Die Weisheit orthodoxer Christen

Nichtchristen sind willkommen, wir bitten aber darum, in diesem Forum keine Bibel- und Glaubenskritik zu üben.
Novas
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#31 Re: Die Weisheit orthodoxer Christen

Beitrag von Novas » Mo 2. Okt 2017, 19:22

2Lena hat geschrieben:Danke Novalis für die vielen Schilderungen! Um 600 entstand der Koran. Er geht auf etwas ein, das beim Christentum in Vergessenheit geriet. Man erzählte sich "bildliche Geschichten", wie die Evangelien die wir kennen. Die Werte innerhalb dieser Geschichten wurden vergessen. Daher rührt das "eigentliche" heiße Gefecht

Ja, wenn sich die religiösen Menschen an die Werte ihrer eigenen Religion erinnern und ihre Lehren wirklich verstehen würden, anstatt nur fragmentierte Zerrformen davon, dann wären die Gefechte bald beendet, denn sie gründen in einer universalen Weisheit (philosophia perennis) der große Religionsphilosoph Frithjof Schuon hat sich viel mit den großen Denkern des Islam beschäftigt, wie Ibn Arabi. Von ihm gibt es beispielsweise dieses Grundlagenwerk zum Islam:

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Frithjof Schuon: Den Islam verstehen

„Wenn die Religionen wahr sind, dann deshalb, weil jedesmal Gott gesprochen hat, und wenn sie verschieden sind, dann darum, weil Gott verschiedene Sprachen gesprochen hat gemäß der Verschiedenheit der empfangenden Gefäße.“ - Frithjof Schuon, Den Islam verstehen

In Moscheen findet man keine Bilder, höchstens Schriftzüge

Im Koran selbst gibt es kein Bilderverbot. Eher sogar im Gegenteil, denn in einigen Koranversen wird Gott als der größte Bildner und Schöpfer dargestellt. In Sure 59, Vers 24 wird Gott als „der Schöpfer, Erschaffer und Gestalter“ gepriesen. Umso erstaunlicher finde ich das Bilderverbot im Mainstream Islam. Das hat wohl etwas damit zu tun, dass sich die Muslime auf das außerordentliche Vorbild Abrahams und die Religion Abrahams berufen und deshalb haben sie das alttestamentarische Bilderverbot übernommen. An mehreren Koranstellen findet sich die Aufforderung, der Religion der „Gemeinschaft Abrahams“ (millat IbrāhÄ«m) zu folgen (Sure 2:130; 4:125) sehr bemerkenswert finde ich diese Beschreibung der schrittweise sich vertiefenden Gotteserkenntnis Abrahams:

Und als Ibrahim zu seinem Vater Azar sagte: "Nimmst du Götzen zu Göttern? Ich sehe dich und dein Volk in einem offenbaren Irrtum", da zeigten Wir Ibrahim das Reich der Himmel und der Erde, auf dass er zu den Festen im Glauben zählen möge. Als ihn nun die Nacht überschattete, da erblickte er einen Stern. Er sagte: "Das ist mein Herr." Doch da er unterging, sagte er: "Ich liebe nicht die Untergehenden." Als er den Mond sah, wie er sein Licht ausbreitete, da sagte er: "Das ist mein Herr." Doch da er unterging, sagte er: Wenn mein Herr mich nicht rechtleitet, werde ich gewiß unter den Verirrten sein." Als er die Sonne sah, wie sie ihr Licht ausbreitete, da sagte er: "Das ist mein Herr, das ist noch größer." Da sie aber unterging, sagte er: "O mein Volk, ich habe nichts mit dem zu tun, was ihr (Allah) zur Seite stellt. Seht, ich habe mein Angesicht in Aufrichtigkeit zu Dem gewandt, Der die Himmel und die Erde schuf, und ich gehöre nicht zu den Götzendienern. (Koran, 6:74-79)

Ein generelles Bilder- oder Abbildungsverbot kann man aus dieser Koranstelle jedoch nicht ableiten. Es wird lediglich vor falschen Götzen/Götzendienst gewarnt, wie wir das aus der biblischen Geschichte vom goldenen Kalb kennen, und diesen falschen Götzen wird die wahre Gotteserkenntnis des Wahren Einen entgegengestellt. Dem wird auch jeder Christ sofort zustimmen: nur Gott, der Schöpfer der Himmel und der Erde, ist anbetungswürdig.

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Die Anbetung des goldenen Kalbes, Nicolas Poussin (1633–1636)


Im Bilderverbot der Zehn Gebote (Ex 20,4-5 und Dtn 5,8-9) drückt sich ein zentrales Anliegen des Monotheismus aus:

„Du sollst dir kein Gottesbild machen noch irgendein Abbild von etwas, was oben im Himmel, was unten auf der Erde oder was im Wasser unter der Erde ist. Du sollst dich nicht niederwerfen vor ihnen und ihnen nicht dienen, denn ich der HERR bin dein Gott[...]“

Das Bilderverbot war ursprünglich dazu da, das Sakrale gegen die Entwertung zu schützen und zu vermeiden, dass die Menschen etwas anderes außer Gott anbeten. Offenbar haben Menschen diese Neigung. Muslime nennen das „Beigesellung“ (Å¡irk) im Gegensatz zum dem, was in ihren Augen wahrer Monotheismus ist (توحيد tauḥīd, abgeleitet von der Wurzel w-ḥ-d (وحد): „einzig oder allein sein“). Aus Sichtweise der christlichen Theologie hat Gott jedoch durch die Inkarnation sein eigenes Bilderverbot durchbrochen und aufgehoben in Jesus Christus, der „wahrer Mensch“ und „wahrer Gott“ zugleich ist in der christologischen Denkweise. So heißt es im Brief an die Kolosser über Jesus: „Er ist das Bild des unsichtbaren Gottes“ (Kol 1,15) – der „Sohn“ wird als das „wahre Abbild“ (eikón) seines unsichtbaren Vaters begriffen. „Wer mich gesehen hat, hat den Vater gesehen“ (Joh 14,9)

Im Christentum gibt es überwiegend kein Bilderverbot, weil offenbar der Glaube an die Inkarnation zu einer anderen Geisteshaltung geführt hat, denn Inkarnation ist das „ins Fleisch gehen“, das Hinabsteigen des Geistes in die Materie und dadurch besitzt die ganze materielle Welt eine innewohnende Heiligkeit. Die islamische Kunst vermeidet stattdessen bildliche Darstellungen:

In Verbindung mit der großen Bedeutung des Wortes, gleichsam als Träger der Offenbarung, führt das Vermeiden bildlicher Darstellungen zu einer überragenden Rolle von Schrift (Kalligraphie) und Ornament. Dabei wird eine Inschrift häufig selbst zum Ornament; geometrisch konstruierte Muster sind ein unverkennbares Hauptelement der islamischen bildenden Kunst.

...

Grabar identifiziert mehrere Kennzeichen, durch die ein Kunstwerk als „islamisch“ erkennbar werde: Hierzu zählt er seine Bedeutung im gesellschaftlichen Kontext, die typische, nicht-bildhafte Ornamentik, und eine Spannung zwischen Einheit und Vielfalt.


Wikipedia: Islamische Kunst

Das Christentum war im Großen und Ganzen eher bilderfreundlich, aber es gab auch Ausnahmen, wie den reformatorischen Bildersturm, der eine Begleiterscheinung der Reformation im 16. Jahrhundert war.

2Lena
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#32 Re: Die Weisheit orthodoxer Christen

Beitrag von 2Lena » Di 3. Okt 2017, 08:30

Hallo Novalis,

auch die von dir zitierte Sure ist "Metapher".
Wie will der Koran die Rede Abrahams (Ibrahim) zu seinem Vater Azar wissen?
Und doch ist es die genaue Wiedergabe der INHALTE einer Geschichte, von der "wir"kennen, dass einer mit Kamelen und Schafen durch die Gegend zog, also Historisches annehmen.

Auch das "Gottesbild" ist verdreht, bei nahezu allen Religionen.
Denn es sind für die Menschen unvorstellbare Dinge vorhanden, von denen die wenigsten auch nur etwas vorstellen können.

Novalis hat geschrieben:Das Bilderverbot war ursprünglich dazu da, das Sakrale gegen die Entwertung zu schützen und zu vermeiden, dass die Menschen etwas anderes außer Gott anbeten.
Man könnte es meinen (den Reden nach, die darüber geführt wurden). Selbst im Konzil, wo es um das "Bilderverbot" ging, war kaum einer, der die Schiene geradebiegen konnte. Man wusste eben nicht mehr, WIE das aufzulösen wäre, während andere (gerade wegen dem Bilderverbot) das Drama der Abweichung erkannten.

Analog ist der Konflikt zwischen Katholiken und Protestanten.
Die Kirche bezieht sich auf die Bibel. Sie feierte die Messe in Latein. Was sie predigte war fern von dem was ein Protestant nach der Bibelübersetzung las.
Verheerend?
Oder doch nicht ... denn die Überlieferungen der ersten Kirchen waren nicht der übersetzte Bibeltext, sondern ein "TEIL" (nur) der auszulegenden Inhalte. Das konnten sie aber nicht mehr nachvollziehen. Befolgt wurden die "Dogmen" und die schufen eigene Vorschriften darüber.

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#33 Re: Die Weisheit orthodoxer Christen

Beitrag von Novas » Mi 4. Okt 2017, 18:18

„Das Gebet ist der Aufstieg des Geistes zu Gott ...“
―Johannes von Damaskus

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Man wusste eben nicht mehr, WIE das aufzulösen wäre, während andere (gerade wegen dem Bilderverbot) das Drama der Abweichung erkannten.

Missverständnisse können nur durch ein noch größeres und umfassendes Verständnis aufgelöst werden. Danach strebe ich. Der Ikonenmalerei der orthodoxen Christen liegt eine mystische Theologie zugrunde. Ikonen gelten als Fenster in die himmlische Welt. So symbolisiert der zumeist goldene Hintergrund die höhere Dimension des Himmelreichs. Das Geheimnis und die spirituelle Kraft der Ikonen erschließt sich nur dem, der die dahinter stehenden Gedanken und Lehren nachvollzieht.

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#34 Re: Die Weisheit orthodoxer Christen

Beitrag von Novas » Mi 4. Okt 2017, 23:04

Schlußendlich erweisen die Früchte den guten oder schlechten Baum (Mt 7,16 ff.)

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Der wahrhaft gläubige und rechtschaffene Mensch, „ist wie ein Baum, der an Wasserbächen gepflanzt ist, der zur rechten Zeit seine Frucht bringt und dessen Blätter nicht welken. Alles, was er tut, wird ihm gut gelingen“ (Psalm 1,3)

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#35 Re: Die Weisheit orthodoxer Christen

Beitrag von Novas » Do 5. Okt 2017, 16:38

"Theologe" meint in der ursprünglichen Bedeutung vor allem: den Logos tou Theou (Wort Gottes, welches in Jesus Christus inkarnierte/ins Fleisch gekommen ist) im Herzen tragen und im eigenen Leben verwirklichen. Ein solcher Mensch, der mit Gottesbewusstsein erfüllt ist, ist ein wahrer Theologe. Was wir brauchen sind nicht Diplom-Theologen, sondern wahre Nachfolger Jesu, die das Wort durch ihr Leben sichtbar machen, weil ihr Herz, ihr inneres Wesen, vollkommen verwandelt wurde. Orthodoxe Christen nennen diesen Prozess der Verwandlung die Vergöttlichung des Menschen (theōsis)

Dazu schreibt der Hl. Gregor von Nazians, der den Beinamen "Theologe" hat:

"Das Ewige Wort ... schöpft den Menschen als ein einfaches lebendiges Wesen, welches sowohl eine sichtbare irdische wie auch eine unsichtbare himmlische Natur hat ... und stellt ihn als eine Art Universum en miniature auf die Erde; als einen Engel, einen Pilger zwischen zwei Welten, der die sichtbare Schöpfung überschaut und in die geistige eingeweiht wird ... ein König, der über alle irdischen Dinge herrscht ... ein Tier, das sich hier eine Heimstatt schafft, woanders aber seine wahre Heimat hat und welches -Ziel des Mysteriums- in seiner Sehnsucht nach Gott vergotten wird."

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Die Theosis - die Erlösung, Erleuchtung und Rettung des Menschen durch Teilnahme am Leben Gottes - steht im Zentrum der orthodoxen Spiritualität. Diese Lehre wurde direkt aus den Lehren der Apostel und der Lebensweise der frühen Christen entwickelt.

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#36 Re: Die Weisheit orthodoxer Christen

Beitrag von Novas » Do 5. Okt 2017, 19:27

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#37 Re: Die Weisheit orthodoxer Christen

Beitrag von Novas » Do 5. Okt 2017, 22:23

Die spirituelle Kraft eines einzigen gerechten und gottergebenen Menschen

Lange waltete der Herr über Seinem auserwählten Volk und rief es durch wunderbare Taten der Gnade und durch die Stimme der Propheten zur Umkehr. Immer wieder ermahnte Er das Volk und drohte mit seinem Zorn Jerusalem werde zerstört, das Reich und damit die Heimat dem Volke genommen, Gefangenschaft werde sein Los. Israel jedoch blieb starrsinnig und verstockt . Es spottete gleichsam der Langmut des Herrn und gab Seinen Namen dem Schimpf der Heiden preis. Die Tage des göttlichen Zornes rückten näher, die Stunde des Unterganges der heiligen Stadt reifte heran. Noch herrscht die Güte des Herrn und Sein Wort gilt den Gerechten . "Gehet hin, schaut und sucht auf den Straßen Jerusalems; und wenn ihr einen Mann findet , der Gerechtigkeit übt und Glauben sucht , werde Ich Jerusalem barmherzig sein! "So groß ist die Bedeutung eines Gerechten in den Augen Gottes für Sein Volk. Auch das Neue Testament berichtet, wie um eines Gerechten willen, nämlich Paulus , die Besatzung eines Schiffes vor dem sicheren Untergang gerettet wird . Damals sprach der Engel zu dem Apostel : "Gott hat dir das Leben aller deiner Reisegefährten geschenkt".(Apg 27,24 )

Warum sind die Gerechten für das Volk so wichtig ? Sie sind Gradmesser und Zeugen des geistigen Lebens und der geistigen Größe eines Volkes . Durch ihre Existenz treten sie den Nachweis an, daß das Volk noch nicht gänzlich für Gott , für die Heiligkeit , für ein geistliches Leben gestorben ist; daß es noch Menschen
gibt, die sich des Wohlgefallens Gottes freuen und ihrer gibt es nicht wenige. Verherrlichte Gerechte, Eiferer, Wundertäter - kann man mit dem Gipfel hoher Berge vergleichen. In geistig-charismatischer Hinsicht gilt dasselbe wie in der sichtbaren Natur unserer Erde.Hohe Bergspitzen ragen selten allein empor . Neben ihnen erheben sich kleinere Berge, ja ganze Gebirgsketten und Berglandschaften .


Orthodoxe Bibliothek: DIE GERECHTIGKEIT ERHÖHT EIN VOLK

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https://stayonfire.de

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#38 Re: Die Weisheit orthodoxer Christen

Beitrag von Novas » Fr 6. Okt 2017, 18:38

Die Würde und der Adel des Menschen

Der Mensch steht in der Mitte der Schöpfung, zwischen Stoff und Geist; zwischen Zeit und Ewigkeit.

~ Albertus Magnus

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#39 Re: Die Weisheit orthodoxer Christen

Beitrag von Novas » Sa 7. Okt 2017, 18:30

Es ist nicht der große Glaube, der dich rettet, sondern der wahre Glaube! Die Rettung beruht nicht auf dem Glauben, sondern auf Christus, dem der Glaube vertraut.

~ Charles Haddon Spurgeon


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#40 Re: Die Weisheit orthodoxer Christen

Beitrag von Novas » So 8. Okt 2017, 06:25

„Der Weg“: „Et in meditatione mea exardescit ignis. ‚Wenn ich betrachte, beginnt ein Feuer zu lodern.‘ – das ist der Sinn deines Gebetes: Ein Feuer zu werden, lebendiges Glühen, das Wärme und Licht verbreitet …“ (Nr. 92/1)

~ Josemaría Escrivá

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