Münek hat geschrieben: ↑Di 16. Apr 2019, 10:22
Im Gegensatz zur HKE versteht Ratzinger den verkündeten (kerygmatischen) Christus der Evangelien als den "historischen" Jesus.
So, wie ich sein Jesus-Buch verstanden haben, ist das weniger grobschlächtig, als Du es darstellst. - Ratzinger besteht darauf, dass der kerygmatische Jesus kein NICHT-historischer Jesus ist, also NICHT ein Jesus ist, der ontisch nicht dem entspricht, was Jesus vor 2000 Jahren gedacht und gemeint hat - da stimme ich ihm zu.
Andererseits liefert sich Ratzinger selbstverständlich NICHT dem aus, was die HKE methodisch als "historischer Jesus" bezeichnet (weil das u.U. etwas ganz anderes ist als der Jesus, wie er vor 2000 Jahren WIRKLICH der Fall war). - Aber es ist NICHT so, dass Ratzinger einen "erfundenen" Kerygmatik-Jesus historisieren will - das kommt nur aus den Mündern derer, die postulieren, dass der kerygmatische Jesus nicht "echt" sei.
Und genau das ist doch der Grund-Konflikt:
Die HKE postuliert aus IHREN hermeneutischen Vorannahmen, dass der kerygmatische Jesus "unecht" sei, weil sie (die HKE) ja den "echten" Jesus beschreibe. - Wenn also der kerygmatische Jesus etwas anderes ist als der HKE-Jesus, muss der kerygmatische Jesus "unecht" sein.
Die RKK sagt dagegen, dass der kerygmatische Jesus insofern "echt" ist, dass er das, was Jesus vor 2000 Jahren gedacht und gemeint hat, in die Gegenwart hinein transportiert. Insofern ist der Vorwurf richtig, dass sich die Kerygmatik nicht primär an die Verfasser-Texte hält, sondern an dem, was Jesus damit sagen wollte und heute sagen will. - Oder anders: Die HKE bezeichnet DAS als "Original" ("QUellen"), was die Kerygmatik als Rezeption bezeichnen würde ("So hat man damals das Original Jesus verstanden"). - Unterm Strich: Komplett unterschiedliche hermeneutische Vorannahmen.