Abraham kam aus Ur - aber aus welchem?

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ProfDrVonUndZu
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#131 Re: Abraham kam aus Ur - aber aus welchem?

Beitrag von ProfDrVonUndZu » Di 22. Jan 2019, 15:57

PeB hat geschrieben:
Di 22. Jan 2019, 15:21
Das wollte ich damit auch implizieren. Ich finde es deshalb auch prblematisch, wenn man sich angesichts dieses Vorwurfs in eine Verteidigungsrolle hineinmanövrieren lässt.
Finde ich jetzt nicht grundsätzlich problematisch, aber klar, es führt auf Nebenschauplätze und wird damit off-topic.

ProfDrVonUndZu hat geschrieben:
Di 22. Jan 2019, 15:00
Kenne ich nicht. Was ist denn an dem Zeltmacherbegriff hier auszusetzen?

Der eigentliche Begriff des Zeltmachers, der ja in der hellenistischen Welt bekannt war aber selten bezeugt ist, bezeichnete einen Bühnendekorateur oder Bühnenredner. Eher einen Künstler, statt einen berufsmäßigen Handwerker.


Achtung : Gesellschaftskritik und Traditionsgebashe
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Der wörtliche Zeltmacher ist von der Übersetzung her nicht falsch, aber mit dieser Übersetzung als berufliche Konnotation wird ja auch im Kontext seiner Briefe impliziert, dass er sich stetig seinen Lebensunterhalt durch die fließbandgemäße Produktion von Zelten aus Ziegenhäuten verdiente und verdienen musste und damit gleichzeitig als ein gutes Vorbild des christlichen Fleißes hervor gehoben wird. Eigentlich bedarf es nicht großer Überlegung, um die Unvereinbarkeit einer solchen eigentlich sinnlosen Tätigkeit (die Massenproduktion rein des Gelderwerbs wegen) mit seiner Haupttätigkeit als herumreisender Missionar, Apostel und Prediger zu erkennen. Zudem war er auch immer wieder auf Unterstützung der Gemeinden angewiesen und litt oft Not. Also übte er die vermeintliche Tätigkeit des Zeltenähens nicht mal zur Linderung seiner Not aus, sondern um ihrer selbst willen, um des "Berufes" willen, als würde die reine Zeitverschwendung gerade wegen des Zeitverschwendens und aufrecht haltender Not zum frommen Dienst in Gottes Willen.
Dieser absurde Gedanken, der an Selbstgeißelung erinnert, stammt aus einer asketischen Mönchsideologie, von der Luther geprägt war. Luther war es, der diese Mönchsaskese mit seinem in der Form erfunden Begriff des Berufes von der Klosterwelt in die säkulare Welt hinaus trug, um so aus der Identifikation mit der bis dato notwendigen und unvermeidbaren Tätigkeit zum Lebensunterhalt eine Identität des Gottesdieners zu machen. Luther sagte damit den Menschen sinngemäß : "Verschwendet eure Zeit nicht mit Bibellesen, weil dann bemerkt ihr ja meine Fehler, sondern tut einfach genau das, was ihr schon immer getan habt, aber ändert euer Denken, weg von Menschen, hin auf Gott."
"Viele, die leben, verdienen den Tod. Und manche, die sterben, verdienen das Leben. Kannst du es ihnen geben? Dann sei auch nicht so rasch mit einem Todesurteil bei der Hand." - Gandalf in J.R.R Tolkien - Herr der Ringe, Band 1

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Travis
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#132 Re: Abraham kam aus Ur - aber aus welchem?

Beitrag von Travis » Di 22. Jan 2019, 16:10

ProfDrVonUndZu hat geschrieben:
Di 22. Jan 2019, 15:57
Der eigentliche Begriff des Zeltmachers,
Wobei das σκηνοποιοὶ aus Aph 18,3 schon die Wurzeln "Zelt" und "machen" enthält. Die Bezeichnung "Lederarbeiter" oder "Tuchmacher" würde wohl gut passen, auch aufgrund seiner tarsischen Herkunft. Was seinen eigenen Beitrag zum Unterhalt angeht, so differenziert Paulus je nach Gemeinde deutlich. Er stimmte das ganz auf die jeweilige Situation ab. Klar ist, dass er nicht ständig als Zeltmacher gearbeitet haben kann, aber das behauptet biblisch ja auch niemand.
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#133 Re: Abraham kam aus Ur - aber aus welchem?

Beitrag von ProfDrVonUndZu » Di 22. Jan 2019, 17:21

Travis hat geschrieben:
Di 22. Jan 2019, 16:10
Klar ist, dass er nicht ständig als Zeltmacher gearbeitet haben kann, aber das behauptet biblisch ja auch niemand.
Paulus behauptet aber selber, dass er Tag und Nacht gearbeitet hat, um niemandem zur Last zu fallen. Was tat er denn da ?
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#134 Re: Abraham kam aus Ur - aber aus welchem?

Beitrag von Travis » Di 22. Jan 2019, 17:46

ProfDrVonUndZu hat geschrieben:
Di 22. Jan 2019, 17:21
Paulus behauptet aber selber, dass er Tag und Nacht gearbeitet hat, um niemandem zur Last zu fallen. Was tat er denn da ?
Na das, was er sagt: Arbeiten

Das er das nicht ständig gemacht hat, widerspricht dem ja nicht. Er schreibt dies im Kontakt zu den Thessalonichern, weil die Versorgung bei ihnen ein Problem darstellte... sei es theologisch oder materiell.
Ich weiß, dass ich nicht einmal weiß das ich nichts weiß.

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#135 Re: Abraham kam aus Ur - aber aus welchem?

Beitrag von ProfDrVonUndZu » Di 22. Jan 2019, 18:59

Travis hat geschrieben:
Di 22. Jan 2019, 17:46
ProfDrVonUndZu hat geschrieben:
Di 22. Jan 2019, 17:21
Paulus behauptet aber selber, dass er Tag und Nacht gearbeitet hat, um niemandem zur Last zu fallen. Was tat er denn da ?
Na das, was er sagt: Arbeiten

Das er das nicht ständig gemacht hat, widerspricht dem ja nicht. Er schreibt dies im Kontakt zu den Thessalonichern, weil die Versorgung bei ihnen ein Problem darstellte... sei es theologisch oder materiell.

Dass er mit Tag und Nacht nicht 24/7 meint, ist mir schon klar. Darum gehts ja auch gar nicht. Aber er sagt doch hier scheinbar, dass er sein Brot und sein Existenzrecht, durch eben diese Arbeit, reziprok beanspruchen könne. Dass es hier die Zeltnäherei sei, die er Tag und Nacht ausübt, ist nicht meine Behauptung, aber dieser Zusammenhang kann herbei fantasiert und dann instrumentalisiert werden, um reziproke Arbeitsverhältnisse zu einer (einem :lol:) Säule christlicher Tugenden zu machen.
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#136 Re: Abraham kam aus Ur - aber aus welchem?

Beitrag von PeB » Di 22. Jan 2019, 19:44

ProfDrVonUndZu hat geschrieben:
Di 22. Jan 2019, 18:59
Travis hat geschrieben:
Di 22. Jan 2019, 17:46
ProfDrVonUndZu hat geschrieben:
Di 22. Jan 2019, 17:21
Paulus behauptet aber selber, dass er Tag und Nacht gearbeitet hat, um niemandem zur Last zu fallen. Was tat er denn da ?
Na das, was er sagt: Arbeiten

Das er das nicht ständig gemacht hat, widerspricht dem ja nicht. Er schreibt dies im Kontakt zu den Thessalonichern, weil die Versorgung bei ihnen ein Problem darstellte... sei es theologisch oder materiell.

Dass er mit Tag und Nacht nicht 24/7 meint, ist mir schon klar. Darum gehts ja auch gar nicht. Aber er sagt doch hier scheinbar, dass er sein Brot und sein Existenzrecht, durch eben diese Arbeit, reziprok beanspruchen könne. Dass es hier die Zeltnäherei sei, die er Tag und Nacht ausübt, ist nicht meine Behauptung, aber dieser Zusammenhang kann herbei fantasiert und dann instrumentalisiert werden, um reziproke Arbeitsverhältnisse zu einer (einem :lol:) Säule christlicher Tugenden zu machen.
Meinst du nun, das sei Paulus von Bibelfälschern in den Mund gelegt worden oder vermutest du, dass wir den Begriff "Zeltmacher" falsch verstehen?

Das mag ja für heutige Verhältnisse ein merkwürdiger Beruf sein, aber für die Zeit und den Herkunftsraum erscheint mir eine Tätigkeit im Zusammenhang mit dem gängigen Hirtennomadentum mehr als glaubwürdig.
Zudem ist es wohl nicht unüblich, wenn junge Menschen Berufe erlernt haben; vermutlich weitgehend von ihren Vätern. Jesus war Zimmermann (oder stimmt das nicht?).

Wenn Paulus Zeltmacher war, dann hatte er - auch in Rom! - ein reichhaltiges Betätigungsfeld. Denn vermutlich hatte jedes Atriumhaus etliche Stoffplanen zu Beschattung des Innenhofes. Paulus wird also weniger Zelte gefertigt haben als vielmehr Stoffplanen repariert.

Ich kann hier keine Absurdität in der Aussage entdecken.

PeB
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#137 Re: Abraham kam aus Ur - aber aus welchem?

Beitrag von PeB » Di 22. Jan 2019, 20:38

Ich möchte eigentlich gerne noch einmal zusammenfassen, was ich darlegen wollte:

A. Es gibt zwei antike Landschaften namens Chaldäa: 1. Südmesopotamien (aber erst ab dem 1. Jahrtausend), 2. Ostanatolien/Armenien

B. die Paradiesgeschichte ist angesiedelt im Oberlaufbereich von Euphrat und Tigris - im ostanatolischen Chaldäa.

C. nach der Sintflut landet Noah mit seiner Arche auf dem Ararat Massiv an - im ostanatolischen Chaldäa.

D. Abraham ist in Ur in Chaldäa geboren - aber das soll nun das südmesopotamische Chaldäa sein, das erst Tausend Jahre später so hieß?

E. Abraham wandert dann nach Haran - an der Grenze zum ostanatolischen Chaldäa.

Aus dieser Kurzfassung sollte schon ersichtlich werden, dass die Wahrscheinlichkeit für den Ursprung Abrahams in Südmesopotamien gering ist.

Dazu kommen folgende Sachverhalte:

- jahrhundertelang vermutete man Abrahams Herkunft an allerlei Orten mit einer deutlichen Tendenz in Richtung Anatolien.

- erst im 20. Jahundert machte ein britischer Archäologe Forschungsgelder locker mit der Aussage, dass er Abrahams Heimat in Südmesopotamien gefunden habe.

- seitdem erst hält sich dieser Herkunftsmythos von Ur in Südmesopotamien unvertilgbar im Bewusstsein.

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#138 Re: Abraham kam aus Ur - aber aus welchem?

Beitrag von ProfDrVonUndZu » Mi 23. Jan 2019, 00:13

PeB hat geschrieben:
Di 22. Jan 2019, 19:44
Meinst du nun, das sei Paulus von Bibelfälschern in den Mund gelegt worden oder vermutest du, dass wir den Begriff "Zeltmacher" falsch verstehen?
Ich sage, dass es Paulus in den Mund gelegt wird, weil es für den Begriff Zeltmacher gar keine festen Anhaltspunkte gibt.

Das mag ja für heutige Verhältnisse ein merkwürdiger Beruf sein, aber für die Zeit und den Herkunftsraum erscheint mir eine Tätigkeit im Zusammenhang mit dem gängigen Hirtennomadentum mehr als glaubwürdig.
Als autonome Tätigkeit wäre das durchaus im Rahmen des Vorstellbaren. Mehr aber auch nicht.

Zudem ist es wohl nicht unüblich, wenn junge Menschen Berufe erlernt haben; vermutlich weitgehend von ihren Vätern. Jesus war Zimmermann (oder stimmt das nicht?).
Warum sollte es denn stimmen ? Wir haben nur eine Tätigkeitsbezeichnung für seinen Pflegevater. Dass Jesus gemäß allgemeiner jüdischer Tradition in dessen Fußstapfen trat, ist ja nur ein Zirkelschluss oder pars pro toto Fehlschluss.

Wenn Paulus Zeltmacher war, dann hatte er - auch in Rom! - ein reichhaltiges Betätigungsfeld.
Was ziemlich untypisch für einen Pharisäer wäre, weil diese Partei jedwede Küngelei mit den Heiden verabscheute. Die Zöllner verachtete man nicht, weil sie Zöllner waren, sondern wenn jüdische Brüder sich in den Dienst Roms stellten. Der Zugang zum Beruf des Zöllners hatte wohl nicht so hohe Hürden, wie die zu anderen Positionen.


Denn vermutlich hatte jedes Atriumhaus etliche Stoffplanen zu Beschattung des Innenhofes. Paulus wird also weniger Zelte gefertigt haben als vielmehr Stoffplanen repariert.
Das würde dem Begriff aber nun gar nicht gerecht. Es gibt verschieden Tätigkeitsbezeichnungen die mit poios enden, und alle legen hier den Schwerpunkt auf Gestaltung und Kreativität. Lyriker, Musiker, Komödianten, Dichter. Reparieren die auch was ?

Ich kann hier keine Absurdität in der Aussage entdecken.
Die Aussage ist auch weltlich gedacht nachvollziehbar und vermeidet deswegen schon eine innere Absurdität. Nur ist sie eben nicht wirklich fundiert. Vor allem sollte man sich aus dem Kopf schlagen, dass das, was in der Welt üblich und normal war, auch üblich und normal für Juden war. Oft wurden nämlich eigene gesellschaftliche Verhältnisse in frühere Zeiten und andere Gesellschaften projeziert.
"Viele, die leben, verdienen den Tod. Und manche, die sterben, verdienen das Leben. Kannst du es ihnen geben? Dann sei auch nicht so rasch mit einem Todesurteil bei der Hand." - Gandalf in J.R.R Tolkien - Herr der Ringe, Band 1

PeB
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#139 Re: Abraham kam aus Ur - aber aus welchem?

Beitrag von PeB » Mi 23. Jan 2019, 07:37

ProfDrVonUndZu hat geschrieben:
Mi 23. Jan 2019, 00:13
PeB hat geschrieben:
Di 22. Jan 2019, 19:44
Meinst du nun, das sei Paulus von Bibelfälschern in den Mund gelegt worden oder vermutest du, dass wir den Begriff "Zeltmacher" falsch verstehen?
Ich sage, dass es Paulus in den Mund gelegt wird, weil es für den Begriff Zeltmacher gar keine festen Anhaltspunkte gibt.
Du meinst damit, dass du für das griechische Kompositum keine Referenzen hast. Aber "Anhaltspunkte" liefert das Wort selber schon:
Zelt-Macher - macht Zelte. :)

ProfDrVonUndZu hat geschrieben:
Mi 23. Jan 2019, 00:13
Das mag ja für heutige Verhältnisse ein merkwürdiger Beruf sein, aber für die Zeit und den Herkunftsraum erscheint mir eine Tätigkeit im Zusammenhang mit dem gängigen Hirtennomadentum mehr als glaubwürdig.
Als autonome Tätigkeit wäre das durchaus im Rahmen des Vorstellbaren. Mehr aber auch nicht.
Ja nun: in einem Umfeld, in dem Zelte das Landschaftsbild bestimmten - gab es da nun Zeltmacher oder nicht? Die werden nicht vom Himmel gefallen sein.

ProfDrVonUndZu hat geschrieben:
Mi 23. Jan 2019, 00:13
Zudem ist es wohl nicht unüblich, wenn junge Menschen Berufe erlernt haben; vermutlich weitgehend von ihren Vätern. Jesus war Zimmermann (oder stimmt das nicht?).
Warum sollte es denn stimmen ? Wir haben nur eine Tätigkeitsbezeichnung für seinen Pflegevater. Dass Jesus gemäß allgemeiner jüdischer Tradition in dessen Fußstapfen trat, ist ja nur ein Zirkelschluss oder pars pro toto Fehlschluss.
Hier argumentierst du nun mit dem fehlenden Beleg und oben argumentierst du gegen den vorhandenen Beleg. Das impliziert in der Konsequenz, dass die Glaubwürdigkeit der Bibel gegen Null streben müsste.

ProfDrVonUndZu hat geschrieben:
Mi 23. Jan 2019, 00:13
Wenn Paulus Zeltmacher war, dann hatte er - auch in Rom! - ein reichhaltiges Betätigungsfeld.
Was ziemlich untypisch für einen Pharisäer wäre, weil diese Partei jedwede Küngelei mit den Heiden verabscheute. Die Zöllner verachtete man nicht, weil sie Zöllner waren, sondern wenn jüdische Brüder sich in den Dienst Roms stellten. Der Zugang zum Beruf des Zöllners hatte wohl nicht so hohe Hürden, wie die zu anderen Positionen.
Er hat sich ja wohl auf breiter Linie gegen diese Art pharisäischer Traditionen gestellt. Wenn er sie befolgt hätte, wäre keine Heidenmission für ihn denkbar gewesen.

ProfDrVonUndZu hat geschrieben:
Mi 23. Jan 2019, 00:13
Denn vermutlich hatte jedes Atriumhaus etliche Stoffplanen zu Beschattung des Innenhofes. Paulus wird also weniger Zelte gefertigt haben als vielmehr Stoffplanen repariert.
Das würde dem Begriff aber nun gar nicht gerecht. Es gibt verschieden Tätigkeitsbezeichnungen die mit poios enden, und alle legen hier den Schwerpunkt auf Gestaltung und Kreativität. Lyriker, Musiker, Komödianten, Dichter. Reparieren die auch was ?
Ins Deutsche übertragen lautet deine Logik also: wenn "Liedermacher" ein musischer Beruf ist, dann muss man das auch für "Zeltmacher" annehmen.

Außerdem: wenn ich Kunstschmied bin und mich in einem fremden Umfeld durchschlagen muss, übernehme ich auch Tätigkeiten, die ansonsten unter meinem künstlerischen Niveau wären. Es geht ja ums Geldverdienen.

ProfDrVonUndZu hat geschrieben:
Mi 23. Jan 2019, 00:13
Ich kann hier keine Absurdität in der Aussage entdecken.
Die Aussage ist auch weltlich gedacht nachvollziehbar und vermeidet deswegen schon eine innere Absurdität. Nur ist sie eben nicht wirklich fundiert. Vor allem sollte man sich aus dem Kopf schlagen, dass das, was in der Welt üblich und normal war, auch üblich und normal für Juden war. Oft wurden nämlich eigene gesellschaftliche Verhältnisse in frühere Zeiten und andere Gesellschaften projeziert.
Dann sollte ich dich wohl so verstehen: dort wo die Bibel logisch erscheint, wurde sie nachträglich gefälscht und dort wo sie uns weniger logisch erscheint...ist sie da autentisch oder frei erfunden?

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#140 Re: Abraham kam aus Ur - aber aus welchem?

Beitrag von ProfDrVonUndZu » Mi 23. Jan 2019, 09:49

PeB hat geschrieben:
Mi 23. Jan 2019, 07:37
Du meinst damit, dass du für das griechische Kompositum keine Referenzen hast. Aber "Anhaltspunkte" liefert das Wort selber schon:
Zelt-Macher - macht Zelte. :)
Ich mach mir die Sache wirklich nicht leicht, indem ich mir eine Erklärung immer an Ort und Stelle herbei fantasiere. Das Wort für Zelt wird derart unterschiedlich benutzt in der Bibel, mal für den menschlichen Leib, mal für den Tempel, mal einfach nur für wohnen oder sich niederlassen, dass die Vorstellung von einem hergebrachten Zeltmacher arg strapaziert wird. Die liest sich so eben nicht aus dem Wort heraus.

PeB hat geschrieben:
Mi 23. Jan 2019, 07:37
Ja nun: in einem Umfeld, in dem Zelte das Landschaftsbild bestimmten - gab es da nun Zeltmacher oder nicht? Die werden nicht vom Himmel gefallen sein.
Das spielt doch überhaupt keine Rolle. Zumal die Vorstellung dann als Fundament einer Leistungsethik herhalten soll.

PeB hat geschrieben:
Mi 23. Jan 2019, 07:37
Hier argumentierst du nun mit dem fehlenden Beleg und oben argumentierst du gegen den vorhandenen Beleg. Das impliziert in der Konsequenz, dass die Glaubwürdigkeit der Bibel gegen Null streben müsste.
Was hat das mit der Glaubwürdigkeit der Bibel zu tun ? Ich argumentiere in beiden Fällen gegen eine nachträglich projezierte Vorstellung, die man aufgrund ihres Alters schon selbst als Beleg heran zieht, als würde die Bibel darauf aufbauen.

PeB hat geschrieben:
Mi 23. Jan 2019, 07:37
Er hat sich ja wohl auf breiter Linie gegen diese Art pharisäischer Traditionen gestellt. Wenn er sie befolgt hätte, wäre keine Heidenmission für ihn denkbar gewesen.
Einen wesentlichen Teil seiner Lebenszeit verbrachte er aber in der Tradition. Vor allem seine Ausbildungszeit.

PeB hat geschrieben:
Mi 23. Jan 2019, 07:37
Ins Deutsche übertragen lautet deine Logik also: wenn "Liedermacher" ein musischer Beruf ist, dann muss man das auch für "Zeltmacher" annehmen.
Der Poios ist ein Künstler, der etwas erschafft. Jemand der fremde Urheberschaft wartet, erschafft nichts.

Mir ist klar, dass man nicht immer so eng am Wort kleben muss, aber damit folge ich der gleichen Methode, wie dass Skenopoios = Zeltmacher zu sein hat, weil sich das logisch aus der Wortkomposition erschlösse.

PeB hat geschrieben:
Mi 23. Jan 2019, 07:37
Außerdem: wenn ich Kunstschmied bin und mich in einem fremden Umfeld durchschlagen muss, übernehme ich auch Tätigkeiten, die ansonsten unter meinem künstlerischen Niveau wären. Es geht ja ums Geldverdienen.
Zirkelschluss. Die Absicht des Geldverdienens, die ja erst belegt werden müsste, wird als Prämisse heran gezogen.

PeB hat geschrieben:
Mi 23. Jan 2019, 07:37
Dann sollte ich dich wohl so verstehen: dort wo die Bibel logisch erscheint, wurde sie nachträglich gefälscht und dort wo sie uns weniger logisch erscheint...ist sie da autentisch oder frei erfunden?
Ich weiss echt nicht, wie du darauf kommst, dass ich die Bibel in Frage stelle. Für so manch scheinbar vernünftige Rückschlüsse und Theoriegebäude besteht einfach keine biblische Notwendigkeit. Die Notwendigkeit besteht nur dann, wenn man weithin gültige Normen daraus ableiten und den Leser manipulieren will.
"Viele, die leben, verdienen den Tod. Und manche, die sterben, verdienen das Leben. Kannst du es ihnen geben? Dann sei auch nicht so rasch mit einem Todesurteil bei der Hand." - Gandalf in J.R.R Tolkien - Herr der Ringe, Band 1

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