Wahrheit- Weisheit- Wirklichkeit

Philosophisches zum Nachdenken
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Demian
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#1 Wahrheit- Weisheit- Wirklichkeit

Beitrag von Demian » Mo 28. Okt 2013, 20:51

abgetrennt aus: Unterordnung
closs hat geschrieben:Was er als Nur-Mensch nicht geschafft hätte - geht also nur mit Gott in Jesus.

Da treffen Theologie und Mystik aufeinander - ich denke nicht nur, dass man das schaffen kann, sondern das Gott ( der Seins/Urgrund/die absolute Realität ) bereits eins mit dem menschlichen Wesen ist. Was für einen Sinn hätten diese paar Jahrzehnte Erdenzeit, wenn es nur um eine jenseitige Erfüllung ginge? Im biblischen Sprachgebrauch wird Gott mit ICH BIN übersetzt - dieses ICH BIN kann sich aber in jedem Menschen Hier und Jetzt ereignen, denn es ist als das ICH BIN des Lebens gemeint. Sozusagen die gemeinsame Herzfrequenz alles Seienden. ;) :Herz:
Zuletzt geändert von Demian am Mo 28. Okt 2013, 21:58, insgesamt 1-mal geändert.

closs
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#2 Re: Unterordnung

Beitrag von closs » Mo 28. Okt 2013, 21:20

Hemul hat geschrieben:Was Du nicht sagst
Ich habe keine Ahnung, inwieweit Dein Bibel-Zitat eine Erwiderung sein soll.

Demian hat geschrieben:Ich denke nicht nur, dass man das schaffen kann, sondern das Gott ( der Seins/Urgrund/die absolute Realität ) bereits eins mit dem menschlichen Wesen ist.
Das wäre erklärungsbedürftig. - Einigkeit besteht, dass Gott zu jeder Zeit in uns wirkt (egal, wie es nach außen zum Ausdruck kommt).

Demian hat geschrieben:Was für einen Sinn hätten diese paar Jahrzehnte Erdenzeit, wenn es nur um eine jenseitige Erfüllung ginge?
Der Sinn wäre, dass die jenseitige Erfüllung als solche erkannt wird.

Im übrigen glaube ich nicht, dass das Dasein letztlich eine Erfüllungszeit, sondern eine Entwicklungszeit ist - also eine teleologische Veranstaltung (= Heilsgeschichte). Weiterhin ist es für mich unvorstellbar, dass ein Mensch im Dasein vollständig erfüllt sein KÖNNTE, wenn gleichzeitig 17Jährige kriegsbedingt im Stacheldraht nach Wassser schreien (um dieses Bild Brechts stellvertretend für Leid in der Welt zu bringen).

Demian hat geschrieben:Im biblischen Sprachgebrauch wird Gott mit ICH BIN übersetzt - dieses ICH BIN kann sich aber in jedem Menschen Hier und Jetzt ereignen
Ja - in Gestalt göttlicher Anwesenheit. - Ansonsten ist dieser Ansatz auch gefährlich - denn:

Gerade unsere cogito-fixierte (also anthropozentrische) Zeit könnte Gott mit etwas verwechseln, was man heute unter "Selbstverwirklichung" bucht - dies wäre grandios falsch.

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Demian
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#3 Re: Unterordnung

Beitrag von Demian » Mo 28. Okt 2013, 21:34

closs hat geschrieben:Das wäre erklärungsbedürftig. - Einigkeit besteht, dass Gott zu jeder Zeit in uns wirkt (egal, wie es nach außen zum Ausdruck kommt).

In einem Gleichnis gesagt: das Meer ( Gott ) besteht in seinem Wellenspiel ( Manifestationen ), wozu auch der Mensch gehört. Der Mensch kann also gar nicht aus der Einigkeit herausfallen, weil Welle und Meer ineinander übergehen. Die mystische Erfahrung ist aber erst erreicht, da sich die Welle bewusst wird, dass sie nicht nur die Welle, sondern das Meer ist, welches sich in der Welle realisiert.

Der Sinn wäre, dass die jenseitige Erfüllung als solche erkannt wird.

Ich würde es so sagen: dem Menschen ist diese Erdenzeit gegeben, damit er seine geistigen Begabungen vollständig entfaltet und realisiert. Mag sein, dass dieses Leben über sich selbst hinaus weist, aber wir leben nun mal im Hier und Jetzt.

closs
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#4 Re: Unterordnung

Beitrag von closs » Mo 28. Okt 2013, 21:45

Demian hat geschrieben: Die mystische Erfahrung ist aber erst erreicht, da sich die Welle bewusst wird, dass sie nicht nur die Welle, sondern das Meer ist, welches sich in der Welle realisiert.
Einverstanden. - Wobei ich darauf bestehen würde, dass die Welle zu Daseins-Zeiten nie das Meer so erkennt, wie das Meer sie erkennt (vgl. 1.Kor. 13,12). - Das Bild ist gut - pantheistische Assoziationen sollten ausbleiben (als wäre Gott das All des Daseins und sonst nichts).

Demian hat geschrieben: aber wir leben nun mal im Hier und Jetzt.
Spontan fällt mir dazu meine Shakespeare-Lieblingsstelle ein:

Shakespeare hat geschrieben: All the world's a stage (from As You Like It 2/7)

All the world's a stage,
And all the men and women merely players:
They have their exits and their entrances;
And one man in his time plays many parts,
His acts being seven ages. At first the infant,
Mewling and puking in the nurse's arms.
And then the whining school-boy, with his satchel
And shining morning face, creeping like snail
Unwillingly to school. And then the lover,
Sighing like furnace, with a woeful ballad
Made to his mistress' eyebrow. Then a soldier,
Full of strange oaths and bearded like the pard,
Jealous in honour, sudden and quick in quarrel,
Seeking the bubble reputation
Even in the cannon's mouth. And then the justice,
In fair round belly with good capon lined,
With eyes severe and beard of formal cut,
Full of wise saws and modern instances;
And so he plays his part. The sixth age shifts
Into the lean and slipper'd pantaloon,
With spectacles on nose and pouch on side,
His youthful hose, well saved, a world too wide
For his shrunk shank; and his big manly voice,
Turning again toward childish treble, pipes
And whistles in his sound. Last scene of all,
That ends this strange eventful history,
Is second childishness and mere oblivion,
Sans teeth, sans eyes, sans taste, sans everything.

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#5 Re: Unterordnung

Beitrag von Demian » Mo 28. Okt 2013, 21:52

closs hat geschrieben:Ja - in Gestalt göttlicher Anwesenheit. - Ansonsten ist dieser Ansatz auch gefährlich - denn:

Gerade unsere cogito-fixierte (also anthropozentrische) Zeit könnte Gott mit etwas verwechseln, was man heute unter "Selbstverwirklichung" bucht - dies wäre grandios falsch.

Ich bin ein Monist - d.h. Gott ist für mich die sich verwirklichende Wirklichkeit in allem. Wenn man in dem Zusammenhang von Selbstverwirklichung spricht, bietet es sich natürlich an zwischen Egozentrismus und Selbstverwirklichung zu unterscheiden. Selbstverwirklichung würde schließlich ebenso die umfassende Entfaltung der Liebesfähigkeiten des Menschen bedeuten.

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#6 Re: Unterordnung

Beitrag von closs » Mo 28. Okt 2013, 22:15

Demian hat geschrieben:Ich bin ein Monist
Ich auch - aber anders. - Unter Monismus verstehe ich, dass es nur Geist gibt, der sich aber im Dasein in Materie verdünnt darstellt.

Demian hat geschrieben: bietet es sich natürlich an zwischen Egozentrismus und Selbstverwirklichung zu unterscheiden.
Das Problem dabei (rein sprachlich): Beide Begriffe sind in der Alltagssprache zu EINEM Inhalt verschmolzen.

In Deinem (positiven/geistigen) Sinne von "Selbstverwirklichung" würde ich es als höchste Form davon verstehen, wenn der Mensch zu Daseins-Zeiten um seine Existenz im Sein weiß.

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#7 Re: Unterordnung

Beitrag von Pluto » Mo 28. Okt 2013, 22:21

closs hat geschrieben:Unter Monismus verstehe ich, dass es nur Geist gibt, der sich aber im Dasein in Materie verdünnt darstellt.
Verstehe ich nicht, denn das ist die Definiton des Dualismus.

Demian hat geschrieben: bietet es sich natürlich an zwischen Egozentrismus und Selbstverwirklichung zu unterscheiden.
Das Problem dabei (rein sprachlich): Beide Begriffe sind in der Alltagssprache zu EINEM Inhalt verschmolzen.
Nein, denn Egozentrik ist materiell gierig, während Selbstverwirklichung geistiges Weiterkommen bedeutet.

In Deinem (positiven/geistigen) Sinne von "Selbstverwirklichung" würde ich es als höchste Form davon verstehen, wenn der Mensch zu Daseins-Zeiten um seine Existenz im Sein weiß.
Hat dir nicht gerade Theaddäus erklärt, dass es das Sein nicht gibt?
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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#8 Re: Unterordnung

Beitrag von closs » Mo 28. Okt 2013, 23:00

Pluto hat geschrieben:Verstehe ich nicht, denn das ist die Definiton des Dualismus.
Unter Dualismus im geistigen Sinne würde ich zwei gleich-dimensionale Größen sehen, die sich gegenüberstehen. - So gesehen gäbe es im Dasein einen Dualismus aus gut und böse. - Bei dimensionaler Überordnung des EINEN (also einzigen), wovon das andere Ableitung ist, würde ich NICHT von Dualismus sprechen. - Testfrage: Handelt es sich bei der Kugel und dessen Schattenbild (die Kreisfläche) um einen Dualismus aus Kugel und Schatten? - Aus meiner Sicht NEIN.

Pluto hat geschrieben:denn Egozentrik ist materiell gierig, während Selbstverwirklichung geistiges Weiterkommen bedeutet.
Könnten wir hier so festlegen, entspricht aber überhaupt nicht dem Alltagsverständnis.

Pluto hat geschrieben:Hat dir nicht gerade Theaddäus erklärt, dass es das Sein nicht gibt?
Achso :lol: - ich habe das eher so verstanden, dass Thaddäus in seinem Weltbild das Sein nicht vorsieht.

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#9 Re: Unterordnung

Beitrag von Pluto » Mo 28. Okt 2013, 23:11

closs hat geschrieben:Handelt es sich bei der Kugel und dessen Schattenbild (die Kreisfläche) um einen Dualismus aus Kugel und Schatten? - Aus meiner Sicht NEIN.
Denk ich auch. aber das eine ist eine Projektion des anderen.
Wenn das deine Analogie ist, dann ist Sein, auch nichts anderes als eine Projektion des Daseins in einer tieferen Dimension?

Pluto hat geschrieben:denn Egozentrik ist materiell gierig, während Selbstverwirklichung geistiges Weiterkommen bedeutet.
Könnten wir hier so festlegen, entspricht aber überhaupt nicht dem Alltagsverständnis.
Warum willst du an Irrtümern festhalten?
Das Alltagsverständnis ist oft falsch, weil der Laie es nicht besser weiß.

Pluto hat geschrieben:Hat dir nicht gerade Theaddäus erklärt, dass es das Sein nicht gibt?
Achso :lol: - ich habe das eher so verstanden, dass Thaddäus in seinem Weltbild das Sein nicht vorsieht.[/quote] Thaddäus ist eine Frau. :P
und sie hat dir dein Irrtum deutlich gemacht. Wenn im Tod das Sein mit dem Dasein vershcmilzt, dann ist es auch im Leben verschmolzen, und die ontologische Differenz ist gleich Null.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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#10 Re: Unterordnung

Beitrag von closs » Mo 28. Okt 2013, 23:46

Pluto hat geschrieben:Wenn das deine Analogie ist, dann ist Sein, auch nichts anderes als eine Projektion des Daseins in einer tieferen Dimension?
Genau umgekehrt. - Das Dasein ist eine Projektion des Seins - wobei das Sein die höhere und das Dasein die niederere Dimension hat. - Nimmt man allerdings das Cogito als Ausgangspunkt des Daseins, ist es umgekehrt.

Genau das ist DAS große Thema des Christentums - und passt sehr wohl ins Thread-Thema "Unterordnung".

Pluto hat geschrieben:Warum willst du an Irrtümern festhalten?
Wir können an einer internen Kunstsprache festhalten - nur ist diese nicht nach außen vermittelbar, ohne dass sich der Sinn genau umkehrt.

Pluto hat geschrieben:Wenn im Tod das Sein mit dem Dasein vershcmilzt, dann ist es auch im Leben verschmolzen,
Nein - das ist doch genau der Sinn des Sündenfalls, dass das Dasein in tiefere Dimension fällt ("zum Schatten des Seins wird, statt Teil des Seins zu sein"), in der es wahrnehmungsmäßig vom (göttlichen) Sein getrennt ist. Und erst mit dem Daseins-Tod (Rückzug aus der Materie) wieder fähig zur Verschmelzung mit dem Sein wird.

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