissen zu verfügen
Auch das kann es geben, aber das ist gar nicht mein Punkt. - Der Punkt betrifft die Vorannahmen.
Darf es sein, dass Forschungs-Grundlagen wie "Jesus ist nur Mensch" und "Geschichte ist als naturalistisches Kontinuum ohne metaphysische Einschnitte zu verstehen (also keine Wunder möglich)" (Bultmann) NICHT Vorannahmen genannt werden müssen, während "Wir interpretieren (dieselben) Quellen, als sei Jesus auch göttlich gewesen" als Vorannahme bezeichnet wird? - Darf übersehen werden, dass man der Bibel nur dann authentisch gerecht werden kann, wenn man BEIDE Grundlagen durch-dekliniert (da beide Vorannahmen nicht falsifizierbar sind)?
Möglicherweise läuft das alles unter erkenntnis-theoretischen Gesichtspunkten nach Deinem Verständnis (da bist Du besser als ich) - ABER: Erkenntnis-Theorie ist doch SELBER eine cis-spirituelle Veranstaltung!!! - Mit anderern Worten: Da treibt doch die Zirkelschlüssigkeit und Inzucht ihr Unwesen.
Thaddäus hat geschrieben: ↑Do 21. Mär 2019, 14:28
Wissenschaft will dagegen keine gläubigen Jünger gewinnen, sondern kritische Forscher überzeugen.
Mit Verlaub und nicht böse gemeint: Ich habe nichts Unkritischeres kennengelernt als Wissenschaftler, weil sie oft derart in ihr System eingemauert sind, dass sie das deutlich einlösen, was Heidegger meint, wenn er sagt: "Wissenschaft denkt nicht".
Thaddäus hat geschrieben: ↑Do 21. Mär 2019, 14:28
Nun, wenn die Schildkröten intelligent und vernünftig sind, müssen sie nicht menschlich sein, um vernünftigen Überlegungen folgen zu können.
WENN Schildkröten-Vernunft und anthropogene Vernunft auf der selben Wellenlänge sind!!!!!
Thaddäus hat geschrieben: ↑Do 21. Mär 2019, 14:28
Deshalb geht man ja davon aus, das man mit etwaigen Aliens über Mathematik kommunizieren können muss
Das sehe ich genauso - ABER: Du weißt ganz genau, dass Mathematik eine GEISTES-Wissenschaft ist.
Thaddäus hat geschrieben: ↑Do 21. Mär 2019, 14:28
Es ist übrigens eine Einsicht Kants, dass Vernunft nicht an die menschliche Lebensform gebunden sein muss. Aus diesem Grunde ging er davon aus, dass sein kategorischer Imperativ als moralisches reines Vernunftprinzip von universeller Geltung ist.
Das gilt auf der Ebene der PRAKTISCHEN Vernunft (ich meine, dass dieser Begriff daher kommt - zumindestens wäre es logisch). - Ich wage diese Vermutung und leite über zu Heinrich Heine, der folgendes schreibt (Hintergrund: "Lampe" ist der langjährige Diener Kants):
"Ihr meint, wir könnten jetzt nach Hause gehn? Bei Leibe nicht! Es wird noch ein Stück aufgeführt. Nach der Tragödie kommt die Farce. Immanuel Kant hat bis hier <in der Kritik der reinen Vernunft> den unerbittlichen Philosophen traziert, er hat den Himmel gestürmt, er hat die ganze Besatzung über die Klinge springen lassen, der Oberherr der Welt schwimmt unbewiesen in seinem Blute, es gibt jetzt keine All-Barmherzigkeit mehr, keine Vatergüte, keine jenseitige Belohnung für diesseitige Enthaltsamkeit, die Unsterblichkeit der Seele liegt in den letzten Zügen - das röchelt, das stöhnt - und der alte Lampe steht dabei mit seinem Regenschirm unterm Arm, als betrübter Zuschauer, und Angstschweiß und Tränen rinnen ihm vom Gesichte. Da erbarmt sich Immanuel Kant und zeigt, dass er nicht bloß ein großer Philosoph, sondern auch ein guter Mensch ist, und er überlegt, und halb gutmütig und halb ironisch spricht er: "der alte Lampe muss einen Gott haben, sonst kann der arme Mensch nicht glücklich sein - der Mensch soll aber auf der Welt glücklich sein - das sagt die praktische Vernunft - meinetwegen - so mag auch die praktische Vernunft die Existenz Gottes verbürgen". In Folge dieses Arguments unterscheidet Kant zwischen der theoretischen Vernunft und der praktischen Vernunft, und mit dieser, wie mit einem Zauberstäbchen, belebte er wieder den Leichnam des Deismus, den die theoretische Vernunft getötet" (Heinrich Heine).
Mit anderen Worten: Pragmatisch kann man mal so tun, als dürfe man von der menschlichen Vernunft ausgehen und sie als universell verstehen - in der REINEn Vernunft geht das meines Erachtens nicht.