Das Buch Hiob- Geschichte oder Legende?

Themen des alten Testaments
closs
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#351 Re: Das Buch Hiob- Geschichte oder Legende?

Beitrag von closs » So 2. Mär 2014, 11:12

Rembremerding hat geschrieben: "Nun habe ich Gott mit meinen eigenen Auge gesehen"
Aber dieser Satz ist erst möglich, NACHDEM er erkannt hat, dass dieses Schauen unabhängig ist von Begründungen - also NACHDEM er bedingungslos loslässt. - Und nachdem er sehr, sehr erschöpft ist.

Gehen wir noch mal durch:
Die Freunde Hiobs meinen, es müsse einen "selbst-verschuldeten" (heute würde man sagen: "eigen-verantwortlichen") Grund geben, warum Hiob leidet. - Für diese Version bekommen die Freunde am Ende von Gott eins auf die Mütze.

Hiob meint umgekehrt, Gott sei ungerecht, weil er, Hiob, nachweisen könne, dass er immer "rechtschaffen" gewesen sei. - Warum, fragt Hiob unter anderem, gehen die reichen Frevler straflos und geachtet in den Scheol, wenn er als Rechtschaffener in Schmach von der Welt gehen soll. - Denn es IST Schmach nach der Version der Freunde (stellvertretend für das Denken der Zeit), wenn jemand gott-gestraft/verflucht ist wie Hiob - denn Gott täte so etwas nicht ohne "selbst-verschuldeten" Grund Hiobs. - Für diese Version Hiobs, Gott sei ungerecht, bekommt Hiob eins auf die Mütze, weil Gott ihm klar macht, dass sein Leid unabhängig davon ist, ob er, Hiob, rechtschaffen ist oder nicht.

Das versteht natürlich kein Mensch - besonders heute, also in einer Zeit, die das Ich zum Zentrum macht.

Rembremerding hat geschrieben:Man muss das Buch Job unbedingt mit Blick auf Christus Jesus und sein Heilswerk betrachten.
Ja - insofern ist Hiob 19,25 ein echter Quantensprung: "Ich weiß, daß mein Erlöser lebt, und zuletzt wird er sich über den Staub erheben. 26 Und nachdem diese meine Hülle zerbrochen ist, dann werde ich, von meinem Fleisch los, Gott schauen". Erwähnenswert ist hier allerdings, dass ausgerechnet diese ungemein wichtige Bibelstelle außer bei Schlachter, Buber und Einheitsübersetzung (vielleicht gibt es noch welche, die ich nicht kenne) mehrheitlich exakt umgekehrt übersetzt wird.

Die heutige Bibel-Exegese scheint mir mehrheitlich NICHT über die Haltung der Freunde hinauszugehen. Nicht weil sie pharisäisch wäre, sondern weil sie dann doch wieder das Handeln und die "Entscheidung" des Menschen in den Mittelpunkt stellt. - Genau das verbittet sich Gott im Buch Hiob.

Rembremerding
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#352 Re: Das Buch Hiob- Geschichte oder Legende?

Beitrag von Rembremerding » So 2. Mär 2014, 13:50

Da gibt es nichts zu widersprechen @closs. :thumbup:
Wobei sich Job schlussendlich doch dafür entschieden hat sich Gott zu "ergeben".

Ich finde es interessant, dass im anderen Thread von den Versuchungen Jesu durch den Satan in der Hl. Schrift genau diese von dir angesprochenen Punkte und Verfehlungen im Buch Job dargelegt werden:
1. Der Leib, das Fleisch, die Welt, wird wichtiger erachtet als Gott.
2. Gott muss sich beweisen, dass er Gott ist, durch Wunder, Abwendung von Leid.
3. Gott wird nicht vertraut und zugetraut, dass er stets das Gute will und alle Macht bei ihm ist.

Und Christus Jesus hat uns und eigentlich auch Job von allen drei Versuchungen erlöst: durch das Kreuz (im Fall Job eben durch das Leid, sein Kreuz).
1. Christus Jesus verlässt alles, Familie, Beruf, Einkommen, und erfüllt ganz den Willen Gottes, sein Leib wird zerschlagen.
2. Christus Jesus geht durch das Leid wie Job und bleibt beharrlich in Gott auch am Kreuz.
3. Christus Jesus vertraut Gott und mit der Auferstehung beweist er sein Gutsein, die Güte und Barmherzigkeit Gottes, seine Liebe zu uns Menschen.

Zu analysieren wäre noch die Pädagogik Gottes bei Job und bei uns.

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2Lena
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#353 Re: Das Buch Hiob- Geschichte oder Legende?

Beitrag von 2Lena » So 2. Mär 2014, 14:11

Rembremberding hat geschrieben:Zu analysieren wäre noch die Pädagogik Gottes bei Job und bei uns.
Zu analysieren wäre vor allem EINES: Was steht überhaupt im Text und reicht dein Wissen für die Dichtung?

closs hat geschrieben:Die Freunde Hiobs meinen, es müsse einen "selbst-verschuldeten" (heute würde man sagen: "eigen-verantwortlichen") Grund geben, warum Hiob leidet. - Für diese Version bekommen die Freunde am Ende von Gott eins auf die Mütze.
Den sie selbstverständlich damals persönlich sehen konnten - oder was?

Rembremberding hat geschrieben:Job lebte zu einer Zeit, in der das Gesetz zu Gott führte.
:( Kannst du nicht deutlicher reden?

Es gab keinen "Mann" Hiob und auch kein Land "Uz", dafür eine Jahrhunderte dauernde Entwicklungsgeschichte der Texte. Die Namen seiner "Freunde" sind philosophische Themen.

Salome23
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#354 Re: Das Buch Hiob- Geschichte oder Legende?

Beitrag von Salome23 » So 2. Mär 2014, 14:49

closs hat geschrieben: - Das ist exakt das, was die drei Freunde Hiobs auch machen - und deshalb am Ende eine auf die Mütze bekommen..
:thumbup:

Magdalena hat wohl auch so eine blühende Fantasie wie so mancher hier im Forum :mrgreen:

Salome23
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#355 Re: Das Buch Hiob- Geschichte oder Legende?

Beitrag von Salome23 » So 2. Mär 2014, 14:52

closs hat geschrieben:Warum werden denn die drei Freunde sanktioniert, WEIL sie das Leid menschen-rational ergründen wollen?
Nein wollen sie nicht...
Sie gehn von den Gesetzen Mose aus: Ursache -Wirkung
Und lt. Bibel stammen jene nun mal von Gott= Segen-Fluch
Daher kann man ihnen nicht mal einen Vorwurf machen

closs
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#356 Re: Das Buch Hiob- Geschichte oder Legende?

Beitrag von closs » So 2. Mär 2014, 15:49

Rembremerding hat geschrieben:Wobei sich Job schlussendlich doch dafür entschieden.
:lol:
closs hat geschrieben: Genau das verbittet sich Gott im Buch Hiob.
Nur Gott entscheidet.

Rembremerding hat geschrieben:Zu analysieren wäre noch die Pädagogik Gottes bei Job und bei uns.
Vielleicht, dass der Komparativ immer satanisch ist - der Urfehler des Menschen seit Kain, der sein Verhältnis zu Gott im Vergleich zu Abels Verhältnis zu Gott setzt - konkret:

Einem Menschen geht es nicht "besser" oder "schlechter" als einem anderen Menschen, sondern es geht im "gut" oder "schlecht". - Ein Mensch hat kein "besseres" oder "schlechteres" Verhältnis zu Gott als andere Menschen, sondern er hat sein Verhältnis zu Gott. Es gibt eine Intimität der Wahrheit im Menschen, die sich nicht in den Komparativ setzen lässt.

Insofern ist das Leid Hiobs nicht "größer" oder "kleiner", weil es keinen komparativen Bezugspunkt dazu gibt/geben darf. - Insofern geht es ihm unterm Strich nicht besser oder schlechter als seinen Freunden.
Zuletzt geändert von closs am So 2. Mär 2014, 15:57, insgesamt 1-mal geändert.

closs
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#357 Re: Das Buch Hiob- Geschichte oder Legende?

Beitrag von closs » So 2. Mär 2014, 15:55

2Lena hat geschrieben:Den sie selbstverständlich damals persönlich sehen konnten - oder was?
Natürlich nicht - das ist alles gleichnishaft. - Allgemein übersetzt würde es heißen können: Die Freunde erkennen, dass menschengemachte Systeme ("Wenn Du leidest, musst Du etwas ausgefressen haben") falsch sind.

Salome23 hat geschrieben:Daher kann man ihnen nicht mal einen Vorwurf machen
Das sowieso nicht - jeder Mensch robbt sich in einem Meer aus Irrtum und Wahrheit der endgültigen Wahrheit zu. - Da passen Schuldzuweisungen nicht rein.

Salome23 hat geschrieben:Sie gehn von den Gesetzen Mose aus: Ursache -Wirkung
... und verkennen, dass "Ursache - Wirkung" rein phänomenologische und keine wertenden Größen sind - wie man das heute auch noch macht.

Die Gesetze Moses sagen: "Wenn Du Knollenblätter-Pilze isst, bist Du tot" - rein phänomenologisch - weil es einfach so "ist". - Gemacht wird durch Hiobs Brüder und der heutigen Exegese ein wertendes: "Wenn Du das tust, hast Du versagt". - Das sind zwei VOLLKOMMEN unterschiedliche Aussagen.

Salome23
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#358 Re: Das Buch Hiob- Geschichte oder Legende?

Beitrag von Salome23 » So 2. Mär 2014, 16:05

closs hat geschrieben:
Die Gesetze Moses sagen: "Wenn Du Knollenblätter-Pilze isst, bist Du tot" - rein phänomenologisch - weil es einfach so "ist".
Die Gesetze(Gebote) Moses sagen: " Wer an einem Sabbat Holz sammelt, muss sterben"-weil Gott Mose es so will. ;)
Mal 2,2 Wenn ihr nicht hört und wenn ihr es euch nicht zu Herzen nehmt, meinem Namen Ehre zu geben, spricht der HERR der Heerscharen,.... dann ...sende ich den Fluch unter euch und verfluche eure Segensgaben

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#359 Re: Das Buch Hiob- Geschichte oder Legende?

Beitrag von Rembremerding » So 2. Mär 2014, 16:32

closs hat geschrieben: Einem Menschen geht es nicht "besser" oder "schlechter" als einem anderen Menschen, sondern es geht im "gut" oder "schlecht". - Ein Mensch hat kein "besseres" oder "schlechteres" Verhältnis zu Gott als andere Menschen, sondern er hat sein Verhältnis zu Gott. Es gibt eine Intimität der Wahrheit im Menschen, die sich nicht in den Komparativ setzen lässt.
Insofern ist das Leid Hiobs nicht "größer" oder "kleiner", weil es keinen komparativen Bezugspunkt dazu gibt/geben darf. - Insofern geht es ihm unterm Strich nicht besser oder schlechter als seinen Freunden.

Spinnt man den Faden weiter kommt man zur Erkenntnis, dass kein Mensch mehr Leid ertragen kann, als ein Mensch Leid erträgt, denn davor stirbt er. Allein der Mensch Christus Jesus konnte das Leid aller Menschen tragen, weshalb er dem Wesen auch Gott sein musste. Deshalb ist die Frage: Warum lässt Gott Leid zu? auch zu beantworten mit: Weil er bereits das Leid der Welt getragen hat. Oder wenn die Frage gestellt wird: Wo war Gott in Auschwitz? denn die Antwort darauf ist noch einfacher: Er war am Kreuz.

Wie ein Mensch allerdings mit seinem Leid umgeht, hängt von seiner Einstellung zum Leid ab. Fühlt er sich allein und hilflos, wird er in der Regel früher unter der Last zusammenbrechen, als jemand der Hilfe aus der Welt erfährt oder gar sich geborgen in Gott weiß.
Allein diese Einsicht kann nämlich all die Warum-Fragen klären. Alles führt Gott zum Guten. Das Leid wird zur Freude, der Tod zum ewigen Leben. Nur, wessen Zeitleiste mit dem Tod endet, ist in der Unfreiheit des Sterblichen gefangen und wird das Leid als Angriff auf sein Recht auf ein glückliches Leben werten, wobei er dann vielleicht Gott dafür schuldig spricht.
Die Zeitleiste eines Christen führte Christus Jesus aber über den Tod hinaus und verlängerte sie zur Ewigkeit. So wird das Leid zur Episode mit einem sicherlich guten Ende.

Job konnte diese Einsicht allein noch nicht erlangen, da war noch kein göttlicher Erlöser als Mensch unter Menschen, noch keine Hl. Schrift, noch kein Hl. Geist. Gott musste deshalb an der Perspektive Jobs arbeiten und nutzte die göttliche Schöpfung dafür. Seine Freunde waren quasi die "freud'schen Unter-Ich's" von Job, die es zu überwinden, zu befriedigen galt.
Natürlich spricht das Buch aber auch in unsere Zeit hinein und zeigt Wege auf die Perspektive zu wechseln.

Servus :wave:
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Rembremerding
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#360 Re: Das Buch Hiob- Geschichte oder Legende?

Beitrag von Rembremerding » So 2. Mär 2014, 17:18

2Lena hat geschrieben:
Rembremberding hat geschrieben:Job lebte zu einer Zeit, in der das Gesetz zu Gott führte.
:( Kannst du nicht deutlicher reden?

Im AT musste man das Gesetz befolgen, um als Gerechter oder rechtschaffen zu gelten. Nach dem Tod bewahrte Gott diese Gerechten im Sheol auf.
Durch das Erlösungs- und Heilswerk von Christus Jesus, unserem Herrn, sind wir Menschen unter seiner Gnade und nicht mehr ausschließlich unter dem Gesetz. Er holte die Gerechten aus dem Sheol zur Auferstehung und wir können nun mittels seiner Gnade und dem Hl. Geist, denn das Gesetz kann niemand vollständig erfüllen, an seiner Auferstehung und das ewige Leben teilhaben.
Im AT und unter den Pharisäern war ein Dieb der, der gestohlen hat. Im NT und der Bergpredigt ist ein Dieb der, der stehlen will. Die Latte ist nun zwar höher, aber die Sprungkraft des Menschen dank der Gnade und des Hl. Geists ungleich stärker als im AT.
Ist hier aber OT.
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