Janina hat geschrieben: ↑Do 25. Jul 2019, 19:46
Oder empirisch, d.h. an der Ontik orientiert.
Pragmatisch würde ich da sogar zustimmen. - Wenn man radikal-skeptizistische Diskussionen weglässt, kann die man so denken wie Du, weil die Naturwissenschaft unabhängige experimentelle Überprüfungen hat. - Insofern pragmatisch: Zustimmung.
Bei Geisteswissenschaften ist das anders, da es mindestens oft keine Überprüfungsmöglichkeiten gibt. ----- Das Parade-Beispiel "Naherwartung" ist deshalb noch aktuell, weil man daran zeigen kann, dass die Bibeltexte anders zu interpretieren sind, ob der historische Jesus nur Mensch oder auch göttlich war.
Die HKM sagt "Nur Mensch ist falsifizierbar, also untersuchen und interpretieren wir, als sei Jesus nur Mensch" - eine respektable Hermeneutik - keine Einwände meinerseits. ---- Andere Exegesen untersuchen und interpretieren, als sei Jesus auch göttlich - ebenfalls respektabel. ----- Aber viel wichtiger: Beides ist nicht falsifizierbar. - Es ist nicht falsifizierbar, dass Jesus NUR Mensch war, wie ebenfalls nicht, dass er göttlich war.
Was macht man jetzt? - Zwei Möglichkeiten:
1) Man beobachtet und beschreibt nur, ohne zu interpretieren. - Dann gäbe es nur EINe Exegese, die sagen würde: "Die Quelle ist aus ... ---- Paulus nutzt folgende griechischen Worte, die damals folgendes .... bedeutet haben. --- Aus römischen Quellen wissen wir, dass die Juden damals glaubten, dass ... ---- usw.
2) Man interpretiert das Beobachtete und Beschriebene entweder unter dem Aspekt "Jesus war nur menschlich" oder "Jesus war auch göttlich". - Dann gibt es natürlich mindestens zwei Exegesen.
Was ist jetzt "Wissenschaft"? - Nur 1) - also ohne Interpretation? - Auch 2) - also mit Interpretation? - Oder nur ein Teil von 2) (wie es die Atheisten fordern). ----- Nehmen wir den letzten Fall und fragen: Was würde es bedeuten, wenn Wissenschaft nur EINEN Aspekt möglicher Historizität untersuchen könnte? ("Wir können nur DIE Wirklichkeit wissenschaftlich untersuchen, die in unsere Methodik reinpasst - falls damals etwas anderes (historisch) der Fall war, müssen wir passen"). - Macht das Sinn?
Weil ich meine, dass das NICHT Sinn macht, zähle ich mich zu denen, die auch 2) als "Wissenschaft" bezeichnen: Eine systematisch vorgehende und in ihren Ergebnissen jederzeit intersubjektiv überprüfbare Disziplin - nur dass halt die jeweiligen Vorannahmen (Jesus = nur Mensch/Jesus = auch göttlich) nicht falsifizierbar sind.
Falls Du dem widersprechen würdest, wäre das nicht schlimm - aber es hätte zwingend zur Folge, dass Wissenschaft dann in geistes"wissenschaftlichen" Disziplinen nur eine Handlanger-Funktion bekleiden könnte.
Janina hat geschrieben: ↑Do 25. Jul 2019, 19:46
Ich glaube du musst gaaaaaanz weit vorne anfangen.
Gemessen an dem, was ich hier lese, bin ich zu weit voraus - und das soll gar nicht arrogant gemeint sein.