Thaddäus hat geschrieben: ↑Fr 29. Mär 2019, 22:45
Ich diskutiere mit dir nicht das Für und Wider der Ergebnisse von Silberman/Finkelstein.
Ist okay. Aber ich darf mich dazu äußern? Schließlich scheint Finkelstein ja der Kronzeuge für die Unrichtigkeit der Bibel zu sein.
Ich habe mir das Buch gekauft und lese gerade quer. Zunächst fällt auf, dass Finkelstein sehr oberflächlich argumentiert, ohne wirklich zitierfähige Belege zu liefern. Gut, es sei im zu Gute gehalten, dass es sich um ein populärwissenschaftliches Buch handelt, das sich möglichst gut verkaufen soll.
Und das schafft man mit einer Sensationsmeldung. Und die lautet, wenn ich das grob zusammenfassen soll:
Finkelmann macht zunächst einen Abriss über die amerikanischen und europäischen archäologischen Forschungen in Kanaan vom Beginn bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts. Er selbst (Finkelstein) bestätigt darin, dass diese Kampagnen Belege für die biblisch gelieferte Landnahme Kanaans geliefert haben - überall im Land zerstörte Städte im Verlauf des 13. Jahrhunderts.
Aber das bringt ihn nicht davon ab, die Kurve zu kriegen, denn:
Finkelstein hat geschrieben:Die Entdeckungen [...die den Bibeltext bestätigten...] hielten bis in die 1950er Jahre, bis nach der Gründung des Staates Israel an; danach befassten sich israelische Archäologen eingehend mit der Frage, auf welche Weise die Einnahme des verheißenen Landes erfolgt war.
Er referiert nun in der Folge, wie die israelische Archäologie, deren prominenter Vertreter er ist, die Ergebnisse vergangener Grabungskampagnen in Zweifel zieht.
Und hierbei stützt er sich maßgeblich, wenn nicht ausschließlich, auf Jericho. Er geht auf die Grabungen auf dem Tell es-Sultan ein (den er aber nicht namentlich erwähnt), wo keine Mauern zur fraglichen Zeit gefunden wurden und erklärt daraufhin (mit vielen Worten), dass damit die biblische Geschichte (inklusive der zuvor archäologisch konstatierten Befunde) unrichtig sei.
Ein Kernargument ist dabei die fehlende Befestigung mancher Städte, die von israelischen Archäologen untersucht wurden. Er schließt daraus, dass alle Städte unbefestigt waren und argumentiert damit, dass dies auch nicht nötig gewesen sei, weil Ägypten (als Hegemonialmacht) dort nach dem Rechten geschaut hat.
Allein in dieser Annahme befinden sich zwei Denkfehler:
1. man darf in der antiken Geschichte nicht von modernen Verhältnissen ausgehen. Die USA besetzen Afghanistan und sogleich geht dort nichts mehr ohne Zustimmung der Amerikaner. In der Antike war das anders: Ägypten beherrschte seine eroberten Gebiete über seine Vasallen. Ansonsten waren die Gebiete sich selbst überlassen, es sei denn es gefiel dem Pharao, einen Feldzug zu machen. Das geschah ab und an punktuell.
2. Beherrschte denn Ägypten das Land (13. Jahrhundert). Ich erinnere daran, dass um 1260 die Schlacht von Kadesch mit den Hethitern - 15 km vor Jerusalem - stattfand, in der die Ägypter vernichtend geschlagen wurden. Somit wäre es wahrscheinlicher, die Hethiter dort als Hegemonialmacht anzunehmen. Vermutlich aber war das Land - infolge der Grenzstreitigkeiten - eher verwaistes Niemandsland (in welches Nomadenstämme einfallen und die Städte verwüsten konnten).
Die Ägypter waren im Übrigen im eigenen Land wegen des Einfalls der Seevölker gebunden.
Halten wir fest:
überall im Land werden am Ende des 13. Jahrhunderts die Städte verwüstet und es finden sich neue Hinterlassenschaften, die man mit den Israeliten in Verbindung bringen kann.
Nur in Jericho kam es offenbar schon im 15. Jahrhundert zu diesen Zerstörungen - danach lag die Stadt als unbedeutendes Dorf brach.
Ist es da nicht naheliegend über die Datierungsfrage in Jericho nachzudenken. Ist die spätbronzezeitliche Zerstörung der dortigen Mauer nicht vielleicht doch 300 Jahre zu früh datiert?