ThomasM hat geschrieben:Hermeneutische Vorannahmen sind - analog zu den Axiomen in der Mathematik - beweislos und weder falsch noch richtig im Sinne eines Wahrheitsbegriffs. Sie KÖNNEN nicht falsifiziert werden, sie werden als wahr gesetzt.
Eben. - Aus diesem Grund widerspreche ich Janina, wenn sie sagt:
Janina hat geschrieben:Was bewiesen ist, ist "der Fall".
Denn wenn - ein beliebiges Beispiel - Ryle Descartes' Dualismus "falsifiziert", heißt dies eben NICHT, dass das, was Ryle meint, "der Fall ist", FALLS seine nicht falsifizierbare Vorannahme falsch ist. - Dann ist es ein korrektes methodisches Ergebnis, welches NICHT der Fall ist.
Dito "historisch-kritische Exegese". - FALLS Jesus göttlich ist, sind viele Ergebnisse der historisch-kritischen Exegese methodisch richtig, aber nicht der Fall.
ThomasM hat geschrieben:Das heißt, man kann mit derselben Sicherheit andere Voraussetzungen dagegen setzen. Die dann andere Schlussfolgerungen nach sich ziehen.
So ist es - deshalb spricht Ratzinger von "Glaubensentscheid". - Ratzinger hat einen anderen Glaubensentscheid als ein Naturalist, der historisch-kritisch-exegetische Aussagen nicht nur als methodisch versteht, sondern auch als "automatisch" "der Fall seiend".
ThomasM hat geschrieben:Wenn Menschen das nicht erkennen können, dann ist es irrelevant. Und wenn sie es erkennen können, dann ist es nach deinen Worten anthropogen.
Oder anders ausgedrückt: Von der Wirklichkeit zählt für Menschen nur das, was Menschen erkennen können - mit welchen Methoden auch immer.
Gerade von Naturwissenschaftlern kommt dieses Argument oft - und es erstaunt mich immer wieder.
1) Wenn es Gott gibt, ist er für einen, der ihn nicht erkennt, trotzdem genauso relevant wie für einen, der Gott erkennt. - Die Wirkung ist dieselbe, nur dass sie nicht erkannt ist. - Insofern halte ich Deinen Satz "Wenn Menschen das nicht erkennen können, dann ist es irrelevant" für ontisch falsch - METHODISCH dagegen ist er richtig - das ist Popper pur (Popper ist Methodiker und nicht Weltanschauler).
2) Alles, was wir erkennen, ist anthropogen - anders geht es gar nicht. - Anthropozentristisch wird es, wenn man daraus schlussfolgert, dass anthropogen-vernünftiges Erkennen der Maßstab dessen sei, was der Fall ist. - Es ist eines der Kernmotive des Christentums spätestens seit dem Buch Hiob, dass der Mensch und sein Erkennen gerade NICHT der Maßstab ist.
3) Natürlich zählt subjektiv für uns nur das, was wir erfassen. - Heidegger sagt dazu sinngemäß, dass das Sein nur dann präsent sein kann, wenn es vom Seienden thematisiert wird/thematisierbar ist. - Das heißt aber umgekehrt: Das, was der Mensch mit seinen anthropogen Möglichkeiten nicht thematisieren kann, ist deshalb nicht NICHT. - Von uns thematisiertes Sein ist qualitativ nicht "besser" als von uns NICHT thematisiertes Sein.