Abraham kam aus Ur - aber aus welchem?

Themen des alten Testaments
Helmuth
Beiträge: 7948
Registriert: So 5. Jun 2016, 12:51

#71 Re: Abraham kam aus Ur - aber aus welchem?

Beitrag von Helmuth » Do 17. Jan 2019, 08:04

Travis hat geschrieben:
Do 17. Jan 2019, 07:18
Hat die Klärung der Frage überhaupt theologische Relevanz?
In diesem Fall nicht. Für uns geht es eigentlich nur darum, ob Abraham ca. 500 km oder 1.500 km gewandert ist. Man schafft beides, Er ging ja auch nicht mehr zurück. Insofern ist es nur eine historische Frage. Seinen Ruf erhielt er erst in Charan (ELB schreibt Haran).

PeBs Recherchen sind dennoch lehrreich, damit wir lernen unseren Glauben nicht auf Menschen abzustützen. Und wenn ich sage Mensch, dann meine ich nicht nur Prof. Woolley sondern auch Dr. PeB. PeB als guter Bruder wird das verstehen. ;)

Eine Klärung konnte erzielt werden Charan ist nicht Haran. Immerhin.
Der Herr steht zu mir, deshalb fürchte ich mich nicht. Was kann ein Mensch mir anhaben?
Ps 118:6

PeB
Beiträge: 3712
Registriert: Do 15. Mär 2018, 19:32

#72 Re: Abraham kam aus Ur - aber aus welchem?

Beitrag von PeB » Do 17. Jan 2019, 08:58

Travis hat geschrieben:
Do 17. Jan 2019, 07:18
PeB hat geschrieben:
Do 17. Jan 2019, 07:17
Ich halte es für einen Schwindel (persönliche Einschätzung).
Ein Schwindel? Mit welcher Motivation? Hat die Klärung der Frage überhaupt theologische Relevanz?
Abgesehen davon, dass ich mir gerade die Grabungsberichte Leonard Woolleys bestellt habe, um nachzuschauen, ob und was er selbst zu der Frage schreibt, antworte ich dir Folgendes: ja, es ist von theologischer Relevanz. Und zwar aus folgendem Grund:

- erste Annahme: Abraham sei eine rein literarische Figur:
dann mag es so gewesen sein, dass die Juden im babylonischen Exil in Kenntnis der südmesopotamischen Stadt Ur "in Chaldäa" die Geschichte erfunden/ adaptiert haben und ihren Ausgangsort nach dort verlegt haben. Dann mag es auch so sein, dass Abraham mit dem Mondgott Nanna in Verbindung steht; denn den Juden in Babylon wird bekannt gewesen sein, dass Nebukadnezar den Wiederaufbau der dortigen Zikkurat des Mondgottes befohlen hatte.

- zweite Annahme: Abraham sei eine reale Person gewesen, die ca. 2000 v. Chr. lebte:
dann stoßen wir bei der Vermutung, das südmesopotamische Ur sei seine Heimatstadt gewesen auf ein Problem, welches da lautet:
das westsemitische Volk der Chaldäer ist erst 1000 Jahre nach Abraham in dieses Gebiet eingewandert. Daraus ergebn sich zwei Schlussfolgerungen:

1. in der frühen Überlieferung zu Abraham (die wohl spätestens nach seinem Tod begonnen haben sollte, KANN NICHT von "Ur in Chaldäa" die Rede gewesen sein, weil die Landschaft zu dieser Zeit noch gar nicht Chaldäa hieß. Dieser Zusatz (Chaldäa) wäre dann erst nachträglich in die Überlieferung gelangt. Dann muss man aber fragen: warum und mit welcher Berechtigung?

2. Zur Zeit Abrahams lebten KEINE Westsemiten in Südmesopotamien (sie kamen 1000 Jahre später). Abraham wäre demnach kein Westsemit, sondern Sumerer oder Akkader. Damit kann er aber schwerlich der (genetische) Stammvater des westsemitischen Volkes der Israeliten sein.

PeB
Beiträge: 3712
Registriert: Do 15. Mär 2018, 19:32

#73 Re: Abraham kam aus Ur - aber aus welchem?

Beitrag von PeB » Do 17. Jan 2019, 09:05

Helmuth hat geschrieben:
Do 17. Jan 2019, 08:04
Travis hat geschrieben:
Do 17. Jan 2019, 07:18
Hat die Klärung der Frage überhaupt theologische Relevanz?
In diesem Fall nicht. Für uns geht es eigentlich nur darum, ob Abraham ca. 500 km oder 1.500 km gewandert ist. Man schafft beides, Er ging ja auch nicht mehr zurück. Insofern ist es nur eine historische Frage. Seinen Ruf erhielt er erst in Charan (ELB schreibt Haran).
Über die theologische Relevanz habe ich oben geschrieben.

Ja, es ist auch eine Frage der historischen Glaubwürdigkeit. Mich stört einfach auch der Sachverhalt: jahrtausendelang war diese Örtlichkeit in Südmesopotamien überhaupt nicht auf der Liste der möglichen Kandidaten.
Dann wird dies einfach in den 1920er Jahren behauptet, ohne dass eine Evidenz öffentlich vorgelegt wird, dass diese Stadt überhaupt "Ur" heißt.

Und das wird dann geglaubt; schließlich haben das ja Wissenschaftler in weißen Kitteln bezeugt. ;)

(Am Rande: ich halte eigentlich jede Falschdarstellung der Bibel für theologisch relevant)

Helmuth
Beiträge: 7948
Registriert: So 5. Jun 2016, 12:51

#74 Re: Abraham kam aus Ur - aber aus welchem?

Beitrag von Helmuth » Do 17. Jan 2019, 09:09

PeB hat geschrieben:
Do 17. Jan 2019, 08:58
Dann mag es auch so sein, dass Abraham mit dem Mondgott Nanna in Verbindung steht; denn den Juden in Babylon wird bekannt gewesen sein, dass Nebukadnezar den Wiederaufbau der dortigen Zikkurat des Mondgottes befohlen hatte.
Was hätte Abraham mit dem Mondgott für eine Verbindung? Das verstehe ich nicht. Kannst du das erläutern? Angenommen er käme tatsächlich von dort, dann wäre er ja gerade wegen solcher Götzenbräuche veranlasst gewesen, das alles hinter sich zu lassen.

Der Grund warum schon sein Vater Terach Ur verlassen hat wird nicht näher angegeben. Das kann irgendein Umstand gewesen sein, einer der heilsgeschichtlich kaum eine Rolle spielt.

In dieser Hinischt spielt Ur immer weniger Rolle. Es ging darum seine Familie, also genau DAS zu verlassen. Etwas was man damals nicht tat.
Der Herr steht zu mir, deshalb fürchte ich mich nicht. Was kann ein Mensch mir anhaben?
Ps 118:6

Benutzeravatar
Travis
Beiträge: 3491
Registriert: Di 10. Okt 2017, 06:59

#75 Re: Abraham kam aus Ur - aber aus welchem?

Beitrag von Travis » Do 17. Jan 2019, 09:22

Hallo PeB,

PeB hat geschrieben:
Do 17. Jan 2019, 08:58
- erste Annahme: Abraham sei eine rein literarische Figur:
dieser Annahme halte ich bereits aus innerbiblischen Gründen keinen Zeitaufwand für wert. Bei der zweiten Annahme
PeB hat geschrieben:
Do 17. Jan 2019, 08:58
- zweite Annahme: Abraham sei eine reale Person gewesen, die ca. 2000 v. Chr. lebte: dann stoßen wir bei der Vermutung, das südmesopotamische Ur sei seine Heimatstadt gewesen auf ein Problem, welches da lautet:das westsemitische Volk der Chaldäer ist erst 1000 Jahre nach Abraham in dieses Gebiet eingewandert.
stört mich irgendwas. Ich weiß blos noch nicht genau was. Irgendwas passt da nicht zusammen.

Wie sicher ist es, dass zu Abrahams Zeiten keine Menschen in Chaldäa lebten, die man Chaldäa genannt haben und damit nicht schlicht den biblischen Berichten zu Abrahams Herrkunft folgen könnte? Mit "sicher", meine ich wirklich sicher und nicht, "es wird angenommen" oder "vielleicht war es anders".

Zurzeit habe ich den Eindruck, als ob die Informationsgrundlage löcherig ist. Es kommt mir seltsam vor, dass Du der Erste sein solltest, dem das Thema aufgefallen wäre. Deine Kompetenz als Archäologe möchte ich dabei übrigens nicht zur Diskussion stellen, die der zeitgenössischen erwecklichen Theologen jedoch auch nicht.
Ich weiß, dass ich nicht einmal weiß das ich nichts weiß.

PeB
Beiträge: 3712
Registriert: Do 15. Mär 2018, 19:32

#76 Re: Abraham kam aus Ur - aber aus welchem?

Beitrag von PeB » Do 17. Jan 2019, 09:24

Helmuth hat geschrieben:
Do 17. Jan 2019, 09:09
PeB hat geschrieben:
Do 17. Jan 2019, 08:58
Dann mag es auch so sein, dass Abraham mit dem Mondgott Nanna in Verbindung steht; denn den Juden in Babylon wird bekannt gewesen sein, dass Nebukadnezar den Wiederaufbau der dortigen Zikkurat des Mondgottes befohlen hatte.
Was hätte Abraham mit dem Mondgott für eine Verbindung? Das verstehe ich nicht.
Das war nicht meine These, sondern eine die in einem anderen Thread geäußert wurde: Abraham sei identisch mit dem Mondgott Nanna aus Ur und als legendäre Gründungsfigur des israelitischen Volkes adaptiert worden.
Du musst die Leute fragen, die diese These aufgestellt haben.

PeB
Beiträge: 3712
Registriert: Do 15. Mär 2018, 19:32

#77 Re: Abraham kam aus Ur - aber aus welchem?

Beitrag von PeB » Do 17. Jan 2019, 09:36

Hallo Travis,

Travis hat geschrieben:
Do 17. Jan 2019, 09:22
Zurzeit habe ich den Eindruck, als ob die Informationsgrundlage löcherig ist.
Das ist sie auch. Wir befinden uns in den Geschichtswissenschaften, nicht in der Physik. Das versuche ich hier im Forum ja immer wieder klarzumachen: in der Geschichte werden die zuverlässigen Daten immer dünner, je weiter wir in die Vergangenheit blicken.

Travis hat geschrieben:
Do 17. Jan 2019, 09:22
Wie sicher ist es, dass zu Abrahams Zeiten keine Menschen in Chaldäa lebten, die man Chaldäa genannt haben und damit nicht schlicht den biblischen Berichten zu Abrahams Herrkunft folgen könnte? Mit "sicher", meine ich wirklich sicher und nicht, "es wird angenommen".
Tja, was soll ich sagen?
Laut den schriftlichen Quellen werden die Chaldäer erst im 1. Jahrtausend erwähnt. Davor liegen sie im Dunkel der Vergangenheit. Das südmesopotamische Gebiet wird auch erst seit dieser Zeit "Chaldäa" genannt.

https://de.wikipedia.org/wiki/Chald%C3%A4er
Die Chaldäer (auch: Kaldäer[1]) waren ein semitisches Volk in Südmesopotamien im 1. Jahrtausend v. Chr. Unabhängig davon existierte ein gleichnamiges Volk an den Ufern des Vansees in Ostanatolien.
[...]
Die babylonischen Chaldäer (akkadisch kurḪaÅ¡du, hebräisch kasdîm, aramäisch kaldanajje) sprachen eine semitische Sprache und drangen von der Küste des Persischen Golfes her in Babylonien ein. Sie hatten möglicherweise weitreichende Verbindungen über den Oman bis nach Jemen, weshalb derzeit drei Theorien über ihre Herkunft diskutiert werden:

Verwandtschaft mit den Aramäern, da aramäische Namen bei ihnen verbreitet waren,
Verwandtschaft mit den Babyloniern, wegen neuakkadischer Namen,
Verwandtschaft mit ostarabischen Bevölkerungsgruppen.

Im 8. Jahrhundert v. Chr. passten sich lokale chaldäische Bevölkerungsgruppen den Riten und der Lebensweise der Aramäer in ländlichen Gebieten an. Ebenso übernahmen sie deren Sprache. Zu Beginn der neubabylonischen Dynastie, um 625 v. Chr., war der allgemeine Assimilierungsprozess weit fortgeschritten, sie waren teils aramaisiert und teils babylonisiert, sodass eine Identifizierung der ursprünglichen Chaldäer nicht mehr einfach möglich war.
[...]
Die babylonischen Chaldäer unterteilten sich in fünf „Häuser“ (Bit), wobei Bit Dakkuri und Bit Amukani die größeren „Häuser/Stämme“ und Bit Sha'alli, Bit Schilani, Bit Jakin die kleineren „Häuser“ repräsentierten. Erstmals werden die babylonischen Chaldäer unter AÅ¡Å¡ur-nâṣir-apli II. um 883 v. Chr. erwähnt.

https://de.wikipedia.org/wiki/Chald%C3%A4a
Chaldäa (aus griechisch Χαλδαία, Chaldaia) ist der Name zweier Landschaften im Altertum. Es handelt sich um die Gebiete der Chaldäer, die in

Urartu (heutige Region Armenien) und
Babylonien (südliches Mesopotamien)

beheimatet waren. In antiken Quellen wurden beide Völker oft verwechselt, obwohl beide Kulturen sich selbständig und unabhängig voneinander entwickelten.
[...]
Die Bibel und die griechisch-römische Geschichtsschreibung gebrauchen den Namen Chaldäa gewöhnlich für die babylonischen Chaldäer, die in die Region Babylon/Persischer Golf einwanderten (siehe auch Ur (Stadt)). Sie hatten möglicherweise weitreichende Verbindungen über den Oman bis nach Jemen, eine genaue Zuordnung kann aber nicht erbracht werden.
[...]
Das Gebiet der urartäischen Chaldäer liegt in der Region Van-See/Urmia-See.

Lg

Helmuth
Beiträge: 7948
Registriert: So 5. Jun 2016, 12:51

#78 Re: Abraham kam aus Ur - aber aus welchem?

Beitrag von Helmuth » Do 17. Jan 2019, 10:05

PeB hat geschrieben:
Do 17. Jan 2019, 09:24
Das war nicht meine These, sondern eine die in einem anderen Thread geäußert wurde:...
Danke, das wäre damit geklärt. Ist schlicht Unfug.
Der Herr steht zu mir, deshalb fürchte ich mich nicht. Was kann ein Mensch mir anhaben?
Ps 118:6

Benutzeravatar
Scrypton
Administrator
Beiträge: 10771
Registriert: Mi 17. Apr 2013, 13:17
Wohnort: /root/

#79 Re: Abraham kam aus Ur - aber aus welchem?

Beitrag von Scrypton » Do 17. Jan 2019, 10:14

Helmuth hat geschrieben:
Do 17. Jan 2019, 10:05
PeB hat geschrieben:
Do 17. Jan 2019, 09:24
Das war nicht meine These, sondern eine die in einem anderen Thread geäußert wurde:...
Danke, das wäre damit geklärt. Ist schlicht Unfug.
Weils nicht in dein Glaubensbildchen passt?
Na... das ist natürlich ein Argument... :lol:

Helmuth
Beiträge: 7948
Registriert: So 5. Jun 2016, 12:51

#80 Re: Abraham kam aus Ur - aber aus welchem?

Beitrag von Helmuth » Do 17. Jan 2019, 10:25

Stromberg hat geschrieben:
Do 17. Jan 2019, 10:14
Weils nicht in dein Glaubensbildchen passt?
Na... das ist natürlich ein Argument... :lol:
Mitnichten, ich bin doch selbst unter Christen als scharfer Kritiker bekannt. Und was historische Zuverlässigkeit betrifft, so habe ich hier schon zig Belege geliefert, dass ich nicht jedes x für ein u halte.

Hier haben wir folgende Situation:

- Menschen belegen ihre Thesen mit "löchrigen" Daten (gute Forumlierung :thumbup:).
- Die Schrift belegt mit konreten Daten.

Damit ist die Frage der Glaubwüdigkeit schon mal fürs erste klar: Punkt für die Schrift. Nun gilt es dies zu widerlegen.

Es gilt also nicht, die These eines modernen Wissenschaftlers zu belegen, sondern die Schrift zu widerlegen. Hätte man gesagt, die Funde aus Südmesopotamien geben Hinweise auf ... , wäre das seriös und glaubwürdig. Aber man versteifte sich auf den "Beweis erbracht" zu haben. PeB tut das nicht, damit steht er weiter in meiner Glaubwürdigkeit. Man forscht eben, ein Auftrag an den Menschen.

Nach wie vor hat daher die Schrift weiterhin die höhere Glaubwürdigkeit.
Der Herr steht zu mir, deshalb fürchte ich mich nicht. Was kann ein Mensch mir anhaben?
Ps 118:6

Antworten