sven23 hat geschrieben: ...
Paul Tillich, der vor den Nazis in die USA emigrieren musste, und dessen Theologie sich eng
anlehnt an philosophische Begrifflichkeiten vor allem des Existentialismus, ist ein Beispiel für ein
positives Verständnis vom Sündenfall. Denn auch das ist möglich, ja wurde sogar von der
Philosophie vorgedacht. Vor allem im Deutschen Idealismus wurde der Sündenfall positiv gesehen.
Immerhin geht es ja in der biblischen Geschichte um das Verbot, vom Baum der Erkenntnis zu essen.
Und natürlich will sich ein Philosoph so etwas nicht sagen lassen, auch nicht von einem Gott. Was ist
das auch für ein seltsames Verbot? Selbstverständlich beachtet man das Verbot, Erkenntnisse zu
erlangen, nicht, und selbstverständlich lässt man sich nicht vorschreiben, wo man erkennen darf und
wo nicht. Für Hegel ist die heile Welt des Urstands vor dem Fall auch ein Stadium der
Bewusstlosigkeit. Aus diesem muss der Mensch heraus, um wahrhaft Mensch zu werden. Deshalb
war der Sündenfall geradezu notwendig. Der Mensch muss die Erfahrung von Gut und Böse machen,
will er nicht wie ein Tier dahindämmern, der Sündenfall wird nicht nur zum Schritt in die Erkenntnis,
sondern ist auch ein Schritt in die Freiheit.In den Bahnen Hegels nun versteht Paul Tillich den
Sündenfall als den „Übergang von der Essenz zur Existenz“, aus der „träumenden Unschuld“ hinein in
die Selbstverwirklichung.462 Erst so ist wahres Menschsein möglich.
Kubitza, Der Dogmenwahn
Weil mir beim Überfliegen der Name "Paul Tillich" in die Augen geflogen ist - ich habe heute morgen etwas über ihn hier im Forum geschrieben - habe ich den zitierten Absatz gelesen.
Es wäre wirklich besser, sven, wenn Du öfter nicht nur immer das Destruktive zitierst, sondern auch das Aufbauende.
Du schadest Kubitza damit nämlich, wenn Du ihn so einseitig zitierst. Bei mir kommt regelmäßig - sorry - die Kotze hoch, wenn ich nur schon wieder diesen Fettdruck sehe. Mit ihm verbinde ich einseitige Hetze, weil Du nur diese einseitige Hetze zitierst.
Das, was ich da aber über Tillich und den Sündenfall lese, ist ein guter Ansatz, um das, was wir nicht aus der Welt schaffen können - die Bibel und die, die sie lesen - als Ausgangspunkt für eine positive Interpretation wahrzunehmen, aus der wir heute etwas lernen können.
Wichtig finde ich auch die Erwähnung Hegels - weil closs da immer das Gegenteil behauptet -, dass der Sündenfall den Übergang von der Essenz in die Existenz - ermöglicht und dass Tillich genau das schreibe.
Das zeigt, dass Theologen in der Lage sind, aus einem Text der Bibel einen Weg zum "wahren Menschsein" herauszufiltern, der sowohl unter dem Namen Anthropologie als auch unter dem Namen Theologie laufen kann.
Denn das ist eigentlich mein Bedürfnis: dass beide das Gleiche, wenn auch unter anderem Namen, anstreben.