Thaddaeus hat geschrieben: ↑Di 30. Jul 2019, 17:24
Nein, das ist nicht ontisch richtig, sondern logisch richtig.
Wenn es um Aussagen geht wie "2+2=4" und "7+7=123" hast Du natürlich recht - aber davon reden wir doch nicht. - Es geht um Fragen wie "Hatte Jesus eine irrtümliche Naherwartung im Sinne des AT"? - Da kann man sowohl "JA" und "NEIN" bestens begründen.
Natürlich widerspricht sich "Ja" und "Nein" logisch (das wissen wir alle) - aber wie erklärst Du Dir, dass beide Aussagen bestens begründbar sind? Am Ende sogar "nachweisbar", wenn man Deine leichtsinnige Verwendung dieses Wortes übernimmt? ---- Da lässt sich auch nichts mit dieser oder jener Theorie daran ändern, weil es abhängig von etwas anderem ist: Nämlich das, was ich unterschiedliche "hermeneutische Vorannahmen" nenne.
Thaddaeus hat geschrieben: ↑Di 30. Jul 2019, 17:24
Das ist unerheblich, denn es ändert nichts daran, dass zwei Aussagen, die sich inhaltlich widersprechen nicht beide zugleich richtig sein können.
Das meine ich mit "methodisch/systemisch möglich", aber "ontisch nicht".
Thaddaeus hat geschrieben: ↑Di 30. Jul 2019, 17:24
1. ist nicht Goethe schwul, sondern seine Figur Faust wird so interpretiert!!!
Dafür gilt dasselbe (es gibt übrigens auch Untersuchungen, die aus Zeichnungen von literarischen Figuren Rückschlüsse auf den Autor ziehen).
Thaddaeus hat geschrieben: ↑Di 30. Jul 2019, 17:24
Und jetzt? Jetzt fängt die wissenschaftliche Arbeit an. 12 Stellen sind schonmal besser als 9 Stellen. Punkt für Thaddäus 1. Nun wird die Qualität der Stellen nach allen Regeln der philologischen Kunst geprüft und gewichtet: 12 wenig überzeugende Stellen sind nicht so gut wie 9 überzeugende.
So weit, so gut.
Thaddaeus hat geschrieben: ↑Di 30. Jul 2019, 17:24
was vor allem daran liegt, dass sie wissenschaftlichen Anforderungen methodisch nicht genügt
Wissenschafts-philosophisch ist diese Aussage anfechtbar - Deine gestige Definition von Wissenschaft (ich finde sie gerade nicht) trifft auf BEIDE zu, weil BEIDE systematisch arbeiten.
Thaddaeus hat geschrieben: ↑Di 30. Jul 2019, 17:24
Die Meinung der kanonischen Exegese wird zu Kenntnis genommen und nach der wissenschaftlichen Überprüfung nicht nur ihrer vermeintlichen Argumente, sondern auch ihrer Wissenschaftlichkeit, getrost zu den Akten gelegt.
Problem gelöst!
Nein, das Problem ist NICHT gelöst. Du versuchst, methodische Präjudizierungen zum Herrn ontischer Wahrheit zu machen.
Die Antwort auf die Frage, ob Jesus eine irrige Naherwartung hatte, hängt ab von:
1) Ist das NT in seinen ältesten Teilen das "Original", oder ist Jesus das "Original", weil bereits das NT eine Rezeption ist?
2) Gilt der Grundsatz "ältere Quelle = authentischere Quelle", oder gilt das, was die Päpstliche Kommission sagt, nämlich dass die HK sich "auf die Forschung nach dem Sinn des biblischen Textes in den historischen Bedingungen seiner Entstehung <beschränkt> und <sich nicht> interessiert ... für die weiteren Sinnmöglichkeiten, die im Verlauf späterer Epochen der biblischen Offenbarung und Kirchengeschichte zu Tage getreten sind"? - Was dem, was der Fall ist, zuträglicher ist, wissen wir beide nicht.
3) Untersucht man unter dem Aspekt, dass Jesus nur Mensch war, oder dass er auch göttlich war? - Beides ist historisch möglich.
Wir müssen das inhaltlich gar nicht umkämpfen, weil das traditionell nichts bringt - mir geht es darum, dass unterschiedliche Vorannahmen zu 1, 2 oder 3 Einfluss haben auf die Beantwortung der Frage "Hatte Jesus irrigerweise eine Naherwartung im Sinne des AT?" - Legt man jeweils die erste der beiden Optionen in jedem Punkt zugrunde, kann man hervorragend begründen, warum sich Jesus irrte. - Legt man jeweils Option 2 zugrunde, kann man hervorragend begründen, warum er KEINE Naherwartung im Sinne des AT hatte.
Sind beide Antworten richtig? Im Rahmen ihrer jeweiligen Hermeneutik/Vorannahmen sind beide Antworten logisch fehlerfrei. - Ontisch sind sie es NICHT, weil auf Jesus vor 2000 Jahren entweder das Eine oder das Andere zutrifft. - BEIDE Ansätze präjudizieren - aber es geht nicht anders.