Was versteht Ihr unter "Wirklichkeit"?

Philosophisches zum Nachdenken
Pluto
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#701 Re: Was versteht Ihr unter "Wirklichkeit"?

Beitrag von Pluto » Fr 15. Mär 2019, 13:06

closs hat geschrieben:
Fr 15. Mär 2019, 12:21
Das kommt eben drauf an: Vielleicht fällt Dein Urteil anders aus, wenn die Aufstellung so aussieht:
a) Potentia = das im Meta-Physischen, woraus etwas physisch ist = Wesen
"Potentia" bedeutet NICHT Wesen, sondern Wirkung.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

closs
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#702 Re: Was versteht Ihr unter "Wirklichkeit"?

Beitrag von closs » Fr 15. Mär 2019, 13:50

Pluto hat geschrieben:
Fr 15. Mär 2019, 13:04
"Potentia" bedeutet Kraft. Diese benötigt Energie. Kräfte wirken auf Dinge wirken, und somit Veränderungen bewirken. Das hat nun wirklich nichts mit "erkanntem Lebenssinnn" zu tun.
Physikalisch gedacht vollkommen richtig - ich habe philosophisch argumentiert im Sinne von "Beweger"/"Urgrund".

Pluto hat geschrieben:
Fr 15. Mär 2019, 13:04
Dinge die wir messen sind schon da, sonst könnten wir sie nicht messen.
genau das ist meine Frage an Janina: Was mißt man, wenn etwas erst durch Messung entsteht (QM)?

Pluto hat geschrieben:
Fr 15. Mär 2019, 13:04
Das Rot einer Tomate kommt also von der Veränderung in der atomaren Zusammensetzung gewisser Stoffe (Pigmente) in der Tomate, die uns erst grün, danach rot, erscheinen.
Das ist alles richtig und klar - aber das widerspricht nicht dem Gesagten. - Denn die Kraft, die von Dir beschriebenen Veränderungen bewirkt, wäre das, was hier "Aktivator" genannt wird.

Pluto hat geschrieben:
Fr 15. Mär 2019, 13:04
In der Antike wurden viele Thesen auf Grund des damaligen Teilwissens aufgestellt.
Jede Zeit bedient sich ihrer Wissens-Möglichkeiten. - Aber es geht hier nicht um naturwissenschaftliche Mängel, sondern um die ontologischen Fragen, die dahinter stehen.

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Janina
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#703 Re: Was versteht Ihr unter "Wirklichkeit"?

Beitrag von Janina » Fr 15. Mär 2019, 14:21

closs hat geschrieben:
Fr 15. Mär 2019, 13:50
Pluto hat geschrieben:
Fr 15. Mär 2019, 13:04
Dinge die wir messen sind schon da, sonst könnten wir sie nicht messen.
genau das ist meine Frage an Janina: Was mißt man, wenn etwas erst durch Messung entsteht (QM)?
Wenn wir unscharfe Eigenschaften messen, dann ist diese Eigenschaft vorher NICHT da, sondern entsteht erst durch die Messung.

closs
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#704 Re: Was versteht Ihr unter "Wirklichkeit"?

Beitrag von closs » Fr 15. Mär 2019, 14:48

Janina hat geschrieben:
Fr 15. Mär 2019, 14:21
Wenn wir unscharfe Eigenschaften messen, dann ist diese Eigenschaft vorher NICHT da, sondern entsteht erst durch die Messung.
Verbal ist das längst klar - trotzdem kommt man ins Grübeln, wenn man genauer nachdenkt.

Das heißt doch, dass der Wissenschaftler sein Messgerät irgendwo hin richtet, wo er erwartet, dass etwas kommt, wenn er misst - richtig? - Könnte er sich vertun, indem er sein Messgerät irgendwo hin richtet, wo nichts zu holen ist?

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Janina
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#705 Re: Was versteht Ihr unter "Wirklichkeit"?

Beitrag von Janina » Fr 15. Mär 2019, 14:54

closs hat geschrieben:
Fr 15. Mär 2019, 14:48
Janina hat geschrieben:
Fr 15. Mär 2019, 14:21
Wenn wir unscharfe Eigenschaften messen, dann ist diese Eigenschaft vorher NICHT da, sondern entsteht erst durch die Messung.
Das heißt doch, dass der Wissenschaftler sein Messgerät irgendwo hin richtet, wo er erwartet, dass etwas kommt, wenn er misst - richtig? - Könnte er sich vertun, indem er sein Messgerät irgendwo hin richtet, wo nichts zu holen ist?
Klar. Dann misst er dass nichts kommt. Und dann?

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Scrypton
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#706 Re: Was versteht Ihr unter "Wirklichkeit"?

Beitrag von Scrypton » Fr 15. Mär 2019, 15:35

closs hat geschrieben:
Do 14. Mär 2019, 08:04
Stromberg hat geschrieben:
Mi 13. Mär 2019, 23:19
Ersetze in deiner verunstalteten Aussage "Wissenschaft" mit dem Begriff "Logik", dann passts...
Logik ist ein Instrument...
Was an deiner Nonsens-Aussage ja nichts ändert:

closs hat geschrieben:
Mi 13. Mär 2019, 23:12
Janina hat geschrieben:
Mi 13. Mär 2019, 22:45
Das wäre die Logik. Die ist aber nicht relativierbar, so wie du das vielleicht vorhattest.
Wissenschaft ist als Subjekt-Größe nicht relativierbar, hat also absoluten Charakter?
Ersetze in deiner verunstalteten Aussage "Wissenschaft" mit dem Begriff "Logik", dann passts... ;)

Nicht Wissenschaft ist nicht relativierbar, sondern Logik ist nicht relativierbar. Zumindest lesen solltest du doch noch können.

closs hat geschrieben:
Mi 13. Mär 2019, 23:12
Logik basiert auf vorannahmen.
Falsch.

closs
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#707 Re: Was versteht Ihr unter "Wirklichkeit"?

Beitrag von closs » Fr 15. Mär 2019, 16:32

Janina hat geschrieben:
Fr 15. Mär 2019, 14:54
Klar. Dann misst er dass nichts kommt. Und dann?
Und dann? - Ein Schluck Bier und gut ist.

Andere Frage:
Weiß der Wissenschaftler, wenn er sein Messgerät hinhält, WAS er unscharf misst und WAS er durch die Messung erzeugt? Kann da Unterschiedliches erzeugen und er weiß es im Voraus?

Ich sage Dir mal, wie wir das im Physik-Unterricht gelernt haben: Man will ein Teilchen messen, dass als Entität DAAAAA ist, als bereits beim Messvorgang in der physikalischen Welt existiert. Dabei stellt man fest, dass zwei Eigenschaften von was, was DAAAAA ist, prinzipiell nicht gleichzeitig gemessen werden können.

Das mag ja damals missverständlich vermittelt worden sein, unterscheidet sich aber von einer Version, dernach eine Entität erst neu durch die Messung neu geschaffen werden würde.

Stromberg hat geschrieben:
Fr 15. Mär 2019, 15:35
Ersetze in deiner verunstalteten Aussage "Wissenschaft" mit dem Begriff "Logik", dann passts...
Nein - das funktioniert nicht so einfach. - So gesehen könnte man es durch vieles ersetzen.

Stromberg hat geschrieben:
Fr 15. Mär 2019, 15:35
Nicht Wissenschaft ist nicht relativierbar, sondern Logik ist nicht relativierbar.
Logik findet immer in einem definierten Raum statt - also "Logik" in WELCHEM hermeneutischen System?

Stromberg hat geschrieben:
Fr 15. Mär 2019, 15:35
closs hat geschrieben: ↑
Do 14. Mär 2019, 00:12
Logik basiert auf vorannahmen.

Falsch.
"Logik ist nur in vorher definierten Systemen einsetzbar" - falls es Dir so besser gefällt. - Nenne ein Beispiel, bei dem Logik vollkommen vorannahme-frei im Raum schwebt.

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sven23
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#708 Re: Was versteht Ihr unter "Wirklichkeit"?

Beitrag von sven23 » Fr 15. Mär 2019, 16:47

closs hat geschrieben:
Mo 11. Mär 2019, 18:54
sven23 hat geschrieben:
Mo 11. Mär 2019, 18:11
Nein, man untersucht sie ohne Vorannahmen und ergebnisoffen.
Schlicht falsch.
Wenn du die gleichwertige Untersuchung der Textquellen wie andere antike Textquellen als Vorannahme bezeichnen willst, meinetwegen. Aber nur so geht historische Forschung. :thumbup:

closs hat geschrieben:
Mo 11. Mär 2019, 18:54
sven23 hat geschrieben:
Mo 11. Mär 2019, 18:11

Weil die Forschung sich für die ursprüngliche Bedeutung eines Textes interessiert und dessen Veränderung im Laufe der Zeit.

"Die ursprüngliche Bedeutung eines Textes" ist aber nicht die Primär-Ebene, sondern die Sekundär-Ebene. - Du hast recht, dass die HKE auf dieser Sekundär-Ebene stark ist.
Es gibt aber nur diese "Sekundärebene", da der angebliche Gottessohn schreibfaul oder Analphabet war. Oder er hielt es angesichts der unmittelbar bevorstehenden Gottesherrschaft nicht mehr für notwendig, etwas schriftlich festzuhalten. Für wen denn auch?
Trotzdem lassen sich ältere Traditionsschichten, die sich näher am historischen Jesus orientieren, von späteren Veränderungen unterscheiden.
Diesen Anspruch haben Kanoniker gar nicht. Sie bevorzugen den legendenhaft verklärten Christus der Kirche.

closs hat geschrieben:
Mo 11. Mär 2019, 18:54
Wenn Du nicht kapierst, dass der Fall "Iljas" oder "Nibelungenlied" kategorial etwas anderes ist als "Bibel", versäumst Du was.
Wer behauptet denn, dass die Forschung das nicht unterscheiden würde? Die Textgattung Evangelien unterscheidet sich natürlich von einem antiken oder mittelalterlichen Epos. Trotzdem gibt es keine Sonderrechte für die biblischen Texte, nach dem Motto: sie sind göttlich inspiriert und damit irrtumsfrei. Das gilt nur im Sandkasten der Glaubensideologen.


closs hat geschrieben:
Mo 11. Mär 2019, 18:54
sven23 hat geschrieben:
Mo 11. Mär 2019, 18:11
Du tust so, als gäbe es neben den Evangelien noch Originale von Jesus selbst.
Nee - ontisch gibt es nur EINEn Jesus.
Ja, den historischen, und den hat die Forschung so gut wie mögliche ermittelt.
Es gibt aber auch für Kanoniker keine Originalmanuskripte von Jesus himself.

closs hat geschrieben:
Mo 11. Mär 2019, 18:54
sven23 hat geschrieben:
Mo 11. Mär 2019, 18:11
Wir reden von Wissenschaft vs. Glaubensideologie.
Nein - das ist die Floskel, in die Du Dich regelmäßig hienin flüchtest. - Aber darum geht es nicht.
Doch, das ist das alles entscheidende, hier liegt der Hase im Pfeffer.


closs hat geschrieben:
Mo 11. Mär 2019, 18:54
sven23 hat geschrieben:
Mo 11. Mär 2019, 18:11
Alle Ergebnisse beruhen auf Basis der vorliegenden Quellen. (Quellenvorbehalt)
Sollten irgendwann neue Quellen auftauchen, ist eine Neubewertung notwendig.
Das ist EIN Grund. - Ein viel grundlegender Grund ist, dass der HKE-Ansatz selber falsch sein könnte: Es könnte deshalb "in Wirklichkeit ganz anders sein".
Natürlich, wenn die Überlieferung der Quellen uns einen Streich spielt.
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
George Orwell

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Scrypton
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#709 Re: Was versteht Ihr unter "Wirklichkeit"?

Beitrag von Scrypton » Fr 15. Mär 2019, 16:51

closs hat geschrieben:
Fr 15. Mär 2019, 16:32
Stromberg hat geschrieben:
Fr 15. Mär 2019, 15:35
Ersetze in deiner verunstalteten Aussage "Wissenschaft" mit dem Begriff "Logik", dann passts...
Nein
Doch; denn dann passts. ;)

closs hat geschrieben:
Fr 15. Mär 2019, 16:32
das funktioniert nicht so einfach.
Ähm, doch.
Du musst einfach einen Begriff streichen und durch einen anderen ersetzen; nichts ist einfacher als das. Naja, für dich vielleicht nicht, aber was heißt das schon.

closs hat geschrieben:
Fr 15. Mär 2019, 16:32
Stromberg hat geschrieben:
Fr 15. Mär 2019, 15:35
Nicht Wissenschaft ist nicht relativierbar, sondern Logik ist nicht relativierbar.
Logik findet immer in einem definierten Raum statt
Du hamsterst herum; es ändert ja nichts daran, dass Logik nicht relativierbar ist. ^_-

closs hat geschrieben:
Fr 15. Mär 2019, 16:32
also "Logik" in WELCHEM hermeneutischen System?
Keinem; einfach unter Anwendung der Gesetze der Logik! ;)

closs hat geschrieben:
Fr 15. Mär 2019, 16:32
"Logik ist nur in vorher definierten Systemen einsetzbar"
Ebenso falsch.

closs hat geschrieben:
Fr 15. Mär 2019, 16:32
Nenne ein Beispiel, bei dem Logik vollkommen vorannahme-frei im Raum schwebt.
Logik hat keine Vorannahmen; alleine - Vorannahmen können entweder logisch begründet werden oder eben nicht.
Die Logik hat aber mit diesen per se nichts zu tun; sie ist wie sie ist und wird so auch auf alles angewendet, unabhängig irgendwelcher Vorannahmen.

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#710 Re: Was versteht Ihr unter "Wirklichkeit"?

Beitrag von closs » Fr 15. Mär 2019, 18:09

sven23 hat geschrieben:
Fr 15. Mär 2019, 16:47
Wenn du die gleichwertige Untersuchung der Textquellen wie andere antike Textquellen als Vorannahme bezeichnen willst, meinetwegen. Aber nur so geht historische Forschung.
Richtig - das ist EINE von vielen charakterisierenden Merkmalen/Annahmen.

sven23 hat geschrieben:
Fr 15. Mär 2019, 16:47
Es gibt aber nur diese "Sekundärebene"
Im Sinne der HKE ist das richtig. - Ein Theologe würde sagen, dass darüber oder dahinter noch das Original Jesus steht, den es AUCH gibt und den man über die Sekundärebene anders verstehen kann, wenn man ihn anders annimmt, als ihn die HKE annimmt.

sven23 hat geschrieben:
Fr 15. Mär 2019, 16:47
Trotzdem lassen sich ältere Traditionsschichten, die sich näher am historischen Jesus orientieren, von späteren Veränderungen unterscheiden.
Natürlich - das ist der Job der HKE. - Aber die Gleichsetzung "älter = näher am historischen Jesus orientieren" muss nicht nicht richtig sein.

sven23 hat geschrieben:
Fr 15. Mär 2019, 16:47
Diesen Anspruch haben Kanoniker gar nicht.
Richtig - sie versuchen auf andere Weise das zu ermitteln, was Jesus vor 2000 Jahren gedacht und gemeint hat.

sven23 hat geschrieben:
Fr 15. Mär 2019, 16:47
Trotzdem gibt es keine Sonderrechte für die biblischen Texte, nach dem Motto: sie sind göttlich inspiriert und damit irrtumsfrei.
Im Sinne der HKE fordert doch das niemand. - "Irrtumsfreiheit" ist rein geistig gemeint und sehr unterschiedlich auslegbar - mit HKE hat das nichts zu tun.

sven23 hat geschrieben:
Fr 15. Mär 2019, 16:47
Ja, den historischen, und den hat die Forschung so gut wie mögliche ermittelt.
Soweit damit nicht DER Jesus gemeint ist, der vor 2000 Jahren geistig gedacht hat, sind wir uns einig.

sven23 hat geschrieben:
Fr 15. Mär 2019, 16:47
Doch, das ist das alles entscheidende, hier liegt der Hase im Pfeffer.
Nein - ist es nicht und wird es nicht sein. - Du versuchst ein Gegensatzpaar zu etablieren, das mit den eigentlichen Problemen der Fragestellung nichts zu tun hat.

sven23 hat geschrieben:
Fr 15. Mär 2019, 16:47
Natürlich, wenn die Überlieferung der Quellen uns einen Streich spielt.
Nicht nur dann - auch dann, wenn Jesus ein anderer ist, als die HKE glaubt und zur Grundlage ihrer Forschung macht.

Stromberg hat geschrieben:
Fr 15. Mär 2019, 16:51
Keinem; einfach unter Anwendung der Gesetze der Logik!
Das klingt wie "Vollgas geben, aber keinen Gang reinbringen".

Stromberg hat geschrieben:
Fr 15. Mär 2019, 16:51
Vorannahmen können entweder logisch begründet werden oder eben nicht.
Teilweise richtig. - Auch hier ist entscheidend, welche Vorannahmen im Spiel sind.

Stromberg hat geschrieben:
Fr 15. Mär 2019, 16:51
Logik hat keine Vorannahmen
In sich selber vermutlich nicht oder nur wenige (bspw. mathematische Axiome) - aber darum geht es hier nicht. - Hier geht es darum, dass Logik etwas mit all seinen Vorannahmen thematisieren muss, damit sie überhaupt loslegen kann.

Man kann nicht sagen "Es ist logisch, im Sommer im BAdeanzug vors Haus zu gehen", sondern muss die Vorannahmen nennen - hier bspw. klären, ob man Italien oder die Antarktis meint.

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