closs hat geschrieben:Thaddäus hat geschrieben:
das Christentum hat wesentlich mehr Kultur vernichtet, als es neu geschaffen hat.
Das wiederum ist nicht richtig - allein weil man solche Dinge nicht komparativ sehen kann.
Jedenfalls ist es sehr schwierig abzuschätzen, da stimme ich zu. Man kann die von fanatiserten Christen verbrannten Schiften eines antiken Autors in ihrer kulturellen Bedeutung schlecht gegen den Kölner Dom abschätzen. Dennoch bleibt es ein dunkles Kapitel christlicher Geschichte.
Wer sich ein differenzierteres Bild machen will, als ich es oben gegeben habe, lese den von mir verlinkten Wiki-Artikel. Aufschlussreich zum Thema ist auch das Buch von Rolf Bergmeier:
Schatten über Europa - Der Untergang der antiken Kultur. Es gibt sogar einen guten, wenn auch im Kino gefloppten Film zu Thema, in dem die Philosophin Hypathia (355-415) die Hauptrolle spielt, die von einem christlichen Mob getötet wurde:
Agora - Die Säulen des Himmels.
closs hat geschrieben:
Ideal wäre gewesen, wenn alles Alte geblieben UND das Neue zusätzlich entstanden wäre. - Die nicht beantwortebare Frage unterm Strich wäre: Wie hätte sich das Abendland signifikant anders entwickelt, wenn die antiken Schätze NICHT vernichtet worden wären?
Das wäre in der Tat ideal gewesen, doch ist zu bedenken, dass das Christentum eine Offenbarungsreligion ist und wie jede Offenbarungsreligion einen absoluten und andere Glaubens- und Denkhaltungen ausschließenden Wahrheitsanspruch erhebt. Offenbarungsreligionen sind ihrer Natur nach intolerant gegenüber einem freien Denken, wie es wiederum charakteristisch für die antike Philosophie ist oder auch für den griechischen und römischen Polytheismus.
Als Paulus den Athenern etwas von einem gekreuzigten jüdischen Wanderprediger erzählte, der das nahe Weltende verkündet hatte, gab es dort die großen philosophischen Lebensgemeinschaften der epikureischen und stoischen Schule: Menschen, die gemeinsam lebten, philosophierten und Wissenschaft betrieben. Die fanden Paulus Wundererzählungen und Gottessohnlehre ziemlich lächerlich und wollten ihn nur schnell wieder los sein, - meiner Meinung nach völlig zu recht. Denn diese sehr gebildeten Leute, die allesamt lesen und schreiben konnten, wussten längst, dass die Welt und der Himmel nach natürlichen Gesetzen funktionieren und ihre Götter waren allenfalls noch für die traditionelle Volksfrömmigkeit relevant. Die Götter hatten zwar ihren Platz in den Tempeln, aber ansonsten lebten die friedlich in den Zwischenräumen der Atome und wurden von der gebildeten Schicht längst nicht mehr für den Lauf der Gestirne, für Erdbeben oder Vulkanausbrüche verantwortlich gemacht.