Plutarch: Über das Aufhören der Orakel, pp. 414E-415D
[...] Aber es gibt Leute, die entdeckt haben, daß das Geschlecht der Dämonen, halbwegs zwischen Göttern und Menschen, zwischen Göttern und Menschen eine Verbindung herstellt... Es spielt keine Rolle, ob diese Theorie auf die magi zurückgeht, die Zoroaster folgten, ob sie thrakisch ist und Orpheus angehört oder ob sie ägyptisch oder phrygisch ist, wie man vermuten kann, wenn man sieht, wie die Riten beider Länder manche Themen einschließen, die mit dem Tod und der Totenklage zusammenhängen, und daß diese einen Bestandteil ihrer Zeremonien und Liturgien bilden.
Von den Griechen scheint Homer beide Bezeichnungen im gleichen Sinn zu verwenden. Manchmal nennt er die Götter »Dämonen«. Hesiod war der erste, der klar und ausdrücklich zwischen den drei Kategorien von vernunftbegabten Wesen unterschied: Götter, Dämonen und Menschen. Das heißt, er glaubte an eine Verwandlung, durch die die Menschen des Goldenen Zeitalters in großer Zahl gute Dämonen wurden und durch die einige Halbgötter in den Rang von Heroen aufstiegen.
Andere dachten an eine Verwandlung der Körper wie der Seelen. So wie man sieht, daß Wasser aus der Erde erzeugt wird, Luft aus Wasser, Feuer aus Luft, wie Materie eine Verwandlung - von Menschen zu Heroen, und von Heroen zu Dämonen -, aber nur wenige, die dem Rang der Dämonen angehören, werden, weil sie sich auszeichnen, im Laufe der Zeit gereinigt und nehmen dann ganz an der göttlichen Natur teil. Aber es kommt auch vor, daß einige von ihnen sich nicht beherrschen können und degradiert werden und wieder in menschliche Körper eintreten und ein dunkles, lichtloses Leben führen müssen, wie Nebel.
Hesiod meint auch, daß Dämonen am Ende von bestimmten Zeitabschnitten sterben müssen...
Die Lebenszeit eines Dämons beträgt neuntausendsiebenhundertzwanzig Jahre.
(Georg Luck, Magie und andere Geheimlehren der Antike, Stuttgart: Kröner 1990, S. 277+278)
Plutarch: Über das Aufhören der Orakel, pp. 418E-419E
»Daß es nicht die Götter sein können,« sagte Herakleon, »die für die Orakel verantwortlich sind - da die Götter frei von allen irdischen Belangen sein müssen -, sondern daß Dämonen als Diener der Götter dafür verantwortlich sind, scheint mir keine schlechte Idee zu sein. Aber eine Handvoll von Versen, wenn ich so sagen darf, aus Empedokles zu zitieren, diesen Dämonen von den Göttern gesandte Sünden, Täuschungen und Irrtümer aufzuerlegen und anzunehmen, daß sie schließlich sterben, als ob sie Menschen wären - das scheint mir doch ein bißchen zu voreilig, zu ungesittet.«
Kleombrotos fragte den Philippos, wer dieser junge Mann [d. h. Herakleon] denn sei und woher er komme, und nachdem er Namen und Herkunft erfahren hatte, sagte er: »Herakleon, wir sind in eine sonderbare Diskussion verwickelt worden, aber wir wissen, was wir tun. Wenn du wichtige Gedanken diskutierst, brauchst du wichtige Grundsätze, wenn du der Wahrheit einigermaßen nahe kommen willst. Aber du bist inkonsequent, denn du nimmst etwas zurück, was du eben zugestanden hast: du räumst ein, daß Dämonen existieren, aber wenn du leugnest, daß sie böse und sterblich sein können, so gibst du nicht länger zu, daß sie Dämonen sind. Denn in welcher Hinsicht unterscheiden sie sich von den Göttern, wenn sie, was ihr Wesen betrifft, Unsterblichkeit besitzen und, was ihre Eigenschaften betrifft, Freiheit von Leidenschaft und Sünde?«
Während Herakleon schweigend nachdachte, sagte Philippos: »Nein, Herakleon: wir haben die bösen Dämonen nicht [nur] von Empedokles übernommen, sondern auch von Platon, Xenokrates, Chrysippos und auch von Demokrit, der durch sein Gebet, >gnädigen Dämonen< zu begegnen, eindeutig die Existenz einer anderen Kategorie [von Dämonen] anerkennt - nämlich solchen, die tückisch und voll von bösen Absichten und Impulsen sind. Was das Problem, ob Dämonen sterben können, betrifft, so habe ich von einem Mann, der weder ein Narr noch ein Betrüger war, folgende Geschichte gehört. [...]
(Georg Luck, Magie und andere Geheimlehren der Antike, Stuttgart: Kröner 1990, S. 279+280)