Mir scheint ja mehr das Umgekehrte der Fall zu sein. Aber wie auch immer: Niemandem ist es verwehrt, seine eigene Weltanschauung zu basteln. Die Gedanken sind ja bekanntlich frei.closs hat geschrieben:Das entspricht meiner These, dass de facto "Wissenschaft" und "Weltanschauung" vermengt werden, Wissenschaft also durch Weltanschauung kontaminiert wird.
Also zum einen kann sich der HKM-Ansatz ja noch immer als nicht vereinbar mit "vernünftig begründet" herausstellen. Der Ansatz ist doch nicht sakrosankt. Oder es entpuppt sich ein anderer Ansatz als noch vernünftiger begründet.closs hat geschrieben:Wir haben also beim Naherwartungs-Thema das Problem, dass der HKM-Ansatz vielleicht nie falsifiziert wird (da er ja nur von der HKM falsifiziert werden kann), aber der HKM-Ansatz in Bezug auf die Wirklichkeit in dieser Frage ganz einfach falsch ist - was die Theologie ebenfalls sehr gut begründet - aber halt nicht per HKM, sondern per Hermeneutik oder fundamental-theologisch oder sonst was - eben weil die Theologie weiß, dass man solche geistigen Fragen zwar per HKM untersuchen kann und damit Sach-Ergebnisse ermitteln kann, aber solche Fragen nicht adäquat beantworten kann - "bauartbedingt".
Also haben wir im Ernstfall folgendes: Die historisch-kritische Forschung "weiss" (im Sinne Deiner Wort-Definition), dass Jesus eine Naherwartung hatte - die restliche Theologie "weiss", dass das falsch ist. - Aber nur eines kann WIRKLICH richtig sein.
Zum anderen ist doch die "Wirklichkeit" und was WIRKLICH ist, Dein spezielles Problem. Die Wissenschaft hat ihre Karten auf den Tisch gelegt und passt da, wo die Wirklichkeit nach Deinem Verständnis in das Spiel kommt. Du bringst Dich mit Deiner Weltanschauung selber in die Lage, eigentlich nicht vergleichbare "Erkenntnisse" "harmonisieren" zu müssen. Und dass da verschiedene "Erkenntnisse" gegenüber stehen, hat in diesem Fall doch mit vernünftig begründeten kategoriellen Unterschieden zu tuen. Nämlich denen zwischen Wissenschaft und Nicht-Wissenschaft.
Du, lieber closs, hast die postfaktischen Verhältnisse. Wir trennen gemäß der erkannten Kategorien und mischen nicht zusammen, was nicht zusammen gehört. Uns ist bekannt, was das "Wissen" der Wissenschaft aussagen kann und was nicht. Also bitte immer nur vergleichen, was wirklich vergleichbar ist.closs hat geschrieben:Und jetzt gehe mal mit sowas an die Öffentlichkeit: Diese hört dann "Wir "wissen", dass Jesus eine Naherwartung hatte" und diese hört ebenfalls "Wir wissen, dass Jesus KEINE Naherwartung hatte". - Das überfordert - und dann kommt Vertrauensverlust in Wissenschaft und schon haben wir "postfaktische" Verhältnisse.