Das Buch Hiob

Themen des alten Testaments
JackSparrow
Beiträge: 5501
Registriert: Mi 30. Okt 2013, 13:28

#181 Re: Das Buch Hiob

Beitrag von JackSparrow » Mo 15. Okt 2018, 19:05

Helmuth hat geschrieben:Nein, aber ich widerspreche dir.
Demnach war Hiob nicht gerecht vor Gott?

Dir fehlt das nötige geistliche Verständnis,
Bitte erläutere mir die Funktionsweise derjenigen Art von Verständnis, die man benötigt, um "nicht ein einziger" als "mindestens einer" verstehen zu können.

Helmuth
Beiträge: 7948
Registriert: So 5. Jun 2016, 12:51

#182 Re: Das Buch Hiob

Beitrag von Helmuth » Mo 15. Okt 2018, 19:12

JackSparrow hat geschrieben: Bitte erläutere mir die Funktionsweise derjenigen Art von Verständnis, die man benötigt, um "nicht ein einziger" als "mindestens einer" verstehen zu können.
Wozu? Hier will Closs über Hob reden, und du?
Der Herr steht zu mir, deshalb fürchte ich mich nicht. Was kann ein Mensch mir anhaben?
Ps 118:6

closs
Beiträge: 39690
Registriert: Fr 19. Apr 2013, 20:39

#183 Re: Das Buch Hiob

Beitrag von closs » Mo 15. Okt 2018, 19:26

Um immer wieder etwas Dynamik reinzubringen, wenn was hängenbleibt. - Seid Ihr mit folgender Zusammenfassung der ersten Elifas-Rede einverstanden? (Es ist etwas anspruchsvoller, weil es richtig fett in den Text reingeht - wenn es im Forum nicht angenommen wird, bin ich überhaupt nicht beleidigt)

Elifas beschreibt Gott als einen „Zurechtweiser“ des Menschen, dem er diese Zurechtweisung sowohl mit „Peitsche“ („er verwundet“) als auch mit „Zuckerbrot“ („er verbindet“) zukommen lässt. – Der Mensch tut dabei wohl, beides als „Glück“ (Buber: 5,17) für sich begreifen, weil er in diesem Begreifen der „Fürchtigkeit“ (Buber: 4,6) dann zu den „Redlichen <gehört, die nicht> im Stich gelassen“ (4,7) werden. – „Er zerbricht die Ränke der Listigen“ (5,12), was damit gleichzusetzen zu sein scheint, dass der Mensch der göttlichen Zurechtweisung letztlich nichts entgegensetzen kann.

Aus Sicht des Eifas beinhaltet seine erste Rede (vgl. 4,1 – 5,27), dass Gott-Ferne des Menschen Folge von menschlicher „Schuld“ (4,7) („Sträflichkeit“ (vgl. Buber: ibd)) ist. – Ausgeführt wird dabei nicht, ob sich die aus Schuld folgende „Vertilgung“ (vgl. zu 4,7) auf den leiblichen Tod oder den geistigen Tod des Menschen bezieht. Ebenso wird die Frage nicht gestellt, ob die „Vertilgung“ irreversibler oder reversibler Natur ist.

Indirekt beantwortet Elifas jedoch diese Frage, indem er „Heil“ (5,4) („Befreiung“ (Buber: ibd)) für möglich hält und Hiob empfiehlt, Gott seine Sache vorzulegen (vgl. 5,8). – Die von Elifas eingeschoben zitierte Traum-Geist-Geschichte lässt einen Geist erscheinen, der ihn in „Furcht und Zittern“ (4,14) versetzt, ohne dass die Identität bzw. der „Absender“ dieses Geistes gelüftet wäre. Nach Aussagen dieses Geistes gibt es keinen Menschen im Dasein, der vor Gott „bewahrheitet“ (Buber: 4,17) ist – was seins-orientiert nachvollziehbar ist. Weiterhin wird Gott dargestellt als jemand, der im Grundsatz keinem seiner Geschöpfe traut und seine Schöpfung „vom Morgen bis zum Abend <zerschlägt>“ (4,20) – was für meine Ohren wie eine Gegenkraft zu Gott klingt.

Denn mit dieser Charakterisierung Gottes steht die Traumaussage im Gegensatz zu Elifas‘ Ansicht, dass Gott-Ferne des Menschen Folge von menschlicher „Schuld“ (4,7) („Sträflichkeit“ (vgl. Buber: ibd)) ist, mithin umgekehrt Schuldlose „nicht im Stich gelassen werden“ (4,7). – Näher steht diese Charakterisierung Gottes durch den Traumgeist hingegen der Ansicht Hiobs (vgl. zu 3,23), dass Leid nicht Folge eigenen (im heutigen Wortsinn eines subjektiven) Verfehlens ist, sondern primär gott-veranlasst ist.

Somit deutet sich zum jetzigen Zeitpunkt eine geistige/geistliche Konstellation an, in der Hiob sich als Opfer eines willkürlich seine Opfer auswählenden Gottes versteht, und in der Elifas (diesem Willkür-Gedanken widersprechend) in der menschlichen Schuld den Grund für das Leiden sieht, während der Traumgeist jenseits menschlicher Schuld und Willkür-Auswahl in Gott denjenigen sieht, der grundsätzlich niemandem traut (vgl. 4,18) und jeden zerstört (vgl. 4,20). – Noch weiter verdichtet, stehen somit einem (mir) satanisch anmutenden Gottesbild des Traum-Geistes bei Hiob der Ansatz einer Gnaden-Rechtfertigung und bei Elifas der Ansatz einer Werks-Gerechtigkeit gegenüber, die allerdings vom Menschen nicht durchschaut werden kann (vgl. 5,12ff) und – weitergedacht - somit auch nicht vom Menschen von der Gnaden-Rechtfertigung unterschieden werden kann.

Überm Daumen einverstanden?

Benutzeravatar
Münek
Beiträge: 13072
Registriert: Di 7. Mai 2013, 21:36
Wohnort: Duisburg

#184 Re: Das Buch Hiob

Beitrag von Münek » Mo 15. Okt 2018, 23:04

Helmuth hat geschrieben:
JackSparrow hat geschrieben: Du widerprichst also dem Paulus und räumst ein, dass es Menschen geben kann, die gerecht vor Gott sind?
Nein, aber ich widerspreche dir. Dir fehlt das nötige geistliche Verständnis, die Aussage auch nach geistlichem Maßstab zu beurteilen.
Was ist "geistliches" Verständnis? Fokussiertes Verständnis aus einem persönlichen Gottesglauben heraus? Verständnis auf der Basis konkreter Glaubensannahmen? Also ein von vorn herein eingeschränktes, nur auf ein bestimmtes Ziel ausgerichtetes Glaubensver-
ständnis?


Ich blicke da nicht ganz durch. Der Glaube an die Existenz transzendenter, d.h. den Sinnen nicht zugänglicher Welten und Wesen scheint
bei dem "geistlichen Verständnis" die Hauptrolle zu spielen. Also ohne diesen Glauben kein "geistliches Verständnis"?

Helmuth
Beiträge: 7948
Registriert: So 5. Jun 2016, 12:51

#185 Re: Das Buch Hiob

Beitrag von Helmuth » Di 16. Okt 2018, 05:25

Münek hat geschrieben: Also ohne diesen Glauben kein "geistliches Verständnis"?
Diese Aussage trifft es am besten. In etwa wie man ohne Geschmacksempfinden kein Kochverständnis haben kann. Deine Aussage ist aber präziser, vielleicht hilft dir aber der Vergleich etwas weiter.

Hauptgrund ist ein verstocktes Herz. Dieses kann kein Verständnis aufbauen. Unter Menschen gilt dasselebe. Einen Menschen, den du ablehnst kannst du ebensowenig verstehen, denn um ihn zu verstehen, musst du dein Herz dem anderen gegenüber öffnen. Bei Gott ist das ebenso, wir sind sein Ebenbild.
Der Herr steht zu mir, deshalb fürchte ich mich nicht. Was kann ein Mensch mir anhaben?
Ps 118:6

Helmuth
Beiträge: 7948
Registriert: So 5. Jun 2016, 12:51

#186 Re: Das Buch Hiob

Beitrag von Helmuth » Di 16. Okt 2018, 05:30

closs hat geschrieben: Überm Daumen einverstanden?
Ehrlich gesagt nein. Da wird viel zu viel hineininterpretiert in einen Text.Herauslesen kann ich das erstens alles nicht und damit verstehe ich auch nicht deine Gedankenwelt. Aber meine Auffassung zu den Kapiteln 3 - 37 kennst du ja mittlerweile.
Der Herr steht zu mir, deshalb fürchte ich mich nicht. Was kann ein Mensch mir anhaben?
Ps 118:6

Benutzeravatar
Travis
Beiträge: 3491
Registriert: Di 10. Okt 2017, 06:59

#187 Re: Das Buch Hiob

Beitrag von Travis » Di 16. Okt 2018, 08:32

closs hat geschrieben:Überm Daumen einverstanden?
Ist Deine Zusammenfassung dem Hiob gerecht geworden? Dazu müsste man über Hiob 4 hinausgehen, was ich mir mal herausnehme.

Hiob kommt mit seinem Ergehen nicht zurecht, stellt alle bekannten Gottesvorstellungen in Frage und sich damit gegen seine Freunde. All ihre Argumente sind beleglos, dem Hiob bekannt und treffen seine Situation nicht. Genau das bringt den Hiob an seine Grenze. Auf seine Freunde hätte er so lieber verzichtet oder auf ihr Schweigen gehofft.

Seine Position Gott gegenüber ist ambivalent, worin ihm seine Freunde keine Hilfe sind. Hiob sieht sich einerseits quasi als Opfer (weil er seine Lage nicht einordnen kann), nimmt auf der anderen Seite jedoch Stellung für Gott, seinen Freunden entgegen und abseits davon, ihm etwas wie Willkür zu unterstellen. Deutlich wird eine heftige Enttäuschung bezüglich seiner Freunde, Elihu ausgenommen.

Was Du sonst schreibst, liest sich weitgehend in Ordnung für mich.
Ich weiß, dass ich nicht einmal weiß das ich nichts weiß.

closs
Beiträge: 39690
Registriert: Fr 19. Apr 2013, 20:39

#188 Re: Das Buch Hiob

Beitrag von closs » Di 16. Okt 2018, 09:41

Travis hat geschrieben:Ist Deine Zusammenfassung dem Hiob gerecht geworden?
Als Ganzes NICHT - ich verstehe es als Schnappschuß, um Entwicklungen festzuhalten.

Travis hat geschrieben:Deutlich wird eine heftige Enttäuschung bezüglich seiner Freunde, Elihu ausgenommen.
Ich weiß es gerade nicht: Lobt Hiob irgendwo Elihu?

Weißt Du, was mir an Elihu nicht gefällt? - Er klingt so, als würde er ziemlich bewusstlos etwas runterplappern, was Hiob am Ende durch Leid erkannt haben wird. - Wenn ich mich recht erinnere, ist Elihu der Jüngste der Figuren - die Weisheit, die er vertritt, klingt nicht echt aus seinem Mund.

Helmuth
Beiträge: 7948
Registriert: So 5. Jun 2016, 12:51

#189 Re: Das Buch Hiob

Beitrag von Helmuth » Di 16. Okt 2018, 09:54

closs hat geschrieben: Weißt Du, was mir an Elihu nicht gefällt? - Er klingt so, als würde er ziemlich bewusstlos etwas runterplappern, was Hiob am Ende durch Leid erkannt haben wird. - Wenn ich mich recht erinnere, ist Elihu der Jüngste der Figuren - die Weisheit, die er vertritt, klingt nicht echt aus seinem Mund.
Haha ... , ja da sprechen wir schon eher eine gemeinsame Sprache, weshalb Hiob meinte mit ihnen sterbe die Weisheit auch aus. :D

Hiob war zehnfacher Familienvater und Großvater, insofern gestehe ich schon ein deutliches Maß an Lebenserfahrung und Weisheit zu. Dass er als gerecht vor Gott wandelte, bestätigt dieser obendrein. Ja ein solcher hat schon ein Maß an Weisheit.

Was seine Freunde betrifft, so wissen wir über sie nur spärlichst, nahezu gar nichts. Insofern ist die Einschätzung nicht möglich, aber Gott traf sie. Und wenn er es getan hatte, brauche ich keine andere Einschätzung mehr abgeben.
Der Herr steht zu mir, deshalb fürchte ich mich nicht. Was kann ein Mensch mir anhaben?
Ps 118:6

Benutzeravatar
Travis
Beiträge: 3491
Registriert: Di 10. Okt 2017, 06:59

#190 Re: Das Buch Hiob

Beitrag von Travis » Di 16. Okt 2018, 09:58

closs hat geschrieben:Als Ganzes NICHT - ich verstehe es als Schnappschuß, um Entwicklungen festzuhalten.
Eine Entwicklung macht er durch, keine Frage. Bezüglich seiner Freunde, und das recht bitter. Bezüglich Gottes ebenfalls, wobei Elihu diese Entwicklung als Einziger auf gute Weise begleitet.
closs hat geschrieben:Ich weiß es gerade nicht: Lobt Hiob irgendwo Elihu?
Nein. Als Elihu anfängt das Wort zu ergreifen, ist Hiob bereits aus dem Gespräch mit seinen Freunden ausgestiegen. Hiob erwartet Gottes Reaktion. Ob er Elihu noch zuhört ist ungewiss, aber wahrscheinlich. Denn Elihu fordert ausdrücklich Hiobs Aufmerksamkeit, erhält jedoch keine Antwort auf seine Rede.
closs hat geschrieben:Weißt Du, was mir an Elihu nicht gefällt? - Er klingt so, als würde er ziemlich bewusstlos etwas runterplappern, was Hiob am Ende durch Leid erkannt haben wird. - Wenn ich mich recht erinnere, ist Elihu der Jüngste der Figuren - die Weisheit, die er vertritt, klingt nicht echt aus seinem Mund.
Hm. Diesen Eindruck hinterlässt er bei mir gar nicht. Im Gegenteil wäre ich froh gewesen, Elihu hätte aus Respekt nicht bis zum Ende gewartet.
Ich weiß, dass ich nicht einmal weiß das ich nichts weiß.

Antworten