Ruth hat geschrieben: ↑So 14. Aug 2022, 13:34
sven23 hat geschrieben: ↑So 14. Aug 2022, 09:51
Die Überlebensrate in den deutschen KZs war wesentlich geringer.
Das ist sicher jedem bewusst, dass dass die KZs das schlimmste war, was in dem Krieg Menschen geschehen ist.
Wenn man an Neonazis und Holocaust-Leugner denkt, ist das
nicht jedem bewußt. Das schlimme aber ist, dass sich dieses Denken auch schon in die Mitte der Gesellschaft frißt, indem die Nazi-Verbrechen relativiert werden.
Ruth hat geschrieben: ↑So 14. Aug 2022, 13:34
Ich vergebe mein Mitgefühl allerdings nicht pauschal nach Statistik (Zahlen), sondern den Menschen, welche mir begegnen (in Berichten oder gar real).
So viele Kriegsopfer sind das ja nicht mehr, die einem im realen Leben begegnen. Und die Schicksale derer, die einem nicht begegnen, sind ja deshalb nicht weniger schlimm.
Ruth hat geschrieben: ↑So 14. Aug 2022, 13:34
An deiner Argumentation allgemein empfinde ich im "Statistikglauben" eine gewisse Kälte und Mangel an Empathie zu einzelnen Menschen. Pauschal mitleiden und empathisch sein ist relativ leicht. Statistiken töten Empathie und Mitleiden.... weil man im Grunde nur Zahlen gegeneinander aufrechnet.
Im Gegenteil ist es viel einfacher, Mitgefühl bei einem Einzelschicksal zu zeigen. Wahrscheinlich sind wir psychologisch so gestrickt, dass uns große Opferzahlen anonym und abstrakt vorkommen, während uns ein Einzelschicksal eher berührt.
Beispiel: wenn nach einem Erdbeben ein Kind nach einer Woche noch gerettet wird, dann sprechen die Medien gerne von einem Wunder. Gott habe das Kind gerettet. Dass eine Woche vorher 10000 gestorben sind, ist dann eher nebensächlich.
Deshalb können statistische Zahlen sehr wohl dabei helfen, ein Geschehen richtig einzuordnen, oder wie im Falle der Kriegsgefangenen, neuer Mythenbildung und Instrumentalisierung durch rechte Gruppen vorzubeugen.
Ruth hat geschrieben: ↑So 14. Aug 2022, 13:34
Im Krieg gab es sehr viele Menschen, die einfach mit in den Strudel hineingerissen wurde. Vielen wurde erst nach Kriegsende durch die Berichte aus der Vergangenheit bewusst, was da überhaupt geschehen ist. Und auch viele Menschen wurden gegen ihren Willen zum kämpfen verpflichtet. Etliche waren noch sehr jung - zum Teil sogar noch minderjährig. Diese konnten noch gar nicht wirklich erfassen, was da abläuft. Sie waren nur angefeuert durch die Slogans und Aufrufe derjenigen, die wirklich bewusst an dem Krieg beteiligt waren.
Das ist wohl wahr, und deshalb bin ich gegen pauschale Verurteilungen. Oft sind es die Unschuldigen, die am meisten unter dem "Echo" des gesäten Windes zu leiden hatten.
Aber es gab ja auch Kinder und Jugendliche, die ihre eigenen Eltern verraten haben, weil diese "'Feindsender" gehört hatten. Mit dieser schweren Schuld mußten sie dann ein Leben lang klar kommen.
Ruth hat geschrieben: ↑So 14. Aug 2022, 13:34
Und genau das ist eine der Folgen von Zahlen und Statistiken - sowie solchen, die nach Macht streben. Genauso wie auch diejenigen, die am lautesten schreien oder die besten Argumente/Reizworte zur Verfügung haben - aber im Grunde keinerlei Mitgefühl besitzen - außer für sich selbst.
Die größten Schreihälse waren oft auch die geschicktesten Wendehälse, die nach dem Krieg wieder in Amt und Würden waren. Im Grunde haben viele Nazis ihren Aufstieg in der jungen Bundesrepublik auch den Russen indirekt zu verdanken. Denn ohne die sich abzeichnende Bedrohung durch den Kalten Krieg hätten die Amerikaner die Entnazifizierung wohl konsequenter und ernsthafter durchgezogen.
PS: Um die Größenordnungen mal ins rechte Verhältnis zu setzen, wie Deutschland mit russichen Kriegsgefangenen (also "Untermenschen") umgegangen ist: mehr als die Hälfte kam ums Leben, d. h. hier kann man schon eher von systematischer Ermordung sprechen.
https://www.dw.com/de/ns-verbrechen-an-sowjetischen-kriegsgefangenen/a-18430690